Es gibt ein Zitat, das vielen Kreativen aus der Seele spricht, besonders in Momenten, in denen wir uns festgefahren fühlen oder Angst vor dem nächsten Schritt haben: „Und der Tag kam, an dem das Risiko, in der Knospe zu verharren, schmerzlicher war als das Risiko zu erblühen.“ Diese Worte bergen eine tiefe Wahrheit, die weit über das bloße Bild einer Blume hinausgeht. Sie sprechen von Mut, von Veränderung und davon, den Schritt ins Ungewisse zu wagen, selbst wenn es uns schwierig erscheint. Gerade in Zeiten der Unsicherheit, sei es in unserem Leben allgemein oder spezifisch in unserer kreativen Praxis wie der Fotografie, verfallen wir leicht in einen Zustand der Verzweiflung oder Lähmung, der uns in unserer „Knospe“ gefangen hält.

Was bedeutet dieses Zitat nun konkret für uns Fotografen? Es bedeutet, dass es einen Punkt gibt, an dem die Bequemlichkeit des Bekannten – das Fotografieren immer derselben Motive, mit denselben Techniken, in derselben Umgebung – zu einer Qual wird. Die Routine, die einst Sicherheit bot, wird zur Fessel. Das Potenzial, das in uns schlummert, drängt nach draußen, und das Unterdrücken dieses Drangs verursacht mehr Schmerz als die Angst vor dem, was passieren könnte, wenn wir uns entfalten. „Erblühen“ in der Fotografie bedeutet, den Mut zu finden, neue Wege zu beschreiten, aus der eigenen Komfortzone auszubrechen und sich der Welt – und sich selbst – in einer neuen, vielleicht verletzlicheren Form zu zeigen.
Das Verharren in der Knospe ist das Festhalten am Status quo. Es ist die Angst vor dem Scheitern, die Angst vor Kritik, die Angst davor, nicht gut genug zu sein. Es ist das Gefühl, festzustecken, keine Fortschritte zu machen, obwohl man spürt, dass mehr möglich wäre. Für einen Fotografen kann das bedeuten: nie ein neues Genre ausprobieren, immer nur im Automatikmodus fotografieren, die Bilder nie jemandem zeigen, sich nicht trauen, Menschen anzusprechen, oder immer dieselben Bearbeitungsschritte anwenden, auch wenn sie nicht mehr passen. Dieser Zustand mag auf den ersten Blick sicher erscheinen, birgt aber das Risiko der Stagnation, der Langeweile und letztlich der kreativen Enttäuschung. Der Schmerz entsteht aus dem ungelebten Potenzial, aus dem Wissen, dass man mehr könnte, sich aber nicht traut.
Das Erblühen hingegen ist der Prozess des Wachstums und der Entfaltung. Es ist das Eingehen des Risikos, sich zu öffnen, sich zu zeigen, zu experimentieren. Für einen Fotografen bedeutet das: das erste Mal ein Porträt eines Fremden machen, Nachtfotografie ausprobieren, obwohl man keine Ahnung hat, wie das geht, die eigene Arbeit in einer Online-Galerie präsentieren und auf Feedback warten, oder eine weite Reise unternehmen, um neue Motive zu finden, obwohl die Planung schwierig ist und das Ergebnis ungewiss. Dieses Erblühen ist mit Unsicherheit verbunden. Es gibt keine Garantie für Erfolg oder Anerkennung. Man könnte scheitern, man könnte kritisiert werden, die Ergebnisse könnten nicht den Erwartungen entsprechen. Doch der Schmerz des Verharrens wird irgendwann so groß, dass das Eingehen dieses Risikos die einzig erträgliche Option wird.
Woher kommt das Wort Risiko?
Es ist interessant, die Wurzeln des Wortes „Risiko“ zu betrachten, um seine Bedeutung besser zu verstehen. Das Wort Risiko wurde aus dem Italienischen entlehnt und leitet sich von „risico“ ab. Bereits im 16. Jahrhundert wurde der Begriff für kaufmännische Gefahren und Wagnisse verwendet, die unerwartet und nicht vorhersehbar eintraten. Ursprünglich bezog es sich oft auf Gefahren auf See, wie Stürme oder Piratenangriffe, die den Erfolg einer Handelsreise gefährden konnten. Ein „Risiko“ war also etwas Unvorhergesehenes, das den geplanten Ausgang einer Unternehmung negativ beeinflussen konnte, aber oft bewusst in Kauf genommen wurde, um einen potenziell größeren Gewinn zu erzielen.
Diese historische Bedeutung des Risikos als eine kalkulierte Gefahr, die man eingeht, um etwas zu gewinnen, lässt sich durchaus auf die kreative Arbeit übertragen. In der Fotografie ist das Eingehen eines Risikos selten eine Frage von Leben oder Tod (es sei denn, man fotografiert unter gefährlichen Bedingungen), aber es ist oft eine Frage von kreativem Fortschritt und potenziellem „Gewinn“ – sei es in Form besserer Bilder, neuer Fähigkeiten, Anerkennung oder einfach der persönlichen Wachstum. Die „kaufmännische Gefahr“ der damaligen Zeit könnte man heute mit der „kreativen Gefahr“ vergleichen: dem potenziellen Verlust von Zeit, Energie oder Selbstvertrauen, wenn ein Experiment nicht gelingt, im Austausch für die Möglichkeit eines Durchbruchs.
Das Risiko in der fotografischen Praxis
Wie äußert sich das Eingehen von Risiken konkret in der Fotografie? Es gibt unzählige Möglichkeiten, aus der Knospe auszubrechen und zu erblühen:
- Technische Risiken: Bewusst den Automatikmodus verlassen und die Kamera manuell einstellen, auch wenn das Bild dadurch zunächst über- oder unterbelichtet ist. Experimentieren mit Langzeitbelichtungen ohne Stativ (bewusst für kreative Unschärfe). Fotografieren bei extremen Lichtverhältnissen, die schwierig zu meistern sind. Ausprobieren neuer Software oder Bearbeitungstechniken, die das Bild komplett verändern könnten.
- Kreative Risiken: Ein ungewohntes Motiv fotografieren, das außerhalb des eigenen Komfortbereichs liegt (z. B. Porträts, wenn man normalerweise Landschaften fotografiert). Eine unkonventionelle Perspektive wählen. Mit Farben oder Kontrasten experimentieren, die man normalerweise vermeiden würde. Eine Serie erstellen, die ein persönliches, vielleicht auch schmerzhaftes Thema behandelt.
- Soziale Risiken: Fremde Menschen um Erlaubnis bitten, sie zu fotografieren. Die eigenen Bilder online oder in Ausstellungen zeigen und sich Feedback stellen. An Fotowettbewerben teilnehmen. Sich mit anderen Fotografen vernetzen und die eigene Arbeit diskutieren.
- Logistische Risiken: Alleine an einen weit entfernten Ort reisen, nur um dort zu fotografieren. Bei schlechtem Wetter fotografieren, in der Hoffnung auf dramatische Lichtstimmungen. Viel Zeit und Aufwand in ein Projekt investieren, dessen Ausgang ungewiss ist.
Jede dieser Situationen birgt ein Risiko – das Risiko des Scheiterns, der Enttäuschung, der Kritik. Aber sie bergen auch die Chance auf etwas Neues, Aufregendes und Potenziell Bahnbrechendes. Das Verharren in der Knospe würde bedeuten, all diese Gelegenheiten aus Angst zu meiden und stattdessen beim Altbekannten zu bleiben. Der Schmerz dabei ist das Gefühl der Stagnation, der fehlende Fortschritt, die Langeweile und das Bewusstsein, dass man sein volles Potenzial nicht ausschöpft.
Der Schmerz des Verharrens vs. das Risiko des Erblühens
Betrachten wir diesen Konflikt tabellarisch im Kontext der Fotografie:
| Aspekt | Verharren in der Knospe (Sicherheit) | Risiko des Erblühens (Wachstum) |
|---|---|---|
| Lernkurve | Flach, geringe neue Erkenntnisse | Steil, schnelles Erlernen neuer Fähigkeiten |
| Ergebnisse | Vorhersehbar, oft repetitiv | Unvorhersehbar, Potenzial für einzigartige Bilder |
| Gefühl | Bequem, sicher, aber oft langweilig und frustrierend | Angstvoll, aufregend, herausfordernd, befriedigend (bei Erfolg) |
| Entwicklung des Stils | Stagniert oder entwickelt sich kaum | Formt sich aktiv, wird individueller und ausgeprägter |
| Feedback & Anerkennung | Weniger Gelegenheiten, potenziell weniger Sichtbarkeit | Mehr Gelegenheiten, höhere potenzielle Sichtbarkeit und Rückmeldung |
| Kreative Befriedigung | Geringer, Gefühl des Stillstands | Höher, Gefühl des Fortschritts und der Entdeckung |
Die Tabelle verdeutlicht, dass die Sicherheit des Verharrens in der Knospe einen hohen Preis hat: mangelndes Wachstum und geringe kreative Befriedigung. Das Eingehen des Risikos mag beängstigend sein, aber es ist der Weg zu neuen Erkenntnissen, einzigartigen Ergebnissen und einer erfüllenderen fotografischen Reise.

Wie überwindet man die Angst vor dem Risiko?
Die Erkenntnis, dass der Schmerz des Stillstands größer ist als die Angst vor dem Unbekannten, ist oft der erste Schritt. Aber wie geht man weiter? Hier sind einige Gedanken:
- Kleine Schritte: Man muss nicht sofort alles ändern. Beginnen Sie mit kleinen Risiken. Probieren Sie eine neue Bearbeitungstechnik aus. Zeigen Sie ein Bild einem engen Freund. Fotografieren Sie ein neues Motiv in Ihrer Nachbarschaft.
- Das Scheitern neu definieren: Betrachten Sie „Scheitern“ nicht als Ende, sondern als Lernprozess. Ein misslungenes Experiment liefert wertvolle Informationen darüber, was nicht funktioniert und warum. Es ist Teil des Weges zum Erfolg.
- Den Prozess genießen: Konzentrieren Sie sich weniger auf das Endergebnis und mehr auf den Prozess des Ausprobierens und Lernens. Die Freude am Entdecken kann die Angst vor dem Ergebnis überwiegen.
- Die Motivation erkennen: Fragen Sie sich, warum Sie fotografieren. Ist es nur, um sich sicher zu fühlen, oder ist es, um sich auszudrücken, die Welt neu zu sehen und Kreativität zu leben? Die tiefere Motivation kann die nötige Kraft geben, Risiken einzugehen.
- Sich vernetzen: Sprechen Sie mit anderen Fotografen über Ihre Ängste und Experimente. Oft stellt man fest, dass andere ähnliche Gefühle haben, und gegenseitige Unterstützung kann helfen.
Häufig gestellte Fragen zum Thema Risiko in der Fotografie
Ist es wirklich nötig, Risiken einzugehen, um ein guter Fotograf zu werden?
Um sich kreativ weiterzuentwickeln und einen eigenen Stil zu finden, ist es unerlässlich, neue Dinge auszuprobieren und die eigene Komfortzone zu verlassen. Das bedeutet nicht, dass jedes Experiment ein „Risiko“ sein muss, aber der Mut, sich dem Unbekannten zu stellen, ist entscheidend für Wachstum. Stagnation führt selten zu Exzellenz.
Was ist, wenn ich ein Risiko eingehe und scheitere?
Scheitern ist keine Katastrophe, sondern eine Gelegenheit zu lernen. Analysieren Sie, warum etwas nicht funktioniert hat, und nutzen Sie diese Erkenntnisse für zukünftige Versuche. Jeder erfahrene Fotograf hat unzählige „Fehlschläge“ erlebt. Sie sind ein natürlicher Teil des kreativen Prozesses.
Wie finde ich heraus, welche Risiken sich lohnen?
Hören Sie auf Ihre innere Stimme und Ihre Neugier. Welche Bereiche der Fotografie faszinieren Sie, machen Ihnen aber auch Angst? Beginnen Sie dort. Oft sind die Dinge, die uns am meisten einschüchtern, diejenigen, die das größte Potenzial für Wachstum und Veränderung bieten.
Gibt es auch „schlechte“ Risiken?
Ja. Unnötige Risiken, die Ihre Sicherheit oder die Ihrer Ausrüstung gefährden, sollten vermieden werden. Es geht um kreative oder methodische Risiken, die kalkulierbar sind und bei denen der potenzielle Lern- oder Erkenntnisgewinn den Aufwand rechtfertigt. Ein Risiko sollte herausfordernd, aber nicht leichtsinnig sein.
Der Weg zum Erblühen
Der Tag, an dem das Risiko des Verharrens schmerzlicher wird als das Risiko des Erblühens, kommt für viele Kreative. Es ist der Moment, in dem die Sehnsucht nach Wachstum und Entfaltung die Angst vor dem Unbekannten überwiegt. In der Fotografie bedeutet dies, die Kamera in die Hand zu nehmen und bewusst neue Wege zu gehen. Es bedeutet, sich den Herausforderungen zu stellen, die das Erblühen mit sich bringt – die Unsicherheit des Experiments, die Möglichkeit der Kritik, den Aufwand des Lernens. Doch genau in diesen Herausforderungen liegt die Chance, nicht nur als Fotograf, sondern auch als Mensch zu wachsen.
Die Geschichte des Wortes „Risiko“ erinnert uns daran, dass das Eingehen von Gefahren oft mit der Aussicht auf Gewinn verbunden ist. In der Fotografie ist der Gewinn nicht nur ein besseres Bild, sondern auch eine tiefere Verbindung zur eigenen Kreativität, ein gestärktes Selbstvertrauen und die Entdeckung neuer Möglichkeiten. Lassen Sie diesen Tag kommen, an dem der Schmerz der Knospe unerträglich wird. Umarmen Sie das Risiko des Erblühens. Ihre Fotografie – und Sie selbst – werden es Ihnen danken.
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