Welche Krankheit hat Gereon Rath in Babylon Berlin?

Babylon Berlin: Historische Genauigkeit?

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Die Fernsehserie „Babylon Berlin“ hat seit ihrem Start Millionen von Zuschauerinnen und Zuschauern in ihren Bann gezogen und begeisterte Kritiken erhalten. Die Faszination für die aufwendig produzierte Serie speist sich aus einem generell wachsenden Interesse an der Weimarer Republik. Wenn eine Serie verspricht, ein großes Sittengemälde dieser späten Phase zu zeichnen, trifft das auf fruchtbaren Boden. Die geschickt erzählte Kriminalgeschichte dient dabei oft als Vehikel, um das Panorama der Zeit mit allen künstlerischen Mitteln entfalten zu können. Dieses Zusammenspiel zieht das Publikum unweigerlich in den Bann.

Fiktion mit Anspruch auf historische Triftigkeit

„Babylon Berlin“ ist in erster Linie Fiktion und keine reine Geschichtsstunde. Dennoch erhebt die Serie den Anspruch, historisch „triftig“ zu sein. Das bedeutet, sie greift gezielt historische Ereignisse, reale Figuren und die politische Gesamtsituation des Jahres 1929 auf und verwebt sie mit einer fiktiven Handlung. Es ist wichtig zu verstehen, dass eine derartige Serie nicht denselben Grad an dokumentarischer Korrektheit anstreben muss wie beispielsweise ein Doku-Drama. Kritiker haben zu Recht angemerkt, dass bestimmte Details, wie etwa die in der Serie gezeigte Lokomotive, die Gold aus Russland bringt, im Jahr 1929 so noch nicht existierten. Auch einige Berliner Gebäude, die als Kulisse dienen, wurden in Wahrheit erst später errichtet. Für die Gesamtwirkung und das angestrebte Gefühl der Epoche spielen diese spezifischen Anachronismen jedoch eine untergeordnete Rolle. Sie zeigen vielmehr, dass die Autoren nicht bloß Geschichte nacherzählen wollen, sondern die historische Bühne nutzen, um ihre eigene, packende Erzählung zu inszenieren.

Was ist mit dem Goldzug in Babylon Berlin passiert?
Trotz zahlreicher Suchaktionen seit 1945, auch durch die polnische Armee während des Kalten Krieges, wurden nie Hinweise auf den Zug, seine Gleise oder den Schatz gefunden . Historiker gehen davon aus, dass der Zug nie existiert hat.

Anachronismen als bewusstes Stilmittel

Die Serie bedient sich bewusst einiger Anachronismen, um die Vergangenheit für das heutige Publikum lebendig und nachvollziehbar zu machen. Wenn kommunistische Demonstranten im Jahr 1929 Parolen wie „Wir sind das Volk“ rufen – ein Slogan, der historisch eher mit der Wendezeit 1989 verbunden ist – oder wenn die Musikdarbietungen im legendären Moka Efti eine Mischung aus Varieté der 1920er, David Bowie Konzerten der 1970er und moderner Clubkultur darstellen, sind dies gezielte Versuche, die oft als „eingefroren“ empfundene Geschichte zu „verflüssigen“. Das Ziel ist, dem Publikum die Geschichte als etwas Lebendiges, Gegenwärtiges zu präsentieren. Wir sollen das Berlin von 1929 aus der Perspektive von Menschen erleben, die ihre eigene Zukunft nicht kannten – genau wie wir unsere nicht kennen. Dieser Ansatz schafft eine starke emotionale Nähe zu den Figuren und der Zeit.

Politische Erzählungen: Fakten und Fiktion

Bei der Darstellung der politischen Ereignisse in „Babylon Berlin“ muss man genauer differenzieren. Die Serie behandelt unter anderem die Mai-Unruhen von 1929 und einen fiktiven Putschversuch der „Schwarzen Reichswehr“.

Die Mai-Unruhen: Historisch weitgehend korrekt

Die blutigen Mai-Unruhen nach dem Verbot der 1.-Mai-Demonstrationen im Jahr 1929 haben tatsächlich stattgefunden. Sie stellen einen dunklen Punkt in der Geschichte der deutschen Sozialdemokratie dar, da unter der Verantwortung des sozialdemokratischen Polizeipräsidenten in Berlin 32 Menschen von der Polizei erschossen wurden. Die Autoren von „Babylon Berlin“ haben sich bemüht, diese Ereignisse anhand historischer Quellen recht genau darzustellen. Sie nutzen ihre fiktiven Charaktere, um die moralische Ambivalenz des Konflikts zwischen der Republik, der stalinistisch ausgerichteten KPD und den betroffenen Bürgern nachvollziehbar zu gestalten. Wenngleich an einigen Stellen fiktive Elemente hinzugefügt werden, stimmen die Kernereignisse im Großen und Ganzen mit den historischen Fakten überein. Ein bemerkenswerter Aspekt, der in der Serie durch die Fokussierung auf die Unruhen etwas unterbelichtet bleibt, ist die existenziell wichtige Rolle, die die SPD und ihr historischer Kompromiss mit den bürgerlichen Parteien für die Ermöglichung und Stabilisierung der Weimarer Demokratie spielte. Dieser Aspekt des politischen Weimars kommt in den ersten Staffeln kaum vor.

Der Putschversuch der Schwarzen Reichswehr: Eine Geschichtsmontage

Anders verhält es sich mit dem in der ersten und zweiten Staffel dargestellten monarchistisch-reaktionären Militärputschversuch. Dieser Putsch hat in der gezeigten Form im Jahr 1929 so nicht stattgefunden. Hier wählen die Autoren eine Form der Geschichtsmontage, um verschiedene Aspekte der Bedrohung der Weimarer Republik durch rechtsextreme Kräfte in einem einzelnen, fiktiven Ereignis zu bündeln. Putschversuche und Fememorde, die der „Schwarzen Reichswehr“ zugeschrieben wurden, gab es durchaus in der frühen Phase der Weimarer Republik, doch im Jahr 1929 blickte man eher auf diese zurück. Rechte Kreise versuchten damals erfolgreich, die Putschisten als Patrioten darzustellen und sie durch Amnestie vor Strafverfolgung zu schützen. Die Botschaft der Putscherzählung in „Babylon Berlin“ ist von großer Bedeutung: Sie vermittelt, dass Antisemitismus und Demokratiefeindlichkeit, die letztlich zum Scheitern Weimars führten, nicht allein von den Nationalsozialisten ausgingen, sondern dass der antidemokratische Konsens viel breiter gefächert und auch im bürgerlichen Lager verankert war. Dies auf unterhaltsame Weise in einer für ein Massenpublikum konzipierten Serie zu erzählen, gelingt den Machern sehr gut.

Wie historisch korrekt ist die Serie
„Babylon Berlin“ ist keine Geschichtsstunde, sondern erst einmal Fiktion, die jedoch versucht, einen Anspruch auf historische Triftigkeit einzulösen. Historische Ereignisse, historische Figuren und die politische Situation im Jahr 1929 werden erzählerisch aufgegriffen.

Babylon Berlin als Türöffner zur Geschichte?

Ist „Babylon Berlin“ trotz seiner fiktionalen Elemente geeignet, um Zuschauerinnen und Zuschauer, insbesondere jüngere, für die Zeit der Weimarer Republik zu interessieren? Ja, darauf kann man eindeutig antworten. Die Serie präsentiert eine enorme Vielfalt an Aspekten der Weimarer Gesellschaft und bietet unzählige Anknüpfungspunkte für das Publikum. Es ist dabei stets wichtig, sich bewusst zu sein, dass man keine „historische Wahrheit“ im Sinne eines Geschichtsbuchs konsumiert, sondern einen historischen Rahmen, der für eine fiktive Erzählung genutzt wird. Dennoch vermittelt die Serie einen sehr guten Eindruck von den Lebensumständen in Deutschland vor rund hundert Jahren – von der prekären Situation der Arbeiterklasse bis hin zu den Emanzipationsbestrebungen der Frauen, die eindrucksvoll anhand der Figur Charlotte Ritter und ihres beruflichen Aufstiegs geschildert werden. Eine kritische Anmerkung hierbei ist, dass die sozialdemokratisch geprägte Arbeiterkultur, die ein wesentlicher Bestandteil der Weimarer Gesellschaft war, im Gegensatz zur kommunistischen Arbeiterkultur, dem liberalen Bürgertum und den reaktionären Kräften, in diesem Sittengemälde kaum Beachtung findet. Ungeachtet dessen ist „Babylon Berlin“ weit mehr als bloße Unterhaltung; sie vermittelt auch viel Wissen. Ein Indikator dafür ist das messbare Interesse, das die Serie weckt, beispielsweise anhand der stark ansteigenden Wikipedia-Zugriffszahlen zu Themen wie der „Schwarzen Reichswehr“ nach Ausstrahlung entsprechender Folgen. Die Zuschauerinnen und Zuschauer beginnen nach dem Sehen, selbst zu recherchieren. Das zeigt eindrucksvoll, dass „Babylon Berlin“ das Interesse an Geschichte weckt und die Wirkmächtigkeit solcher Serien auf die Geschichtsbilder der Menschen nicht unterschätzt werden sollte.

Gefahren der Geschichtsvermittlung durch Bilder

Die bildgewaltige Inszenierung, die Serien wie „Babylon Berlin“ kennzeichnet, birgt auch potenzielle Gefahren. Ein Problem besteht darin, dass die eindrücklichen Bilder, die den Zuschauer erreichen, frühere Vorstellungen oder Wissensstände über eine bestimmte Zeit oder ein Ereignis „überschreiben“ können. Das Publikum weiß intellektuell zwar, dass es sich um Fiktion handelt, doch im emotionalen Gedächtnis verankern sich die visuellen Eindrücke und prägen das Geschichtsbild nachhaltig. Dieses Phänomen ist in der Geschichtswissenschaft gut dokumentiert. Den Machern von „Babylon Berlin“ ist diese Wirkung bewusst. Sie vertrauen jedoch auf ein reflexionsfähiges Publikum und versuchen in manchen Szenen sogar, die Wucht der Bilder durch ironische Kommentare der Figuren zu relativieren. Es ist essenziell, solche Geschichtsserien kritisch zu betrachten und sich bewusst zu machen, welche Botschaften sie vermitteln, da die starke Wirkung des Genres auch missbraucht werden kann – ein extremes, negatives Beispiel dafür ist die syrische Serie „asch-Schatat“ von 2003, die ein radikal antisemitisches Geschichtsbild verbreitete.

Aktualität der Weimarer Themen

Wir betrachten die Serie heute mit einem Abstand von 90 Jahren und vor dem Hintergrund eines wiedererstarkenden Rechtspopulismus und Rassismus. Die Regisseure knüpfen bewusst an unsere gegenwärtigen Erfahrungen an. Ihre These ist, dass die 1920er Jahre unserer heutigen Zeit in vielerlei Hinsicht erstaunlich ähnlich sind – ähnlicher als beispielsweise die unmittelbare Nachkriegszeit in der Bundesrepublik. „Babylon Berlin“ zeigt eine Gesellschaft, die noch nicht vom Zivilisationsbruch und der Barbarei des Nationalsozialismus gezeichnet ist. Gleichzeitig senden die Regisseure eine klare Warnung: Die Gefahren für die Demokratie lauern weiterhin. Sie zeigen, dass rechte Kräfte die Demokratie nur dann abschaffen können, wenn bürgerliche Kräfte ihnen dabei den Weg ebnen oder zumindest nicht entschieden entgegentreten. In dieser Hinsicht ist die Serie erschreckend aktuell. Die zentrale Botschaft lautet, dass wir die Demokratie niemals als selbstverständlich betrachten dürfen, sondern dass ihre Verteidigung eine lebensnotwendige Aufgabe ist. „Babylon Berlin“ ist in dieser Perspektive weniger ein nach innen gerichteter Beitrag zur deutschen Vergangenheitsbewältigung, sondern vielmehr ein dringlicher Warnruf, der sich bewusst auch an ein internationales Publikum richtet: Seht her, wie vielfältig und faszinierend die deutsche Gesellschaft der späten 1920er Jahre war, betrachtet all diese Menschen, die ihre persönlichen Kämpfe führten und nicht wussten, was die Zukunft bringen würde. Diese Unwissenheit der Figuren über ihre kommende Katastrophe erzeugt eine besondere Spannung und Tragik.

Charaktere im Strudel der Zeit

Die Serie lebt von ihren komplexen Charakteren, deren persönliche Schicksale eng mit den politischen und gesellschaftlichen Umbrüchen der Zeit verknüpft sind.

Wo ist der Paternoster aus Babylon Berlin?
Die beiden Paternosteranlagen des Rathauses Schöneberg werden von der Firma Carl Flohr gebaut, einem Berliner Maschinenbauunternehmen, das unter anderem die Aufzüge im Berliner Schloss oder im Funkturm konstruiert. Bis 2017 darf im Rathaus Schöneberg jeder die Paternoster benutzen, seitdem allerdings stehen sie still.

Gereon Rath: Trauma und Sucht

Der Kölner Kommissar Gereon Rath wird ursprünglich mit einem Geheimauftrag nach Berlin versetzt: Er soll einen illegalen Pornofilm finden, der zur Erpressung des Kölner Oberbürgermeisters dient. Nach erfolgreichem Abschluss bleibt er in Berlin und wechselt zur Mordkommission unter dem legendären Ernst Gennat. Gereon leidet unter einer posttraumatischen Belastungsstörung, die auf seine Erlebnisse im Ersten Weltkrieg zurückzuführen ist. Er musste mit ansehen, wie sein schwer verwundeter Bruder Anno auf dem Schlachtfeld zurückblieb, während er selbst in Gefangenschaft geriet. Er glaubt, Anno sei gefallen. Gegen seine Tremoranfälle nimmt Gereon Morphium, von dem er bereits körperlich abhängig ist – ein gefährliches Geheimnis in seinem Beruf. Er befindet sich in psychiatrischer Behandlung bei einem Dr. Schmidt, der sich später als sein totgeglaubter Bruder Anno entpuppt (oder eine Projektion seines Traumas auf den Psychiater darstellt). Die Verstrickung Dr. Schmidts in die Pornofilm-Erpressung bleibt lange ungeklärt. Die Sitzungen bei Dr. Schmidt, der mehrere Hauptfiguren behandelt, können als eine Meta-Ebene interpretiert werden, was die Realität seiner Figur in Frage stellt. Am Ende der vierten Staffel scheint Gereon sein Kriegstrauma überwunden zu haben und will sich vom Einfluss seines Bruders lösen. Schon vor Annos (scheinbarem) Tod hatte Gereon eine Affäre mit dessen Frau Helga. Helga taucht in Berlin mit ihrem Sohn Moritz auf, da Anno offiziell für tot erklärt wurde, und drängt auf Heirat. Ihre Beziehung wird jedoch von Gereons gefährlicher Arbeit und der Notwendigkeit, sich zu verstecken, überschattet. Auch Moritz ist unglücklich. Helga verlässt Gereon für den reichen Industriellen Alfred Nyssen. Moritz, der zunächst zu Helga hält, zieht nach einem Verbot, an einem HJ-Lager teilzunehmen, zu Gereon. Der unsichere Junge bewundert die Stärke der HJ-Mitglieder und tritt mit 14 Jahren der Organisation bei, später der SA.

Charlotte Ritter: Ambition und Überleben

Charlotte Ritter, die zweite Hauptfigur, arbeitet zunächst als Stenotypistin bei der Polizei und nachts als Prostituierte im Moka Efti, um ihre Familie zu unterstützen. Bei der Erfassung alter Mordfälle entdeckt sie ihre Leidenschaft für die Kriminalistik und entwickelt den Ehrgeiz, die erste Kriminalistin zu werden. Ihr Chef Bruno Wolter erpresst sie wegen ihrer nicht gemeldeten Prostitution und nutzt sie sexuell aus, zudem setzt er sie auf Gereon an, dem er misstraut. So erfährt er von dessen Morphiumsucht. Nach Wolters Tod wird Charlottes Bewerbung als Kriminalassistentin angenommen. Als Mitarbeiterin von Gereon Rath kann sie durch ihre Kenntnisse der Berliner Unterwelt oft entscheidende Hinweise geben. Trotz der männlich dominierten Mordkommission erweist sie sich als kluge und mutige Ermittlerin. Obwohl Ernst Gennat sie schätzt, weist ihr der konservative Wilhelm Böhm bewusst nur Botengänge zu. Charlotte lebt beengt mit Eltern, Schwester Ilse, deren Mann Erich und Schwester Toni. Der untätige Erich macht das Zusammenleben nach dem Tod der Mutter unerträglich. Charlotte und Toni mieten ein Zimmer nebenan. Als Ilse erblindet, finanziert Charlotte eine Augenoperation bei einem Quacksalber, was zur vollständigen Erblindung führt. Die Familie bricht den Kontakt zu Charlotte ab. Toni verlässt sie ebenfalls und schließt sich Straßenkindern an.

Greta Overbeck: Opfer politischer Intrigen

Greta Overbeck, Charlottes naive Freundin vom Lande, findet eine Stelle als Hausmädchen bei August Benda, dem Chef der Politischen Polizei. Sie lernt die Kommunisten Fritz und Otto kennen und verliebt sich in Fritz. Nachdem Fritz scheinbar von der Polizei erschossen wird (was inszeniert ist), schwört Greta Rache. Sie wird von Fritz und Otto benutzt, um eine Bombe in Bendas Schreibtisch zu platzieren. Als sie mit dem Zug fliehen will, sieht sie Fritz und Otto in SA-Uniformen und erkennt, dass sie betrogen wurde. Sie eilt zurück, doch die Bombe explodiert und tötet Benda und seine Tochter. Greta wird festgenommen. Unter Druck von Oberst Günther Wendt, der ihr Baby bedroht, ändert sie ihr Geständnis und beschuldigt die Kommunisten. Gereon und Charlotte ahnen die Wahrheit, können aber nichts beweisen, da Greta nicht kooperiert. Greta wird zum Tode verurteilt. Charlotte erwirkt einen Aufschub, doch Wendt verhindert die rechtzeitige Übermittlung. Greta wird vor Charlottes Augen enthauptet.

Mythen und Legenden in der Serie

Ein faszinierendes Element der Serie ist die Integration von Legenden, die sich um die Zeit ranken.

Wie historisch korrekt ist die Serie
„Babylon Berlin“ ist keine Geschichtsstunde, sondern erst einmal Fiktion, die jedoch versucht, einen Anspruch auf historische Triftigkeit einzulösen. Historische Ereignisse, historische Figuren und die politische Situation im Jahr 1929 werden erzählerisch aufgegriffen.

Der Goldzug: Eine hartnäckige Legende

Der in der Serie thematisierte „Goldzug“ ist eine bekannte urbane Legende. Sie besagt, dass die Nationalsozialisten am Ende des Zweiten Weltkriegs einen Zug voller Gold, Schmuck, Waffen und Kunstwerke in einem Tunnel oder einer Mine in Niederschlesien, in der Nähe von Wałbrzych (dem früheren Waldenburg), versteckt haben. Trotz zahlreicher Suchaktionen seit 1945, auch durch die polnische Armee in der Nachkriegszeit, wurde nie ein solcher Zug oder Beweise für seine Existenz gefunden. Die meisten Historiker gehen davon aus, dass es sich um eine Legende handelt. Die Legende erlebte 2015 eine neue Welle der Aufmerksamkeit, als zwei Männer behaupteten, den Zug mit Bodenradar entdeckt zu haben. Ihre Suche, die sogar das polnische Militär einbezog, führte jedoch nur zur Entdeckung natürlicher geologischer Formationen. Die Geschichte des Goldzugs dient in „Babylon Berlin“ als spannendes, aber historisch nicht gesichertes Plotelement.

Originale Drehorte und historische Kulissen

Die Serie nutzt viele authentische Berliner Orte als Kulisse, um das Gefühl der Zeit zu verstärken.

Rathaus Schöneberg und das Moka Efti

Das Rathaus Schöneberg ist ein zentraler Drehort. Szenen, die im Foyer des Polizeipräsidiums am Alexanderplatz spielen, wurden hier gedreht, wobei die zehn mit rotbraunen Keramikplatten verkleideten Pfeiler der Eingangshalle als Kulisse dienten. Auch der berühmte Paternoster, eine historische Aufzugsanlage, die von der Firma Carl Flohr gebaut wurde, spielt eine Rolle. Das Rathaus Schöneberg besaß zwei solcher Anlagen, die bis 2017 in Betrieb waren, aber aufgrund von Sicherheitsdebatten stillgelegt wurden. Die Serie zeigt die Nutzung des Paternosters und spielt sogar mit der potenziellen Gefahr, als Gereon und Charlotte beim Aussteigen zusammenstoßen – ein Hinweis auf die notwendige Achtsamkeit bei der Benutzung, nicht aber auf das falsche Gerücht, die Kabinen würden sich am Wendepunkt drehen. Szenen, die im „Aschinger“, der Kantine des Polizeipräsidiums, spielen, wurden im Ratskeller des Rathauses Schöneberg gefilmt. Der holzgetäfelte Saal passte perfekt und musste nur mit speziellem Geschirr mit dem Aschinger-Logo ausgestattet werden. Die Geschichte der Aschinger-Lokale ist faszinierend: Zwei Brüder aus Schwaben bauten ab 1892 ein Gastronomie-Imperium auf, das für billiges und schnelles Essen (Bier und belegte Brötchen für 10 Pfennig, später Erbsensuppe, Würstchen etc.) in gediegenem Ambiente bekannt war und sich an Angestellte richtete. Sie expandierten stark, besaßen eigene Lebensmittelfabriken und profitierten 1938 von der „Arisierung“, indem sie den jüdischen Kempinski-Konzern übernahmen. Die Darstellung des Aschinger als fester Bestandteil des Polizeialltags, wie auch in den Romanen von Volker Kutscher, ist authentisch.

Vergleich: Was ist Fiktion, was ist Fakt?

Um die historische Genauigkeit von „Babylon Berlin“ besser einzuordnen, lohnt ein direkter Vergleich einiger Schlüsselelemente:

ElementDarstellung in „Babylon Berlin“Historische Realität
Mai-Unruhen 1929Weitgehend genaue Darstellung der Ereignisse und der moralischen Konflikte.Real geschehen, blutige Niederschlagung von Demonstrationen durch die Polizei, 32 Tote.
Putschversuch der Schwarzen ReichswehrFiktive Zusammenführung verschiedener Bedrohungen durch Rechte zu einem Putschversuch 1929.Kein Putschversuch dieser Art 1929; Putschversuche und Fememorde gab es in der frühen Weimarer Republik; rechte Kräfte versuchten, Putschisten zu schützen.
Anachronismen (Musik, Slogans)Bewusst eingesetztes Stilmittel zur emotionalen Verflüssigung der Geschichte.Historisch nicht korrekt, dient künstlerischer Interpretation und Relevanz.
Der GoldzugWichtiges Plot-Element, dessen Suche eine Staffel prägt.Eine urbane Legende; Existenz nie bewiesen, trotz vieler Suchen keine Funde.

Häufig gestellte Fragen

Welche Krankheit hat Gereon Rath in Babylon Berlin?
Gereon Rath leidet unter einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) aus dem Ersten Weltkrieg, die sich in Zittern (Tremor) äußert. Zur Linderung nimmt er Morphium, wovon er abhängig ist. Seine psychischen Probleme sind eng mit dem vermeintlichen Tod und der späteren Erscheinung seines Bruders Anno verknüpft.
Was ist mit dem Goldzug in Babylon Berlin passiert?
Der „Goldzug“ ist in der Serie ein zentrales Mysterium und Ziel der Ermittlungen. Historisch gesehen ist der Nazi-Goldzug eine urbane Legende, die besagt, dass ein Zug voller Schätze gegen Kriegsende in Polen versteckt wurde. Trotz realer, aufsehenerregender Suchaktionen in den letzten Jahren wurde der Zug nie gefunden und seine Existenz wird von Historikern stark bezweifelt.
Wo ist der Paternoster aus Babylon Berlin?
Die Szenen mit dem Paternoster und die, die im „Aschinger“ (der Polizeikantine) spielen, wurden im Rathaus Schöneberg in Berlin gedreht. Das Rathaus besitzt tatsächlich zwei Paternoster-Aufzüge, die als Drehort dienten. Der Ratskeller des Rathauses wurde als Kulisse für das Aschinger genutzt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Babylon Berlin“ zwar keine historische Dokumentation ist, aber durch die Nutzung historischer Fakten als Grundlage für eine fiktive, packende Erzählung ein lebendiges und emotional zugängliches Bild der späten Weimarer Republik zeichnet. Die Serie weckt Interesse an der Zeit und regt zur weiteren Beschäftigung mit der Geschichte an, auch wenn sie bewusst künstlerische Freiheiten nutzt und bestimmte Aspekte der komplexen Epoche ausblendet.

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Andenmatten Soltermann

Hallo! Ich bin Andenmatten Soltermann, ein Schweizer Fotograf, der leidenschaftlich die Essenz der Welt durch seine Linse einfängt. Geboren und aufgewachsen in den majestätischen Schweizer Alpen, haben die deutsche Sprache und atemberaubende Landschaften meine kreative Vision geprägt. Meine Liebe zur Fotografie begann mit einer alten analogen Kamera, und seitdem widme ich mein Leben der Kunst, visuelle Geschichten zu erzählen, die berühren und verbinden.In meinem Blog teile ich praktische Tipps, Techniken und Erfahrungen, um dir zu helfen, deine fotografischen Fähigkeiten zu verbessern – egal, ob du ein neugieriger Anfänger oder ein erfahrener Profi bist. Von der Beherrschung des natürlichen Lichts bis hin zu Ratschlägen für wirkungsvolle Bildkompositionen ist es mein Ziel, dich zu inspirieren, die Welt mit neuen Augen zu sehen. Mein Ansatz verbindet Technik mit Leidenschaft, immer auf der Suche nach dem Funken, der ein Foto unvergesslich macht.Wenn ich nicht hinter der Kamera stehe, findest du mich auf Bergpfaden, auf Reisen nach neuen Perspektiven oder beim Genießen der Schweizer Traditionen, die mir so am Herzen liegen. Begleite mich auf dieser visuellen Reise und entdecke, wie Fotografie die Art und Weise, wie du die Welt siehst, verändern kann.

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