Fast jeder, der in den 90er Jahren aufgewachsen ist, erinnert sich an ihn: den Regenbogenfisch mit seinen einzigartig schillernden Schuppen. Auch wenn die genauen Details der Geschichte über die Jahre vielleicht verblasst sind, das Bild des funkelnden Fisches, oft dargestellt mit wunderschönen Farben und holografischer Folie, hat sich ins Gedächtnis eingebrannt. Was auf den ersten Blick wie eine einfache Geschichte über Freundschaft und Teilen aussieht, birgt unter der Oberfläche eine überraschende Diskussion, die in jüngster Zeit wieder an Fahrt aufgenommen hat: die sogenannte Regenbogenfisch-Kontroverse.

Die Entstehung und der Erfolg des Regenbogenfischs
Der Regenbogenfisch wurde von dem Schweizer Autor und Illustrator Marcus Pfister geschaffen. Das Buch, das im Original in deutscher Sprache erschien, erblickte im Jahr 1992 das Licht der Welt. Schnell eroberte es die Herzen von Kindern und Eltern weltweit, nicht zuletzt wegen seiner herausragenden visuellen Gestaltung, insbesondere der glitzernden Folien-Schuppen des Protagonisten, die sofort ins Auge fielen und dem Buch eine haptische und optische Besonderheit verliehen.
Der Erfolg des Buches war phänomenal. Laut Publishers Weekly wurden weltweit über 30 Millionen Exemplare verkauft. Diese beeindruckende Zahl unterstreicht die immense Popularität und die breite Reichweite des Buches über kulturelle und sprachliche Grenzen hinweg. Der Regenbogenfisch wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und avancierte zu einem internationalen Bestseller.
Neben dem kommerziellen Erfolg wurde das Buch auch von Kritikern und Organisationen ausgezeichnet. Im Jahr 1993 erhielt es den Christopher Award, der Medien würdigt, die „die höchsten Werte des menschlichen Geistes bekräftigen“ und „das Publikum ermutigen, die bessere Seite der menschlichen Natur zu sehen“. Zwei Jahre später, im Jahr 1995, gewann es den American Booksellers Book of the Year (ABBY) Award in der Kategorie Kinderbücher. Darüber hinaus wurde der Regenbogenfisch von 12.500 Kindern in den Vereinigten Staaten zum „Children’s Choice“ Buch der International Literacy Association/Children’s Book Council gewählt. Diese Auszeichnungen zeugen von der positiven Aufnahme und der wahrgenommenen positiven Botschaft des Buches in den frühen Jahren.
Angesichts dieses Erfolgs war es nur natürlich, dass der Regenbogenfisch mehr als nur ein einzelnes Buch blieb. Es entwickelte sich zu einer erfolgreichen Buchreihe, die es auf die New York Times-Bestsellerliste schaffte. Zusätzlich zur Buchreihe gab es auch Adaptionen in anderen Medienformaten. Ein Kurzfilm wurde 1997 veröffentlicht, und im Jahr 2000 folgte eine Zeichentrick-TV-Serie, die eine Staffel lang lief. Dies zeigt, wie tief der Regenbogenfisch in die Popkultur der späten 90er und frühen 2000er Jahre eindrang.
Die Geschichte: Eitelkeit und Teilen
Im Kern erzählt die Geschichte des Regenbogenfischs eine moralische Lektion. Der Protagonist, der Regenbogenfisch, ist der schönste Fisch im Ozean. Seine Schuppen sind einzigartig und glänzen in allen Farben des Regenbogens, verstärkt durch die besonderen Folien-Elemente des Buches. Aufgrund dieser außergewöhnlichen Schönheit ist der Regenbogenfisch sehr eitel und hält sich für besser als alle anderen Fische um ihn herum. Er sonnt sich in seiner Einzigartigkeit und lehnt es ab, seine wunderschönen Schuppen mit den anderen Fischen zu teilen, als diese ihn darum bitten.
Die Konsequenz seiner Eitelkeit und seines egoistischen Verhaltens ist, dass die anderen Fische aufhören, mit ihm zu spielen. Der Regenbogenfisch findet sich allein und unglücklich wieder, trotz all seiner Schönheit. Auf der Suche nach Rat wendet er sich an den weisen Oktopus. Der Oktopus gibt ihm den Rat, seine Schuppen zu teilen. Nur wenn er etwas von seinem kostbarsten Besitz abgibt, so die Botschaft, wird er Glück finden und Freunde gewinnen.

Der Regenbogenfisch folgt dem Rat und beginnt, seine glitzernden Schuppen an die anderen Fische zu verschenken. Mit jeder Schuppe, die er abgibt, wird er weniger einzigartig, aber er gewinnt etwas viel Wichtigeres: die Freundschaft und Akzeptanz der anderen Fische. Am Ende hat er nur noch eine einzige Glitzerschuppe, ist aber von Freunden umgeben und fühlt sich zum ersten Mal wirklich glücklich und zugehörig. Die zentrale Botschaft des Buches ist also das Thema des Teilens und der Überwindung von Egoismus zugunsten von Gemeinschaft und Freundschaft.
Anfängliche Reaktionen und Kritiken
Wie bei jedem weit verbreiteten Werk gab es unterschiedliche Meinungen zum Regenbogenfisch. Bei Kindern war die Begeisterung, wie die Verkaufszahlen und Auszeichnungen zeigen, enorm. Die glitzernden Schuppen und die einfache Geschichte über Freundschaft und Teilen sprachen sie direkt an.
Bei erwachsenen Kritikern war die Aufnahme jedoch etwas verhaltener. Ellen Fader vom School Library Journal äußerte sich zwar eher positiv und bemerkte, dass die Geschichte eindeutig eine Botschaft vermitteln solle, dies aber in ihrer Einfachheit an die besten Werke von Leo Lionni erinnere. Sie stellte auch die rhetorische Frage: „Außerdem, welches 3-jährige Kind braucht keine Verstärkung zum Thema Teilen?“ Dies deutet darauf hin, dass die Botschaft für die Zielgruppe als relevant und passend angesehen wurde.
Die Rezension von Publishers Weekly war jedoch kritischer. Sie befand, dass die „warnende Geschichte über Egoismus und Eitelkeit Schwierigkeiten hat, sich über Wasser zu halten“. Kritisiert wurde auch, dass die Übersetzung aus dem deutschen Original den vorhersehbaren Plot der Geschichte nicht aufwerte und in „etwas vage Beschreibungen“ verfalle. Diese frühen Kritiken zeigen, dass die einfache Struktur und die direkte Vermittlung der Moral nicht bei allen Erwachsenen gleichermaßen gut ankamen, auch wenn der pädagogische Wert des Themas Teilen anerkannt wurde.
Die 'Regenbogenfisch'-Kontroverse: Was steckt dahinter?
Obwohl das Thema des Teilens und der Überwindung von Egoismus auf den ersten Blick unbedenklich erscheint, haben einige Lehrer, Eltern und Kritiker im Laufe der Jahre auf tiefere Probleme hingewiesen, die sich unter der Oberfläche der Geschichte verbergen könnten. Diese Diskussion gipfelte Anfang 2023 in einer breiteren öffentlichen Debatte, ausgelöst durch einen TikTok-Beitrag eines Grundschullehrers namens Mr. Vương.
Mr. Vương argumentierte in seinem viralen Video, dass die Botschaft des Regenbogenfischs, wie sie präsentiert wird, problematisch sei. Anstatt eine Geschichte über Vielfalt zu sein – der Regenbogenfisch hat einzigartige Schuppen, die andere nicht haben – vermittle sie angeblich, dass der Regenbogenfisch Freundschaften „kauft“, indem er Teile von sich selbst (seine Schuppen) weggibt. Die Freundschaften, die er dadurch gewinnt, seien also bedingt. Kritiker fragen sich auch, warum die anderen Fische überhaupt einen Teil des Körpers des Regenbogenfischs verlangen.

Ein zentraler Punkt der Kritik ist, dass die Geschichte nicht auf den ursprünglichen Charakterfehler des Regenbogenfischs abzielt – seine Eitelkeit und sein Gefühl, besser zu sein als die anderen. Stattdessen, so die Argumentation, wird der Regenbogenfisch ausgegrenzt, weil er eine Grenze zieht und „Nein“ sagt, als er gebeten wird, seine Schuppen zu teilen. Dies verschiebt die Schuld vom egoistischen Verhalten des Regenbogenfischs auf die mangelnde Akzeptanz der anderen Fische, die ihn nur akzeptieren, wenn er sich verändert und „Teile dessen aufgibt, wer er war“. Die Botschaft könnte demnach lauten, dass man sich ändern muss, um von anderen gemocht zu werden, anstatt dass wahre Freundschaft auf bedingungsloser Akzeptanz oder der Überwindung von Eitelkeit beruht.
Diese Interpretation wurde von vielen Menschen in den Kommentaren zu Mr. Vươnings Video geteilt, während andere argumentierten, dass Kinder eine Geschichte nicht so tiefgehend analysieren würden. Auch andere Lehrerinnen, wie die Montessori-Vorschullehrerin Megi, haben öffentlich gemacht, dass sie das Buch aus ähnlichen Gründen nicht mehr vorlesen.
Die Kontroverse ist jedoch nicht neu. Bereits in einem Artikel aus dem Jahr 2014 bezeichnete die New York Times den Regenbogenfisch als „vielleicht das polarisierendste Buch für Kinder“. Während Fans es als eine Geschichte über Demut und Teilen sehen, interpretieren Kritiker es mitunter sogar als „sozialistisches Pamphlet“ – eine Interpretation, die der Autor entschieden zurückweist.
Autorenaussage und Umgang mit der Kritik
Marcus Pfister selbst hat sich zu den Interpretationen seines Buches geäußert und die Vorstellung, dass es eine verborgene politische Botschaft enthalte, zurückgewiesen. Auf seiner Website schrieb er klar: „Der Regenbogenfisch hat keine politische Botschaft. Die Geschichte will uns nur die Freude am Teilen zeigen.“ Dies entspricht der ursprünglichen, weitgehend akzeptierten Interpretation des Buches als einfache Moralgeschichte für kleine Kinder.
Trotz der Kritik und der unterschiedlichen Interpretationen bedeutet die Kontroverse keineswegs, dass das Buch aus den Bücherregalen verbannt werden sollte. Mr. Vương, der die jüngste Debatte anstieß, betonte in einem Folgevideo, dass dies nicht sein Ziel war. Sein Hauptanliegen war es, seinen Schülern beizubringen, kritisch über die Bücher, die sie lesen, und über die Welt um sie herum nachzudenken. Er sprach sich klar gegen Bücherverbote aus.
Für Eltern bietet die Diskussion um den Regenbogenfisch eine wertvolle Gelegenheit. Selbst wenn man mit der Botschaft des Buches in der vorliegenden Form nicht vollständig einverstanden ist, kann man das Buch nutzen, um genau diese Punkte mit Kindern zu besprechen. Man kann erklären, warum man bestimmte Aspekte der Geschichte kritisch sieht und Kinder dazu ermutigen, selbst über die Charaktere, ihre Motivationen und die vermittelten Werte nachzudenken. So wird aus einem potenziell problematischen Aspekt des Buches ein Werkzeug zur Förderung von kritischem Denken und zur Diskussion über wichtige soziale und emotionale Themen wie Freundschaft, Akzeptanz, Egoismus und den Wert des Teilens.

Häufig gestellte Fragen zum Regenbogenfisch
Hier beantworten wir einige gängige Fragen rund um das berühmte Kinderbuch:
Wann kam der Regenbogenfisch raus?
Das Originalbuch von Marcus Pfister wurde im Jahr 1992 erstmals veröffentlicht.
Warum wurde der Regenbogenfisch verboten?
Der Regenbogenfisch wurde nicht verboten. Es gab und gibt jedoch Diskussionen und Kontroversen über die Interpretation der Botschaft des Buches. Einige Kritiker und Pädagogen äußern Bedenken, dass die Geschichte unbeabsichtigt Lehren über bedingte Freundschaft oder die Notwendigkeit, sich zu ändern, um akzeptiert zu werden, vermitteln könnte. Diese Diskussionen führen aber nicht zu einem offiziellen Verbot des Buches.
Für welches Alter ist das Buch "Der Regenbogenfisch"?
Der Regenbogenfisch ist ein Bilderbuch, das sich in erster Linie an Vorschulkinder und Kinder im frühen Grundschulalter richtet. Eine frühe Rezension erwähnte beispielsweise, dass die Botschaft des Teilens besonders für 3-jährige Kinder relevant sei. Es eignet sich gut zum Vorlesen und zur Diskussion einfacher moralischer Konzepte.
Wie viele Regenbogenfisch Bücher gibt es?
Der Regenbogenfisch ist das erste Buch einer erfolgreichen Reihe. Es gibt mehrere Fortsetzungen, die weitere Abenteuer des Regenbogenfischs und seiner Freunde erzählen und oft andere Themen wie Angst oder Zusammenarbeit behandeln. Die genaue Anzahl der Titel in der gesamten Reihe kann variieren, aber es gibt eine ganze Regenbogenfisch-Buchreihe.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Regenbogenfisch ein faszinierendes Beispiel dafür ist, wie ein scheinbar einfaches Kinderbuch komplexe Diskussionen auslösen kann. Sein visueller Reiz und die zugrunde liegende Botschaft haben ihm weltweiten Erfolg beschert, während die Debatte über die Feinheiten seiner Moral zeigt, wie wichtig es ist, auch mit jungen Lesern über die Geschichten zu sprechen, die sie konsumieren.
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