Warum ist der Gotthardpass gesperrt?

Gotthardpass: Wintersperre & Ganzjahresdebatte

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Jedes Jahr im Herbst schliesst eine der wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen der Schweiz: die Gotthardpassstrasse. Für viele Reisende, Pendler und Touristen bedeutet dies eine erhebliche Änderung ihrer Routenplanung. Doch warum wird dieser historische Pass überhaupt gesperrt, und welche Diskussionen gibt es über eine mögliche ganzjährige Öffnung? Die Gründe sind vielfältig und reichen von natürlichen Gegebenheiten bis hin zu politischen und wirtschaftlichen Überlegungen.

Wie viel km Stau am Gotthard heute?
Der Stau wächst derzeit an. Aktuell beträgt er rund 4 Kilometer beim Nordportal. Es ist dort mit 40 Minuten Wartezeit zu rechnen. Auf der Tessiner Seite beträgt der staut es sich auf einer Länge von 6 Kilometern – Autofahrer richtung Norden müssen sich über eine Stunde gedulden.

Warum ist der Gotthardpass im Winter gesperrt?

Die Hauptgründe für die Sperrung der Gotthardpassstrasse während der Wintermonate sind die extremen alpinen Bedingungen. Von etwa Oktober bis Mitte Mai türmt sich der Schnee auf der Passhöhe und den Zufahrtsstrassen oft meterhoch. Doch nicht nur der Schnee selbst, sondern auch die damit verbundenen Gefahren machen eine Befahrung im Winter unmöglich oder extrem risikoreich.

Schnee und Lawinengefahr

In den Höhenlagen des Gotthards fallen im Winter enorme Schneemengen. Diese Schneemassen verdichten sich, und die Hanglagen rund um die Passstrasse werden zu potenziellen Lawinengebieten. Die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer kann unter diesen Bedingungen nicht gewährleistet werden. Selbst mit intensivem Räumungsaufwand wäre das Risiko von Lawinenabgängen, die die Strasse verschütten oder gar Fahrzeuge treffen, unkalkulierbar hoch. Die Sperrung dient somit dem Schutz von Leib und Leben.

Wetterbedingungen und Infrastruktur

Neben Schnee und Lawinen spielen auch andere extreme Wetterphänomene eine Rolle, wie Eisglätte, Sturm oder schlechte Sichtverhältnisse. Die Infrastruktur der Passstrasse ist nicht für den Dauerbetrieb unter solchen Bedingungen ausgelegt. Schutzbauten gegen Lawinen und Steinschlag sind zwar vorhanden, würden aber für eine ganzjährige Nutzung massiv ausgebaut werden müssen.

Die Debatte um die ganzjährige Öffnung

Trotz der offensichtlichen Herausforderungen gibt es immer wieder Bestrebungen, die Gotthardpassstrasse das ganze Jahr über befahrbar zu machen. Diese Forderung wird oft von Politikern und Wirtschaftsvertretern erhoben, die sich Vorteile für den Verkehr und die Region versprechen.

Der Vorstoss im Parlament

Zuletzt hat der Aargauer SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner einen entsprechenden Vorstoss im Parlament eingereicht. Unterstützt wurde er dabei von einer beachtlichen Anzahl weiterer Parlamentarierinnen und Parlamentarier, vor allem aus den Reihen der SVP und FDP. Auch einzelne Politiker anderer Parteien, wie der Tessiner SP-Nationalrat Bruno Storni, sehen Vorteile in einer früheren Öffnung, insbesondere im Frühling zur Entlastung des Verkehrs zu Stosszeiten wie Ostern.

Das Hauptargument der Befürworter einer ganzjährigen Öffnung ist die Schaffung einer wichtigen Redundanz zum Gotthard-Strassentunnel. Die Ereignisse im September 2023, als der Tunnel wegen eines Risses in der Zwischendecke gesperrt werden musste und das Tessin zeitweise stark von der Deutschschweiz abgeschnitten war, haben gezeigt, wie anfällig das System ist. Damals kam erschwerend hinzu, dass auch der Gotthard-Basistunnel für Züge nach einem Unfall gesperrt war.

Zusätzlich erhoffen sich die Befürworter eine Entlastung anderer Alpenübergänge und eine Verringerung der immer häufiger auftretenden Stausituationen am Gotthard, die nicht mehr nur an Feiertagen, sondern an den meisten Wochenenden von Mitte März bis Mitte Oktober auftreten. Der zunehmende Freizeit- und Ferienverkehr wird als Hauptursache für diese Staus genannt.

Kosten und Widerstände

Die Idee einer ganzjährigen Öffnung stösst jedoch auf erheblichen Widerstand und ist mit enormen Kosten verbunden.

Geschätzte Investitionen

Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) hat die notwendigen Investitionen für eine ganzjährige Befahrbarkeit auf mindestens 300 Millionen Franken geschätzt. Diese Summe wäre nötig für den Bau zusätzlicher Schutzgalerien, Tunnel und anderer Massnahmen, um die Strasse vor Lawinen, Steinschlag und anderen winterlichen Gefahren zu schützen. Der Bundesrat hat diese Idee bereits vor einiger Zeit in einem Bericht geprüft und verworfen, mit der Begründung: «Nützt wenig, aber kostet viel.»

Bedenken im Kanton Uri

Besonders im Kanton Uri, durch den die Nordzufahrt zum Pass führt, gibt es grosse Skepsis und Widerstand gegen die Pläne. Urner Politiker befürchten negative Auswirkungen auf ihre Kantonsstrassen und Dörfer.

Mitte-Nationalrat Simon Stadler äusserte Zweifel daran, dass eine ganzjährige Passöffnung die Kantonsstrassen entlasten würde. FDP-Ständerat Josef Dittli geht sogar weiter und sagt klar, die Idee sei schlecht für den Kanton Uri. Er argumentiert, dass die Sperrung der Passstrasse im Winter paradoxerweise hilft, die Kantonsstrassen zu entlasten, da die Autobahneinfahrten in den Dörfern bei Stau gesperrt werden und somit ein Ausweichen auf die lokalen Strassen für den Durchgangsverkehr unattraktiv wird. Dieses Problem des Ausweichverkehrs auf Kantonsstrassen bestehe bereits im Sommer, wenn der Pass geöffnet sei.

Eine ganzjährige Öffnung würde laut Dittli das Risiko verstopfter Kantonsstrassen das ganze Jahr über bedeuten, insbesondere an verkehrsreichen Tagen wie Ostern. Zudem befürchtet er ein Verkehrschaos an Winterwochenenden in Gebieten wie der Schöllenen und Andermatt, da sich der Verkehr der Wintersportler mit dem Passverkehr mischen würde. Die lokale Bevölkerung und Infrastruktur wären permanent einer hohen Verkehrsbelastung ausgesetzt.

Vergleich: Gotthardpass – Wintersperre vs. Ganzjährige Öffnung
AspektAktuelle Situation (Wintersperre)Option (Ganzjährige Öffnung)
VerfügbarkeitSaisonal (ca. Mai - Oktober)Ganzjährig
Sicherheit WinterHohe Sicherheit durch Sperrung bei GefahrErhöhtes Risiko trotz Schutzmassnahmen
KostenRegulärer Unterhalt, Winterdienst (Räumung vor Öffnung)Mind. 300 Mio. CHF Investition + höherer Unterhalt
RedundanzNicht verfügbar bei Tunnelproblemen im WinterVerfügbar als Alternative zum Tunnel
Verkehr lokale Strassen (Uri)Entlastung im Winter durch SperrungRisiko ganzjähriger Überlastung
Stau GotthardStauproblem v.a. in der Saison (März-Oktober)Mögliche Entlastung in der Saison, aber Risiko ganzjährig
Gegenüberstellung der aktuellen Situation und der Option einer ganzjährigen Öffnung des Gotthardpasses.

Häufig gestellte Fragen zur Gotthardpass-Sperrung

Warum wird der Gotthardpass jedes Jahr gesperrt?

Der Pass wird wegen hoher Schneemengen und der damit verbundenen Lawinengefahr sowie anderen extremen Winterwetterbedingungen gesperrt. Die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer kann unter diesen Umständen nicht gewährleistet werden.

Wie lange ist der Gotthardpass normalerweise gesperrt?

Die Sperrung dauert in der Regel von Oktober bis etwa Mitte Mai. Der genaue Zeitpunkt der Öffnung im Frühjahr hängt von den Schneeverhältnissen und dem Fortschritt der Räumungsarbeiten ab.

Würde eine ganzjährige Öffnung das Stauproblem am Gotthard lösen?

Die Befürworter hoffen auf eine Entlastung, insbesondere zu Spitzenzeiten wie Ostern. Kritiker befürchten jedoch, dass sich das Stauproblem auf die lokalen Strassen verlagern und sogar ganzjährig bestehen könnte, statt gelöst zu werden.

Wie viel würde eine ganzjährige Öffnung kosten?

Das Bundesamt für Strassen schätzt die notwendigen Investitionen für Schutzbauten und Infrastruktur auf mindestens 300 Millionen Franken.

Wer spricht sich für eine ganzjährige Öffnung aus?

Vor allem Parlamentarier aus SVP und FDP unterstützen den Vorstoss, aber auch einzelne Politiker anderer Parteien, die Vorteile für den Fernverkehr und als Redundanz sehen.

Wer ist gegen eine ganzjährige Öffnung?

Im Kanton Uri stossen die Pläne auf erheblichen Widerstand. Politiker wie Simon Stadler und Josef Dittli befürchten negative Auswirkungen auf die lokalen Strassen und ein Verkehrschaos in der Region.

Fazit

Die Sperrung des Gotthardpasses im Winter ist eine Massnahme, die auf den natürlichen Gegebenheiten des Hochgebirges basiert und der Sicherheit dient. Die Debatte um eine ganzjährige Öffnung ist komplex und zeigt die unterschiedlichen Interessen und Prioritäten. Während die Befürworter die Vorteile für den überregionalen Verkehr, die Redundanz und die mögliche Entlastung von Staus hervorheben, warnen die Gegner vor den enormen Kosten und den negativen Auswirkungen auf die lokalen Verhältnisse, insbesondere im Kanton Uri. Die Entscheidung für oder gegen eine ganzjährige Öffnung ist somit nicht nur eine technische oder finanzielle Frage, sondern auch eine politische und gesellschaftliche Abwägung über die zukünftige Nutzung und Belastung einer der historischsten und landschaftlich eindrucksvollsten Passstrassen der Alpen.

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Andenmatten Soltermann

Hallo! Ich bin Andenmatten Soltermann, ein Schweizer Fotograf, der leidenschaftlich die Essenz der Welt durch seine Linse einfängt. Geboren und aufgewachsen in den majestätischen Schweizer Alpen, haben die deutsche Sprache und atemberaubende Landschaften meine kreative Vision geprägt. Meine Liebe zur Fotografie begann mit einer alten analogen Kamera, und seitdem widme ich mein Leben der Kunst, visuelle Geschichten zu erzählen, die berühren und verbinden.In meinem Blog teile ich praktische Tipps, Techniken und Erfahrungen, um dir zu helfen, deine fotografischen Fähigkeiten zu verbessern – egal, ob du ein neugieriger Anfänger oder ein erfahrener Profi bist. Von der Beherrschung des natürlichen Lichts bis hin zu Ratschlägen für wirkungsvolle Bildkompositionen ist es mein Ziel, dich zu inspirieren, die Welt mit neuen Augen zu sehen. Mein Ansatz verbindet Technik mit Leidenschaft, immer auf der Suche nach dem Funken, der ein Foto unvergesslich macht.Wenn ich nicht hinter der Kamera stehe, findest du mich auf Bergpfaden, auf Reisen nach neuen Perspektiven oder beim Genießen der Schweizer Traditionen, die mir so am Herzen liegen. Begleite mich auf dieser visuellen Reise und entdecke, wie Fotografie die Art und Weise, wie du die Welt siehst, verändern kann.

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