Babel: Magie, Sprache und Kolonialismus

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R.F. Kuang ist eine Autorin, die für ihre Auseinandersetzung mit komplexen Themen wie Krieg, Trauma und Identität bekannt ist, insbesondere in ihrer gefeierten Fantasy-Trilogie „The Poppy War“. Mit „Babel, or the Necessity of Violence“ (kurz „Babel“) taucht sie in eine andere Facette der Geschichte ein: den britischen Kolonialismus im 19. Jahrhundert, verknüpft mit einem einzigartigen Magiesystem, das auf Übersetzung basiert. Das Buch wurde mit Spannung erwartet, polarisierte aber die Leserschaft und Kritiker.

Wie endete Babel?
Victoire kann entkommen und versteckt sich, und Robin und die übrigen Babel-Gelehrten zerstören den Turm mit sich selbst darin . Dadurch wird die Silberne Industrielle Revolution lahmgelegt und die Zukunft des Britischen Empires ist ungewiss.

Was ist „Babel“? Die Prämisse

„Babel“ ist primär ein historischer Fantasy-Roman, der im Jahr 1828 beginnt und uns nach Oxford in das fiktive Royal Institute of Translation führt, besser bekannt als Babel. Dieses Institut ist das Herzstück der britischen Macht, nicht nur akademisch, sondern auch politisch und wirtschaftlich. Hier studieren Gelehrte aus aller Welt, um die Kunst der Übersetzung zu meistern, nicht nur auf Papier, sondern auch in Form von Magie.

Im Zentrum der Geschichte steht Robin Swift, ein chinesischer Junge, der aus den Slums von Kanton von einem Professor aus Oxford, Richard Lovell, gerettet und nach England gebracht wird. Robin wird jahrelang intensiv in Latein, Altgriechisch und Mandarin unterrichtet, um ihn auf sein Studium in Babel vorzubereiten. Er träumt von einer Zukunft der Gelehrsamkeit und Akzeptanz, doch bald muss er erkennen, dass Babel weit mehr ist als nur ein Ort des Lernens. Es ist ein Werkzeug des Britischen Empires.

Die Welt von Babel: Magie, Sprache und Kolonialismus

Das Magiesystem in „Babel“ ist eng mit Sprache und Übersetzung verknüpft. Die Gelehrten in Babel praktizieren „Silberarbeit“. Dabei werden Silberbarren mit Wörtern graviert, die aus verschiedenen Sprachen stammen, oft mit Nuancen oder Bedeutungen, die in einer direkten Übersetzung verloren gehen. Die „Resonanz“ oder die Diskrepanz zwischen diesen Wörtern in verschiedenen Sprachen erzeugt eine magische Wirkung, die für vielfältige Zwecke genutzt wird.

Diese Silberarbeit ist die technologische und magische Grundlage der Macht des Britischen Empires. Sie ermöglicht es Schiffen, schneller zu segeln, Fabriken effizienter zu arbeiten, und vor allem, das Empire global auszudehnen und zu kontrollieren. Sprachen aus kolonisierten Ländern, insbesondere aus Asien, Afrika und der Karibik, sind dabei von unschätzbarem Wert, da die „exotischen“ Sprachen als die Zukunft der Übersetzungsmagie gelten. Babel saugt das sprachliche Wissen der Welt auf, um die Vorherrschaft Großbritanniens zu sichern.

Dies führt direkt zum zentralen Thema des Buches: dem Kolonialismus. Babel ist nicht nur ein passiver Beobachter oder Nutznießer des Empires; es ist ein aktiver Motor seiner Expansion und Unterdrückung. Die Studenten, insbesondere diejenigen nicht-weißer Herkunft wie Robin, Ramy aus Kalkutta und Victoire aus Haiti, werden mit der harten Realität konfrontiert, dass ihr Wissen und ihre Herkunftssprachen dazu benutzt werden, ihre eigenen Völker und Kulturen zu unterjochen. Das Buch beleuchtet eindringlich, wie Sprache als Werkzeug der Macht und Kontrolle eingesetzt wird und wie der Kolonialismus das Leben der Betroffenen auf tiefgreifende Weise prägt.

Der Protagonist und sein innerer Konflikt

Robin Swift repräsentiert den inneren Konflikt, der aus dieser Situation entsteht. Einerseits hat ihm Professor Lovell, der sich später als sein biologischer Vater herausstellt, eine Chance auf Bildung und ein besseres Leben gegeben, die ihm sonst verwehrt geblieben wäre. Er fühlt sich Oxford und dem Studium verpflichtet und wünscht sich die Anerkennung seines Vaters und der Gesellschaft. Andererseits wird ihm durch sein Studium und seine Erfahrungen in Babel die Grausamkeit und Ungerechtigkeit des britischen Kolonialismus immer deutlicher bewusst.

Dieser Zwiespalt wird durch seine Freundschaften mit Ramy, Victoire und Letty (der Tochter eines britischen Admirals) sowie durch den Kontakt zur geheimen Hermes-Gesellschaft verstärkt. Die Hermes-Gesellschaft ist eine anti-koloniale Organisation, die versucht, die Macht Babels und des Empires zu untergraben. Robin gerät zwischen die Fronten – seine Loyalität zu Babel und seinem Vater, sein Wunsch nach einem komfortablen Leben und sein wachsendes Entsetzen über die Ausbeutung und Gewalt des Empires. Dieser innere Kampf ist ein zentraler Aspekt von Robins Charakterbogen, auch wenn Kritiker anmerken, dass dieser Konflikt nicht immer überzeugend oder tiefgreifend dargestellt wird.

Wichtige Charaktere im Umfeld von Robin

Neben Robin gibt es eine Reihe weiterer wichtiger Charaktere, die seine Reise und die Thematik des Buches prägen:

  • Ramiz Rafi „Ramy“ Mirza: Ein brillanter muslimischer Student aus Kalkutta und Robins bester Freund. Er wurde ebenfalls von seiner Familie getrennt, um in England ausgebildet zu werden. Ramy ist laut, charmant und teilt Robins Abscheu vor dem Kolonialismus.
  • Victoire Desgraves: Eine aus Haiti stammende Studentin, die in Frankreich aufwuchs und der Sklaverei entkam. Sie ist moralisch gefestigt, widerstandsfähig und oft die Vermittlerin in hitzigen Diskussionen.
  • Letitia „Letty“ Price: Eine weiße britische Studentin und die Tochter eines Admirals. Sie erlebt zwar Frauenfeindlichkeit, erkennt aber den tiefen Rassismus, dem ihre Freunde ausgesetzt sind, oft nicht vollständig. Ihre Loyalitäten sind komplex.
  • Griffin Lovell: Robins älterer Halbbruder, ebenfalls ein Sohn von Professor Lovell. Er ist ein aktives Mitglied der Hermes-Gesellschaft und vertritt die Überzeugung, dass das Empire nur durch Gewalt gestürzt werden kann.
  • Professor Richard Lovell: Robins biologischer Vater und ein Professor in Babel. Er ist kalt, unnachgiebig und ein überzeugter Imperialist, der seine Söhne nur als Werkzeuge für seine Zwecke betrachtet.

Die Handlung: Vom Studium zur Rebellion

Die Handlung von „Babel“ entfaltet sich zunächst sehr langsam. Die ersten Teile des Buches konzentrieren sich stark auf Robins Ankunft in Oxford, sein Studium, das Erlernen der Silberarbeit und den Aufbau von Freundschaften. Es gibt viele Details über das akademische Leben und die linguistischen Konzepte, die der Magie zugrunde liegen. Kritiker bemängelten hier oft das langsame Pacing; ganze Monate vergehen in wenigen Sätzen, und wichtige Ereignisse oder Interaktionen fühlen sich oft wie kurze Unterbrechungen des Studiums an.

Was ist die Handlung von Babel?
„Babel“ ist ein historischer Fantasy-Roman über den chinesischen Jungen Robin Swift, der 1828 von dem Oxford-Professor Richard Lovell aus den Slums von Kanton geholt wird, um sich auf ein späteres Studium am fiktiven Royal Institute of Translation der Universität Oxford, auch bekannt als Babel, vorzubereiten.

Ein Wendepunkt ist die Reise nach Kanton, bei der Robin, Ramy, Victoire und Letty Professor Lovell begleiten sollen, um als Übersetzer in einem eskalierenden Konflikt zwischen China und Großbritannien zu dienen. Hier erlebt Robin hautnah die Verachtung der Briten gegenüber den Chinesen und wird Zeuge des Opiumhandels und seiner verheerenden Folgen. Ein Treffen mit Lin Zexu, dem chinesischen Beamten, der den Opiumhandel bekämpft, festigt Robins Zweifel am britischen Projekt.

Nach der Rückkehr nach England spitzt sich die Situation zu. Robin erfährt, dass die Verhandlungen in Kanton nur ein Vorwand für einen Krieg waren, um Chinas Silbervorräte zu plündern. Seine Desillusionierung wächst. In einem dramatischen Moment tötet Robin seinen Vater, Professor Lovell, indem er eine Silberbarre benutzt. Dieses Ereignis markiert einen klaren Bruch mit seinem alten Leben und seiner Loyalität zu Babel.

Robin, Ramy und Victoire schließen sich nun vollends der Hermes-Gesellschaft an. Während einige Mitglieder der Gesellschaft auf gewaltlosen Widerstand setzen (Pamphlete, Lobbyarbeit), wird Robin zunehmend von Griffins Überzeugung beeinflusst, dass nur Gewalt das Empire stoppen kann. Die Situation eskaliert, als Letty ihre Freunde verrät, was zu einer Razzia der Polizei, Ramys Tod und Griffins Tod während eines Fluchtversuchs führt.

Verzweifelt und überzeugt, dass gewaltlose Mittel gescheitert sind, entscheiden sich Robin und Victoire für einen letzten, drastischen Schritt: Sie übernehmen den Babel-Turm. Sie vertreiben die meisten Studenten und Fakultätsmitglieder und beginnen, die Resonanzstäbe zu entfernen, die die Übersetzungsmagie in ganz Großbritannien aufrechterhalten. Dies führt zu Chaos und Störungen der Infrastruktur des Empires, gipfelnd in der Zerstörung der Westminster Bridge.

Die Geschichte endet in einer Tragödie. Robin, gefangen in Verzweiflung, entschließt sich, den Turm und seinen Inhalt vollständig zu zerstören, um die Silberarbeit für immer unbrauchbar zu machen. Während Victoire entkommt, bleibt Robin mit einigen verbliebenen Gelehrten im Turm zurück, als dieser kollabiert. Das Ende lässt die Zukunft des Britischen Empires ungewiss zurück, aber auch die Erkenntnis, dass der Widerstand, auch wenn er mit hohen Kosten verbunden ist, einen tiefen Schlag versetzt hat.

Behandelte Themen

Das Buch ist thematisch sehr reich. Das dominierende Thema ist zweifellos der Kolonialismus und seine verheerenden Auswirkungen auf die Kolonisierten, sowohl auf individueller als auch auf kollektiver Ebene. Kuang zeigt, wie das Empire nicht nur Ressourcen ausbeutet, sondern auch Sprachen und Kulturen vereinnahmt und pervertiert, um seine Macht zu festigen. Die Frage, wie man gegen ein so übermächtiges System kämpfen kann, führt zur Auseinandersetzung mit der Notwendigkeit und den Grenzen von Gewalt – ein Thema, das im Untertitel des Buches direkt angesprochen wird.

Ein weiteres wichtiges Thema ist die Macht der Übersetzung und Sprache selbst. Sprache ist nicht nur ein Mittel zur Kommunikation, sondern auch ein Träger von Kultur, Geschichte und Macht. Das Buch zeigt, wie das Verständnis (oder die absichtliche Fehlinterpretation) von sprachlichen Nuancen reale, magische und politische Konsequenzen haben kann.

Auch Themen wie Identität (insbesondere für Charaktere mit gemischter Herkunft oder aus kolonialisierten Ländern, die versuchen, sich in der Metropole zurechtzufinden), Freundschaft und Verrat, sowie der Konflikt zwischen akademischem Wissen und realer Verantwortung werden intensiv behandelt.

Rezeption und Kritik

„Babel“ erhielt überwiegend positive Kritiken für seinen ambitionierten Umfang, die tiefgehende historische Recherche und das faszinierende Magiesystem. Besonders gelobt wurden die Details des Weltaufbaus und die Art, wie Kuang reale linguistische Konzepte in ihre Fantasy-Welt integriert. Die Auseinandersetzung mit dem Thema Kolonialismus wurde als wichtig und relevant hervorgehoben.

Was ist die Handlung von Babel?
„Babel“ ist ein historischer Fantasy-Roman über den chinesischen Jungen Robin Swift, der 1828 von dem Oxford-Professor Richard Lovell aus den Slums von Kanton geholt wird, um sich auf ein späteres Studium am fiktiven Royal Institute of Translation der Universität Oxford, auch bekannt als Babel, vorzubereiten.
Stärken des Buches (laut Kritik)Schwächen des Buches (laut Kritik)
Umfangreiche historische DetailsLangsame Handlung und Pacing
Faszinierender Weltaufbau und MagiesystemFlache oder unterentwickelte Charaktere
Intelligente Nutzung von Sprache und ÜbersetzungÜbermäßige Verwendung von Fußnoten
Wichtige thematische Auseinandersetzung mit KolonialismusManchmal didaktische Darstellung von Themen
Starker Schreibstil auf SatzebeneWenig emotionale Bindung zu den Figuren

Allerdings gab es auch signifikante Kritikpunkte. Viele Rezensenten empfanden das Pacing als sehr langsam, insbesondere im ersten Teil des Buches, der sich stark auf das akademische Leben konzentriert und wenig Handlung bietet. Die Charaktere wurden oft als unterentwickelt oder als Vehikel für thematische Botschaften kritisiert, anstatt als komplexe, eigenständige Persönlichkeiten. Die Verwendung zahlreicher Fußnoten, die zusätzliche historische oder linguistische Informationen liefern, wurde von einigen als störend empfunden und trug zum Gefühl bei, eher ein Sachbuch als einen Roman zu lesen. Auch die thematische Auseinandersetzung, obwohl gelobt, wurde manchmal als zu direkt oder „einhämmernd“ empfunden.

Im Vergleich zu „The Poppy War“ empfanden einige Leser „Babel“ als weniger fesselnd, insbesondere was die Charakterentwicklung und die emotionale Tiefe angeht, obwohl „Babel“ in Bezug auf die thematische Komplexität und den historischen Weltaufbau oft als stärker angesehen wurde.

Häufig gestellte Fragen zu Babel

Q: Was ist das Royal Institute of Translation (Babel)?
A: Es ist ein fiktives, aber historisch verankertes Institut in Oxford, das das Zentrum der Übersetzungsmagie des Britischen Empires im 19. Jahrhundert bildet.

Q: Wie funktioniert die Magie in Babel?
A: Die Magie, genannt Silberarbeit, basiert darauf, die Bedeutungsunterschiede oder Verluste zwischen Wörtern in verschiedenen Sprachen zu nutzen. Diese Resonanz wird in Silberbarren gespeichert und entfesselt magische Effekte.

Q: Worum geht es in der Handlung von Babel?
A: Die Geschichte folgt Robin Swift, einem chinesischen Jungen, der nach Oxford gebracht wird, um in Babel zu studieren. Er wird in die Übersetzungsmagie eingeführt, erkennt aber bald die Rolle des Instituts im britischen Kolonialismus und muss sich entscheiden, ob er das System unterstützen oder dagegen rebellieren will.

Q: Welche Hauptthemen behandelt das Buch?
A: Zentrale Themen sind Kolonialismus, die Macht und Ausbeutung von Sprache, Widerstand (sowohl gewaltlos als auch gewaltsam), Identität, Freundschaft und Verrat.

Q: Wie endet die Geschichte von Babel?
A: Nach einer Reihe tragischer Ereignisse übernehmen Robin und Victoire den Babel-Turm, um das Empire zu stören. Robin trifft schließlich die Entscheidung, den Turm und sich selbst zu zerstören, um die Übersetzungsmagie dauerhaft zu schwächen und dem Empire einen schweren Schlag zu versetzen, auch wenn die Zukunft ungewiss bleibt.

Zusammenfassend ist „Babel“ ein anspruchsvoller und intellektuell stimulierender Roman, der wichtige Fragen zu Sprache, Macht und Geschichte aufwirft. Obwohl er in Bezug auf Pacing und Charakterentwicklung kritisiert wurde, bietet er einen einzigartigen Einblick in die Mechanismen des Kolonialismus, verpackt in ein originelles Fantasy-Setting.

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Andenmatten Soltermann

Hallo! Ich bin Andenmatten Soltermann, ein Schweizer Fotograf, der leidenschaftlich die Essenz der Welt durch seine Linse einfängt. Geboren und aufgewachsen in den majestätischen Schweizer Alpen, haben die deutsche Sprache und atemberaubende Landschaften meine kreative Vision geprägt. Meine Liebe zur Fotografie begann mit einer alten analogen Kamera, und seitdem widme ich mein Leben der Kunst, visuelle Geschichten zu erzählen, die berühren und verbinden.In meinem Blog teile ich praktische Tipps, Techniken und Erfahrungen, um dir zu helfen, deine fotografischen Fähigkeiten zu verbessern – egal, ob du ein neugieriger Anfänger oder ein erfahrener Profi bist. Von der Beherrschung des natürlichen Lichts bis hin zu Ratschlägen für wirkungsvolle Bildkompositionen ist es mein Ziel, dich zu inspirieren, die Welt mit neuen Augen zu sehen. Mein Ansatz verbindet Technik mit Leidenschaft, immer auf der Suche nach dem Funken, der ein Foto unvergesslich macht.Wenn ich nicht hinter der Kamera stehe, findest du mich auf Bergpfaden, auf Reisen nach neuen Perspektiven oder beim Genießen der Schweizer Traditionen, die mir so am Herzen liegen. Begleite mich auf dieser visuellen Reise und entdecke, wie Fotografie die Art und Weise, wie du die Welt siehst, verändern kann.

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