Welche Bereiche dürfen nicht videoüberwacht werden?

Wo Kameras im Unternehmen ausgeschaltet bleiben

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Die Videoüberwachung in Unternehmen ist ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite steht das legitime Interesse von Unternehmern, ihr Eigentum und ihre Mitarbeiter zu schützen oder betriebliche Abläufe zu optimieren. Auf der anderen Seite stehen die Grundrechte der Mitarbeiter und Dritter auf informationelle Selbstbestimmung und Schutz ihrer Privatsphäre. Dieses Spannungsfeld ist rechtlich komplex und führt immer wieder zu Konflikten und Beschwerden bei den Datenschutzbehörden. Der vorliegende Artikel beleuchtet die Frage, welche Bereiche in Unternehmen aus datenschutzrechtlicher Sicht tabu sind für die Videoüberwachung.

Doch was genau verbirgt sich hinter dem Begriff „Videoüberwachung“ aus rechtlicher Sicht? Der Gesetzgeber definiert in § 4 Abs. 1 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) die Videoüberwachung als die Beobachtung mit optisch-elektronischen Einrichtungen. Diese Definition bezieht sich zwar primär auf „öffentlich zugängliche Räume“, wird aber von den deutschen Aufsichtsbehörden breiter ausgelegt. Sie sprechen von Videoüberwachung, sobald mit Hilfe optisch-elektronischer Einrichtungen personenbezogene Daten verarbeitet werden. Das bedeutet, nicht nur fest installierte Kamerasysteme fallen darunter, sondern auch Webcams oder sogar die Kamera eines Smartphones, wenn sie zur Beobachtung oder Aufzeichnung genutzt werden. Der Begriff umfasst dabei sowohl die reine Beobachtung (Live-Übertragung) als auch die Aufzeichnung der Bilder.

Gibt es auf den Parkplätzen von Geschäften Kameras?
Die kurze Antwort lautet: Ja, in den meisten Parkhäusern und auf den Parkplätzen sind Überwachungskamerasysteme installiert .

Die Videoüberwachung stellt einen besonders intensiven Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen dar. Im Gegensatz zur Beobachtung einzelner Handlungen wird hier das gesamte Verhalten einer Person erfasst. Gestik, Mimik, unbewusste Bewegungen – all das kann aufgezeichnet, reproduziert und analysiert werden. Wie das Bundesarbeitsgericht bereits feststellte, entsteht dadurch ein erheblicher Druck auf die Arbeitnehmer, sich besonders unauffällig zu verhalten, um nicht wegen abweichenden Verhaltens Kritik oder gar Sanktionen befürchten zu müssen. Dieses potenzielle Klima der ständigen Beobachtung kann das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nachhaltig stören und die Arbeitsatmosphäre negativ beeinflussen.

Wann ist Videoüberwachung unzulässig? Die rechtliche Grundlage

Jede Verarbeitung personenbezogener Daten, und dazu zählt zweifellos die Videoüberwachung, benötigt eine klare rechtliche Grundlage. Im Unternehmenskontext, insbesondere bei der Überwachung von Mitarbeitern, ist die Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) oft die zentrale Norm. Hierbei müssen die berechtigten Interessen des Arbeitgebers gegen die Interessen, Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Personen abgewogen werden. Es gibt keine allgemeingültige „Blaupause“ für diese Abwägung; sie muss stets im Einzelfall unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände erfolgen.

Eine Videoüberwachung gilt als unzulässig, wenn der angestrebte Zweck auf die gleiche Weise durch eine weniger einschneidende Maßnahme erreicht werden könnte. Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit ist hier entscheidend. Ebenso unzulässig ist die Überwachung, wenn das Interesse der Beschäftigten oder Dritter, nicht überwacht zu werden, im konkreten Fall schwerer wiegt als die vorgebrachten berechtigten Interessen des Arbeitgebers. Die Waage muss zugunsten der Betroffenen ausschlagen.

Die deutschen Aufsichtsbehörden verzeichnen jedes Jahr eine hohe Zahl an Beschwerden im Bereich der Videoüberwachung. Dies unterstreicht die Sensibilität des Themas und die Unsicherheit vieler Unternehmen, aber auch den Unmut in der Bevölkerung bezüglich potenzieller Datenschutzverstöße.

Bereiche, die für Kameras tabu sind: Konkrete Beispiele

Aus der Rechtsprechung und der Praxis der Datenschutzbehörden haben sich einige Bereiche herauskristallisiert, in denen eine Videoüberwachung in Unternehmen in aller Regel unzulässig ist. Diese Verbote ergeben sich aus der bereits erwähnten Interessenabwägung, bei der das Schutzinteresse der Betroffenen überwiegt.

Überwachung des öffentlichen Raums

Das eigene Betriebsgelände darf zum Schutz des Eigentums überwacht werden. Kameras dürfen jedoch nicht so ausgerichtet sein, dass sie den öffentlichen Raum erfassen, wie zum Beispiel Gehwege, Straßen oder benachbarte Grundstücke. Das zufällige Erfassen von Passanten, die am Unternehmen vorbeigehen, ist in der Regel nicht durch das Schutzinteresse des Unternehmens gedeckt. Nur unter ganz besonderen Umständen, die über den normalen Schutz hinausgehen (z.B. bei konkreten Bedrohungslagen), kann eine Überwachung, die in den öffentlichen Raum hineinreicht, gerechtfertigt sein. Ist es technisch unvermeidbar, dass Kameras Teile des öffentlichen Raums erfassen, müssen diese Bereiche unkenntlich gemacht werden. Dies kann durch technische Mittel wie softwareseitige Verpixelung, Ausgrauen oder das Anbringen von Blenden an den Kameras geschehen. Das Ziel ist, dass keine personenbezogenen Daten von Personen im öffentlichen Raum erhoben werden.

Einlasskontrollen

Viele Unternehmen nutzen Kameras im Rahmen von Einlasskontrollen, beispielsweise zur Identifizierung von Mitarbeitern oder Besuchern. Auch hier muss strikt darauf geachtet werden, dass nur die Person erfasst wird, die sich unmittelbar vor der Kamera befindet. Öffentlicher Verkehrsraum oder Gehwege dürfen nicht gefilmt werden. Fährt hinter der zu erfassenden Person ein Fahrzeug vorbei, dürfen Kennzeichen oder Insassen nicht erkennbar sein. Geht ein anderer Fußgänger auf dem Gehweg entlang, darf auch dieser nicht erfasst oder identifizierbar sein. Die Überwachung muss auf das absolute Minimum beschränkt bleiben, das zur Erreichung des Zwecks der Einlasskontrolle erforderlich ist.

Sozialbereiche im Unternehmen

Bereiche, die den Beschäftigten zur Pause, Entspannung oder für persönliche Bedürfnisse dienen, sind grundsätzlich von Videoüberwachung freizuhalten. Hier überwiegt das Interesse der Mitarbeiter an ungestörter Erholung und Privatsphäre deutlich. Dazu gehören klassischerweise Pausenräume, Teeküchen, Raucherecken, Umkleideräume, Toilettenanlagen oder auch nur begrenzte Bereiche um Kaffeeautomaten, wo sich Mitarbeiter informell treffen. Das Wissen, in diesen Räumen potenziell beobachtet zu werden, kann dazu führen, dass sich Mitarbeiter nicht frei verhalten und der notwendige Regenerationseffekt während der Pausen stark eingeschränkt wird. Dies beeinträchtigt das Wohlbefinden und letztlich auch die Leistungsfähigkeit der Belegschaft.

Überwachung der Arbeitsplätze

Die flächendeckende oder dauerhafte Überwachung der Arbeitsplätze ist ein besonders sensibler Bereich und grundsätzlich unzulässig. Der Hauptgrund dafür ist, den Verdacht einer unzulässigen Verhaltens- und Leistungskontrolle der Mitarbeiter zu vermeiden. Das wohl bekannteste Negativbeispiel in Deutschland ist der sogenannte Lidl-Skandal aus dem Jahr 2008, bei dem bekannt wurde, dass Mitarbeiter und Kunden in den Filialen umfassend und teilweise verdeckt überwacht wurden. Obwohl es vereinzelt Urteile gibt, die unter sehr spezifischen Umständen eine Überwachung am Arbeitsplatz für zulässig erachten könnten (wie das erwähnte Urteil des VG Hannover, das jedoch noch nicht rechtskräftig ist und im Revisionsverfahren geprüft wird), gehen die Datenschutzbehörden und die herrschende Meinung weiterhin davon aus, dass eine Dauerüberwachung des Verhaltens von Beschäftigten grundsätzlich verboten ist.

Überwachung am Empfang

Wird der gesamte Empfangsbereich eines Unternehmens aus Sicherheitsgründen videoüberwacht, beispielsweise um den Zugang zu kontrollieren, sollte der Arbeitsplatz des Empfangspersonals von der Überwachung ausgenommen werden. Dies lässt sich technisch oft einfach durch Ausgrauen oder Verpixeln des entsprechenden Bildbereichs realisieren. Auch hier steht das Interesse des Mitarbeiters, an seinem Arbeitsplatz nicht dauerhaft unter Beobachtung zu stehen, dem Sicherheitsinteresse des Unternehmens gegenüber. Die Zulässigkeit der Überwachung des Empfangsbereichs im Allgemeinen muss ebenfalls im Einzelfall geprüft werden.

Überwachung an sicherheitsrelevanten Arbeitsbereichen

In manchen Arbeitsbereichen, etwa im Umgang mit gefährlichen Chemikalien oder Maschinen, mögen Unternehmen das Interesse haben, die Arbeitnehmer zu überwachen, um die Arbeitssicherheit zu gewährleisten oder im Notfall Vorfälle aufklären zu können. Der Gedanke „Sollte mal was passieren, können wir das Videomaterial auswerten“ liegt nahe. Allerdings ist dieser Zweck oft kein ausreichender Grund für eine Videoüberwachung. Die Arbeitssicherheit wird primär durch geeignete technische, organisatorische und personenbezogene Maßnahmen gewährleistet, wie sie im Arbeitsschutzgesetz (§ 6 ArbSchG) gefordert werden. Dazu zählen Schutzkleidung, regelmäßige Schulungen, Geräteschutzeinrichtungen, Wartung, Lüftungssysteme etc. Diese Maßnahmen sind spezifischer auf die Gefahren zugeschnitten und dienen dem Nachweis ausreichender Sicherheit. Videoaufnahmen sind hierfür in der Regel weder notwendig noch der primäre Weg, die Einhaltung der Arbeitssicherheit nachzuweisen. Zudem gelten für Videoaufnahmen strenge Speicherfristen, die oft im Widerspruch zur Aufbewahrungspflicht von Nachweisen zur Arbeitssicherheit stehen.

Speicherdauer von Videoaufnahmen

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Speicherdauer von Videoaufnahmen. Für Videoüberwachung, die auf das berechtigte Interesse des Unternehmens gestützt wird, gilt in der Regel eine Faustregel von 72 Stunden. Längere Speicherfristen müssen im Einzelfall besonders begründet und dokumentiert werden. Eine Aufbewahrung von Videoaufnahmen über Jahre oder Jahrzehnte ist grundsätzlich unzulässig und stellt einen schwerwiegenden Datenschutzverstoß dar.

Zusammenfassung unzulässiger Bereiche

Die folgende Tabelle bietet eine Übersicht über Bereiche, in denen Videoüberwachung im Unternehmen meist unzulässig ist, basierend auf den erläuterten Beispielen:

BereichTypischer Grund für UnzulässigkeitHinweis / Alternative
Öffentlicher Raum (Gehwege, Straßen)Kein berechtigtes Interesse des Unternehmens an Überwachung Dritter; Eingriff in Persönlichkeitsrecht UnbeteiligterTechnische Maßnahmen zur Unkenntlichmachung (Pixeln, Ausgrauen, Blenden)
Einlasskontrollen (Umgebung)Erfassung Unbeteiligter (Passanten, Fahrzeuge) im öffentlichen RaumKameraausrichtung/Technik auf unmittelbaren Eingangsbereich beschränken
Sozialbereiche (Pausenräume, Umkleiden, WCs, Raucherecken)Schutz der Privatsphäre und ungestörten Erholung der Mitarbeiter überwiegtKeine Überwachung erlaubt
Arbeitsplätze (dauerhaft/flächendeckend)Vermeidung von Verhaltens- und Leistungskontrolle; Eingriff in PersönlichkeitsrechtGrundsätzlich verboten; nur in sehr engen Ausnahmefällen denkbar (hohe Hürden)
Empfangsbereich (Arbeitsplatz Mitarbeiter)Schutz der Privatsphäre des Mitarbeiters an seinem ArbeitsplatzTechnische Maßnahmen zur Unkenntlichmachung des Arbeitsplatzes
Sicherheitsrelevante Bereiche (als Nachweis der Arbeitssicherheit)Arbeitssicherheit primär durch andere, spezifischere Maßnahmen zu gewährleisten; Video oft nicht geeignet/verhältnismäßig; SpeicherfristenFokus auf technische (Schutzkleidung, Lüftung), organisatorische (Schulung), personenbezogene Maßnahmen.

Häufig gestellte Fragen zur Videoüberwachung

Hier beantworten wir einige häufige Fragen zum Thema Videoüberwachung im Unternehmen:

Was versteht man unter Videoüberwachung im datenschutzrechtlichen Sinne?

Laut Definition der Aufsichtsbehörden ist es die Verarbeitung personenbezogener Daten mittels optisch-elektronischer Einrichtungen. Das umfasst sowohl die reine Beobachtung als auch die Aufzeichnung von Bildern, nicht nur durch fest installierte Kameras, sondern auch durch Webcams oder Smartphone-Kameras.

Warum ist Videoüberwachung im Unternehmen datenschutzrechtlich kritisch?

Sie stellt einen intensiven Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen dar, da das gesamte Verhalten erfasst wird. Dies kann Druck erzeugen und das Vertrauensverhältnis beeinträchtigen. Jede Überwachung bedarf einer klaren Rechtsgrundlage und einer sorgfältigen Interessenabwägung.

Welche Bereiche dürfen generell nicht videoüberwacht werden?

Typische Bereiche sind der öffentliche Raum (soweit erfasst), Sozialbereiche wie Pausenräume, Umkleiden und WCs, sowie grundsätzlich die Arbeitsplätze (zur Vermeidung von Verhaltens- und Leistungskontrolle). Auch der Arbeitsplatz des Empfangspersonals sollte in einem überwachten Empfangsbereich ausgegraut werden.

Wie lange dürfen Videoaufnahmen gespeichert werden?

Als Faustregel gelten 72 Stunden. Längere Speicherfristen sind nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig und müssen gut dokumentiert werden. Eine jahrelange Speicherung ist unzulässig.

Fazit

Die Videoüberwachung in Unternehmen ist ein mächtiges Werkzeug, das jedoch mit großer Sorgfalt und unter strenger Beachtung des Datenschutzrechts eingesetzt werden muss. Die pauschale Überwachung von Mitarbeitern oder unbeteiligten Dritten ist ebenso tabu wie die Überwachung von Räumen, die der Erholung und Privatsphäre dienen. Unternehmer sind gut beraten, sich detailliert mit den rechtlichen Vorgaben auseinanderzusetzen, eine sorgfältige Interessenabwägung vorzunehmen und gegebenenfalls weniger einschneidende Mittel zu prüfen. Nur so lässt sich das berechtigte Interesse des Unternehmens mit dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen in Einklang bringen und rechtliche Konsequenzen vermeiden.

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Andenmatten Soltermann

Hallo! Ich bin Andenmatten Soltermann, ein Schweizer Fotograf, der leidenschaftlich die Essenz der Welt durch seine Linse einfängt. Geboren und aufgewachsen in den majestätischen Schweizer Alpen, haben die deutsche Sprache und atemberaubende Landschaften meine kreative Vision geprägt. Meine Liebe zur Fotografie begann mit einer alten analogen Kamera, und seitdem widme ich mein Leben der Kunst, visuelle Geschichten zu erzählen, die berühren und verbinden.In meinem Blog teile ich praktische Tipps, Techniken und Erfahrungen, um dir zu helfen, deine fotografischen Fähigkeiten zu verbessern – egal, ob du ein neugieriger Anfänger oder ein erfahrener Profi bist. Von der Beherrschung des natürlichen Lichts bis hin zu Ratschlägen für wirkungsvolle Bildkompositionen ist es mein Ziel, dich zu inspirieren, die Welt mit neuen Augen zu sehen. Mein Ansatz verbindet Technik mit Leidenschaft, immer auf der Suche nach dem Funken, der ein Foto unvergesslich macht.Wenn ich nicht hinter der Kamera stehe, findest du mich auf Bergpfaden, auf Reisen nach neuen Perspektiven oder beim Genießen der Schweizer Traditionen, die mir so am Herzen liegen. Begleite mich auf dieser visuellen Reise und entdecke, wie Fotografie die Art und Weise, wie du die Welt siehst, verändern kann.

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