Im modernen Einzelhandel, insbesondere im florierenden Online-Handel, ist der Versand von Waren ein zentraler Prozess. Während im stationären Geschäft der Kunde die Ware direkt nach dem Kauf mitnimmt, ist der Versand über Distanz unumgänglich. Dabei können jedoch vielfältige Probleme auftreten: Pakete gehen verloren, werden beschädigt oder erreichen den Empfänger aus anderen Gründen nicht. Für Kunden ist dies ärgerlich, für Online-Händler kann es schnell teuer und rechtlich komplex werden. Die Frage, wer in solchen Fällen die Haftung trägt und welche Rechte sowie Pflichten Käufer und Verkäufer haben, ist von entscheidender Bedeutung. Dieser Artikel beleuchtet die rechtliche Situation im Detail und gibt Orientierung.

Bestellte Ware wird nicht geliefert: Was nun?
Wenn ein Kunde online bestellt, räumt er dem Verkäufer grundsätzlich eine angemessene Zeit ein, um die Ware zu bearbeiten, zu verpacken und zu versenden. Die voraussichtliche Lieferzeit wird oft in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Online-Shops festgelegt und kann je nach Produkt und Verfügbarkeit variieren. Ist ein Artikel als „sofort lieferbar“ gekennzeichnet, sollte der Versand unverzüglich erfolgen. Doch was passiert, wenn die angegebene Lieferfrist verstrichen ist und das Paket nicht ankommt?
In diesem Fall kann der Käufer dem Verkäufer eine konkrete Nachfrist für die Lieferung setzen. Diese Nachfrist muss angemessen sein. Wird auch diese gesetzte Frist vom Verkäufer nicht eingehalten, hat der Kunde das Recht, vom Kaufvertrag zurückzutreten und die Bestellung zu stornieren. Hat der Käufer bereits per Vorkasse bezahlt, muss der Verkäufer das erhaltene Geld umgehend zurückerstatten, ebenfalls innerhalb einer vom Käufer gesetzten angemessenen Frist.
Ware bezahlt, aber nicht geliefert: Verlust auf dem Transportweg
Ein häufiges Szenario ist, dass ein Paket auf dem Weg zum Kunden verloren geht. Die Sendungsverfolgung zeigt möglicherweise den letzten Status an, aber das Paket erreicht den Empfänger nie. Viele Versanddienstleister bitten den Kunden zunächst, eine Wartefrist (oft 10 bis 14 Tage) einzuhalten, bevor er sich beim Online-Shop meldet. Warum beim Online-Shop und nicht direkt beim Versanddienstleister?
Der Grund liegt in der rechtlichen Beziehung: Der Vertrag über den Transport besteht zwischen dem Absender (dem Online-Händler) und dem Versanddienstleister. Daher kann nur der Absender Ansprüche wegen des Verlusts oder der Beschädigung gegenüber dem Transportunternehmen geltend machen. Noch wichtiger ist jedoch die Haftung im Verhältnis zwischen Online-Händler und Kunde. Bei einem Kaufvertrag zwischen einem gewerblichen Verkäufer und einem privaten Käufer (Verbraucher) trägt der Verkäufer das sogenannte Transportrisiko. Das bedeutet, wenn die Ware auf dem Transportweg verloren geht oder beschädigt wird, bevor sie dem Käufer übergeben wurde, liegt das Risiko beim Verkäufer.
Kann der Online-Shop die Lieferung aufgrund des Verlusts nicht mehr gewährleisten, muss er dem Käufer den vollen Kaufpreis erstatten. Hat der Käufer noch nicht gezahlt, entfällt gemäß § 326 Abs. 1 BGB seine Pflicht zur Zahlung. Es ist wichtig zu wissen, dass der Käufer in diesem Fall keinen Anspruch auf eine erneute Lieferung des identischen Produkts hat. Der Bundesgerichtshof hat dies bereits 2003 (Az. VIII ZR 302/02) entschieden. Der Verkäufer muss also nicht zwingend erneut versenden, sondern lediglich den bereits gezahlten Betrag erstatten.
Paket wird beim Transport beschädigt – Was tun?
Nicht nur der Verlust, auch die Beschädigung eines Pakets auf dem Transportweg ist ein Ärgernis. Insbesondere bei wertvollen oder empfindlichen Gütern erwartet der Kunde zu Recht eine unversehrte Zustellung. Bei Verträgen mit privaten Kunden (Verbrauchern) liegt die Haftung für Transportschäden grundsätzlich beim Verkäufer. Dies gilt, sobald die Beschädigung während des Transports vor der Übergabe an den Käufer eingetreten ist.
Versandhändler sollten hier vorsichtig sein: Klauseln in den AGB, die versuchen, die Gewährleistungsrechte des Verbrauchers bei Transportschäden einzuschränken oder dem Kunden Rügepflichten (z.B. sofortige Meldung an den Zusteller) aufzuerlegen, sind in der Regel unwirksam. Solche Klauseln benachteiligen den Verbraucher unangemessen und können zu Abmahnungen führen. Es ist ratsam, auf solche unwirksamen Formulierungen zu verzichten.
Für Kunden ist es empfehlenswert, offensichtliche Transportschäden bereits bei der Paketübergabe zu dokumentieren und den Zusteller darauf hinzuweisen. Dies kann die spätere Abwicklung erleichtern, ist aber für die Geltendmachung der Rechte gegenüber dem Verkäufer (der ja das Risiko trägt) nicht zwingend notwendig.
Paket geht beim Rücktransport verloren oder wird beschädigt – Was gilt hier?
Hat ein Kunde ein Widerrufs- oder Rücktrittsrecht ausgeübt und sendet die Ware an den Verkäufer zurück, kann es vorkommen, dass das Paket auf dem Rückweg verloren geht oder beschädigt wird. In diesem Fall trägt der Verkäufer das Risiko des Rücktransports. Das bedeutet, der Verkäufer muss dem Kunden den Kaufpreis erstatten, auch wenn die Ware nicht oder beschädigt bei ihm ankommt.
Allerdings liegt hier die Beweislast beim Käufer: Er muss nachweisen können, dass er die Ware tatsächlich abgeschickt hat und dass diese ordnungsgemäß verpackt war. Ein Einlieferungsbeleg mit Sendungsverfolgungsnummer ist hierfür unerlässlich. Ohne diesen Nachweis kann es für den Kunden schwierig werden, seine Rechte geltend zu machen.
Wann beginnt die 14-tägige Widerrufsfrist?
Die Widerrufsfrist von 14 Tagen, die Verbrauchern bei Online-Käufen zusteht, ist ein wichtiges Recht. Doch ab wann genau beginnt diese Frist zu laufen? Gemäß § 356 Abs. 2, Nr. 1 a) BGB ist maßgeblich der Zeitpunkt, an dem der Verbraucher oder ein von ihm benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die Ware in Besitz genommen hat. Entscheidend ist also der tatsächliche Erhalt der Ware.
Interessanterweise beginnt die Widerrufsfrist nicht bereits dann, wenn der Kunde lediglich eine Benachrichtigungskarte erhält, dass das Paket zur Abholung bereitliegt (z.B. in einer Postfiliale, bei einem Nachbarn oder in einer Packstation). Das Amtsgericht Winsen bestätigte dies in einem Urteil vom 28.06.2012 (Az.: 22 C 1812/11), indem es entschied, dass die Frist nicht mit der Abgabe beim Nachbarn beginnt, sondern erst mit der tatsächlichen Inbesitznahme durch den Kunden.
Darf mein Paket beim Nachbarn abgegeben werden?
Es ist gängige Praxis, dass Paketdienstleister Sendungen bei Nachbarn abgeben, wenn der Empfänger nicht persönlich angetroffen wird. Eine explizite gesetzliche Regelung für diese "Ersatzzustellung" beim Nachbarn gibt es zwar nicht, aber die Paketdienstleister räumen sich dieses Recht oft in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ein. Beispielsweise erlauben die AGB der DHL die Zustellung an Hausbewohner oder Nachbarn, sofern angenommen werden kann, dass diese zur Annahme berechtigt sind und der Empfänger unverzüglich (z.B. per Benachrichtigungskarte oder E-Mail) über die Zustellung und die Person des Ersatzempfängers informiert wird.
Demnach ist die Zustellung beim Nachbarn grundsätzlich zulässig, *wenn* der Empfänger ordnungsgemäß darüber informiert wird, wo sich sein Paket befindet und wer es angenommen hat. Ähnliche Regelungen finden sich oft auch in den AGB anderer Dienstleister wie DPD oder Hermes.
Allerdings gibt es hier rechtliche Grenzen. Eine AGB-Klausel, die es dem Paketdienstleister erlaubt, ein Paket ungefragt und *ohne Benachrichtigung* des Empfängers bei einem Nachbarn zuzustellen, wurde vom OLG Köln (Urteil vom 02.03.2011 – Az.: 6 U 165/10) als unwirksam gemäß § 307 Abs. 1 BGB eingestuft, da sie den Empfänger unangemessen benachteiligt.
Wichtig zu wissen: Als Empfänger können Sie der Zustellung beim Nachbarn widersprechen. Viele Paketdienstleister bieten die Möglichkeit, einen schriftlichen Einspruch gegen Ersatzempfänger einzulegen (oft online oder über die App). In diesem Fall wird das Paket stattdessen in einer Filiale oder Packstation zur Abholung hinterlegt.
Kann die Ware einfach in der Garage oder an der Haustür abgestellt werden?
Die kontaktlose Zustellung ist populär geworden, aber darf der Zusteller ein Paket einfach vor der Haustür, im Garten oder in der Garage abstellen, ohne dass dies vorher vereinbart wurde? Die klare Antwort lautet: Nein. Eine solche unautorisierte Ablage birgt das Risiko von Verlust oder Diebstahl und ist ohne Zustimmung des Empfängers nicht zulässig.

Allerdings können Sie mit dem Paketdienstleister eine Vereinbarung über einen „Ablageort“ treffen. Dies ist bei vielen Anbietern online oder über deren App möglich. Für eine solche Vereinbarung gelten in der Regel bestimmte Voraussetzungen: Der Ablageort muss sich auf Ihrem Grundstück befinden, für den Zusteller frei zugänglich sein und idealerweise nicht von Dritten einsehbar sowie trocken und wettergeschützt sein. Wird der vereinbarte Ablageort vom Zusteller nicht gefunden oder ist er ungeeignet, darf das Paket dort nicht einfach abgestellt werden, sondern wird stattdessen meist beim Nachbarn oder in einer Filiale zugestellt.
Wer ist in der Beweispflicht, wenn ein Paket nicht ankommt?
Wenn ein Paket nicht beim Empfänger ankommt, stellt sich die Frage, wer nachforschen muss und wer die Beweispflicht trägt. Ist der Absender ein gewerblicher Verkäufer (Online-Shop, Händler auf Plattformen wie eBay oder Amazon), so haftet dieser gegenüber dem privaten Käufer für den Verlust der Sendung, da er das Transportrisiko trägt. Der Käufer sollte sich in diesem Fall an den Verkäufer wenden. Der Verkäufer muss dann einen Nachforschungsauftrag beim Versanddienstleister stellen. Die Beweislast dafür, dass die Ware zugestellt wurde, liegt beim gewerblichen Verkäufer.
Anders verhält es sich oft bei Verkäufen zwischen Privatpersonen (z.B. auf eBay). Hier kann das Versandrisiko vertraglich abweichend geregelt werden. Fehlt eine solche Vereinbarung, trägt der Käufer in der Regel das Versandrisiko (§ 447 BGB). Der private Verkäufer muss dann lediglich nachweisen, dass er die Sendung ordnungsgemäß aufgegeben hat (Einlieferungsbeleg). Gelingt ihm dieser Nachweis, haftet er nicht für den Verlust auf dem Transportweg; das „Pech“ hat dann der Käufer.
Für versicherte Sendungen kann der Absender (bei gewerblichen Verkäufen ist das relevant, da sie das Risiko tragen) bei Verlust den Warenwert bis zur vereinbarten Haftungsgrenze (oft ca. 500,- EUR) vom Transportdienstleister ersetzt bekommen. Dies ändert jedoch nichts an der Haftung des gewerblichen Verkäufers gegenüber seinem Kunden: Dieser muss dem Kunden den vollen Kaufpreis erstatten.
Bei unversichertem Versand (z.B. Päckchen, Warensendung) ist oft keine Sendungsverfolgung möglich. Geht eine solche Sendung verloren, trägt je nach Konstellation (gewerblich vs. privat) entweder der Empfänger oder der Absender das Risiko. Eine Haftung des Versanddienstleisters ist bei unversichertem Versand in der Regel ausgeschlossen, es sei denn, dem Dienstleister können konkrete Fehler nachgewiesen werden.
Haftung von Zusteller oder Nachbar
Was passiert, wenn ein Paket nachweislich zugestellt wurde (z.B. beim Nachbarn oder an einem Ablageort), es aber beim Empfänger nicht ankommt oder beschädigt ist? Wenn das Paket nach der Übergabe an einen Nachbarn bei diesem beschädigt wird oder verloren geht, kann der Nachbar unter Umständen haftbar gemacht werden, wenn ihm Fahrlässigkeit nachgewiesen werden kann. Allerdings muss der Empfänger hier die Beweislast tragen und darlegen, dass der Schaden oder Verlust nach der Übergabe an den Nachbarn entstanden ist und auf dessen Verschulden zurückzuführen ist.
Wurde ein Paket mit einer gültigen Ablagegenehmigung an einem vereinbarten Ort abgestellt und verschwindet es von dort, liegt das Risiko meist beim Empfänger, da er die Verantwortung für diesen Ort übernommen hat.
Fazit
Probleme beim Paketversand sind im Online-Handel leider keine Seltenheit. Für private Käufer sind die rechtlichen Regelungen im BGB und die Rechtsprechung sehr verbraucherfreundlich gestaltet. Bei Verlust oder Beschädigung auf dem Transportweg trägt der gewerbliche Verkäufer in der Regel das volle Transportrisiko und muss dem Kunden den Kaufpreis erstatten. Für Online-Shop-Betreiber bedeutet dies, dass sie gut verpacken, zuverlässige Versanddienstleister wählen und ihre AGB sowie Widerrufsbelehrung rechtssicher gestalten müssen, um sich bestmöglich abzusichern und unnötige Abmahnungen oder Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.
Häufig gestellte Fragen (FAQs)
Wer haftet, wenn mein Paket verloren geht?
Bei einem Kauf von einem gewerblichen Online-Shop haftet der Verkäufer für den Verlust des Pakets auf dem Transportweg. Er trägt das Transportrisiko und muss Ihnen den Kaufpreis erstatten. Bei einem Privatkauf trägt meist der Käufer das Risiko, wenn der Verkäufer den Versand nachweisen kann.
Was soll ich tun, wenn mein Paket beschädigt ankommt?
Dokumentieren Sie den Schaden und melden Sie ihn unverzüglich dem Verkäufer. Bei einem gewerblichen Verkäufer liegt die Haftung für Transportschäden bei ihm. Sie haben Anspruch auf Nachbesserung (Reparatur), Ersatzlieferung oder Kaufpreiserstattung/Minderung.
Darf mein Paket einfach beim Nachbarn abgegeben werden?
Ja, das ist zulässig, wenn der Paketdienstleister dies in seinen AGB vorsieht UND Sie als Empfänger umgehend über die Zustellung beim Nachbarn und dessen Namen informiert werden. Ohne Information ist die Zustellung beim Nachbarn unwirksam.
Wann beginnt die Frist für den Widerruf meiner Bestellung?
Die 14-tägige Widerrufsfrist beginnt erst mit dem Tag, an dem Sie oder eine von Ihnen beauftragte Person (nicht der Zusteller) die Ware tatsächlich in Besitz genommen haben. Eine Benachrichtigung zur Abholung reicht nicht aus.
Wer trägt das Risiko, wenn ich eine Retoure zurückschicke und diese verloren geht?
Wenn Sie Ihr Widerrufsrecht ausüben und die Ware zurücksenden, trägt der Verkäufer das Risiko des Rücktransports. Sie müssen jedoch nachweisen können, dass Sie die Ware ordnungsgemäß abgeschickt und verpackt haben (z.B. durch einen Einlieferungsbeleg).
Kann ein Paket ohne meine Zustimmung vor meiner Haustür abgestellt werden?
Nein, das ist nicht erlaubt. Eine Ablage ist nur zulässig, wenn Sie vorab eine entsprechende Vereinbarung (Ablagegenehmigung) mit dem Paketdienstleister getroffen haben. Ohne diese Vereinbarung haftet der Zusteller, wenn das Paket verschwindet.
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