Herzlich willkommen in der faszinierenden, manchmal aber auch etwas einschüchternden Welt der Fotografie mit Blitz! Viele Fotografen fühlen sich anfangs wie ein „Blitzdepp“, und das ist völlig normal. Die Steuerung des Lichts kann komplex erscheinen, aber keine Panik – es ist wirklich nur Licht, das man lernen kann zu formen. Eine der häufigsten Fragen, die auftauchen, betrifft die mysteriösen Begriffe wie erster und zweiter Verschlussvorhang. Was bedeuten sie, und warum sind sie beim Blitzen so wichtig? Tauchen wir gemeinsam ein und bringen Licht ins Dunkel.

Bevor wir uns den Vorhängen widmen, ein ganz wichtiger Tipp vorab: Nehmen Sie den Blitz so oft wie möglich von der Kamera! Direktes Licht von der Kamera, frontal ins Gesicht, sieht in den allermeisten Fällen unvorteilhaft aus. Das Licht sollte idealerweise immer aus einer anderen Richtung kommen als die Achse des Objektivs. Das schafft Dimension und vermeidet den ungeliebten „gebritzten“ Look.
Der Schlitzverschluss: Ein Blick hinter die Kulissen
Um die Blitzsynchronisation zu verstehen, müssen wir kurz darauf eingehen, wie der Verschluss in den meisten modernen Kameras, dem sogenannten Schlitzverschluss, funktioniert. Stellen Sie sich zwei Vorhänge vor, die sich über den Sensor oder Film bewegen. Nach der Auslösung öffnet sich der erste Vorhang und gibt den Sensor zur Belichtung frei. Nach der eingestellten Belichtungszeit folgt der zweite Vorhang und deckt den Sensor wieder ab.
Bei längeren Belichtungszeiten öffnet sich der erste Vorhang vollständig, der Sensor ist für die gesamte Dauer der Belichtung komplett freigegeben, bevor der zweite Vorhang schließt. Bei sehr kurzen Belichtungszeiten hingegen folgt der zweite Vorhang dem ersten so schnell, dass der Sensor zu keinem Zeitpunkt vollständig freigegeben ist. Stattdessen bewegt sich ein schmaler Spalt, ein „Schlitz“, über den Sensor. Verschiedene Bereiche des Sensors werden also zu leicht unterschiedlichen Zeitpunkten belichtet, während dieser Schlitz darüberwandert.
Der Schlitzverschluss ermöglicht extrem kurze Belichtungszeiten, die mit anderen Verschlussarten kaum realisierbar wären. Allerdings hat diese Funktionsweise Auswirkungen auf die Verwendung von Blitzlicht, da ein moderner Blitz sein Licht in einem sehr kurzen, intensiven Impuls abgibt.
Blitzsynchronisation: Der Zeitpunkt ist entscheidend
Die Blitzsynchronisation bestimmt, zu welchem Zeitpunkt während der Belichtung der Blitz ausgelöst wird. Da der Blitz nur für einen winzigen Bruchteil einer Sekunde leuchtet, muss dieser Moment genau mit der Öffnung des Verschlusses koordiniert werden, damit das Blitzlicht auf den Sensor trifft, während dieser Licht empfängt.
Synchronisation auf den ersten Verschlussvorhang
Dies ist die Standardeinstellung bei den meisten Kameras. Wenn Sie den Blitz auf den ersten Verschlussvorhang synchronisieren, löst der Blitz unmittelbar aus, nachdem sich der erste Vorhang geöffnet hat und der Sensor zur Belichtung freigegeben wird. Das Motiv, das vom Blitz beleuchtet wird, wird also gleich zu Beginn der Belichtungszeit „eingefroren“.
Wenn Sie bei längeren Belichtungszeiten (um auch Umgebungslicht einzufangen) ein sich bewegendes Motiv fotografieren und die Kamera während der Belichtung mitbewegen (oder das Motiv sich von selbst bewegt), entsteht eine Bewegungsunschärfe. Da das Motiv am Anfang eingefroren wurde, erscheint die Unschärfe oder der „Schweif“ der Bewegung vor dem scharfen Motiv. Das kann unnatürlich aussehen, so als würde sich das Motiv entgegen seiner tatsächlichen Richtung bewegen.
Synchronisation auf den zweiten Verschlussvorhang: Bewegung sichtbar machen
Hier liegt der Clou, besonders wenn Sie Bewegung im Bild festhalten möchten. Bei der Synchronisation auf den zweiter Vorhang löst der Blitz erst ganz am Ende der Belichtungszeit aus, kurz bevor der zweite Verschlussvorhang schließt und die Belichtung beendet.
Stellen Sie sich die Szene aus dem Beispiel in der Einleitung vor: Sie fotografieren ein Gesicht in einer Bar mit stimmungsvollen Lichtern im Hintergrund, die Belichtungszeit beträgt eine Sekunde, um das Umgebungslicht einzufangen. Bei Synchronisation auf den zweiten Vorhang passiert Folgendes:
- Der erste Verschlussvorhang öffnet sich.
- Der Sensor wird für fast eine ganze Sekunde belichtet, wobei das Umgebungslicht (die Lichter der Bar, diffuse Helligkeit) aufgezeichnet wird. Eventuelle Bewegungen während dieser Zeit führen zu Unschärfen im Umgebungslicht.
- Kurz bevor der zweite Vorhang schließt, löst der Blitz aus.
- Das Motiv (das Gesicht) wird vom Blitz beleuchtet und in diesem Moment scharf auf dem Sensor aufgezeichnet.
- Der zweite Vorhang schließt, die Belichtung ist beendet.
Das Ergebnis ist ein scharfes, gut ausgeleuchtetes Motiv vor einem Hintergrund mit natürlicher wirkender Bewegungsunschärfe. Der Lichtschweif oder die Unschärfe folgt dem Motiv, da es erst am Ende der Bewegung durch den Blitz „eingefroren“ wurde. Dies ist ideal, um die Dynamik von Bewegung festzuhalten, wie zum Beispiel bei tanzenden Personen, vorbeifahrenden Autos bei Nacht (die Rücklichter ziehen einen Schweif hinter dem Auto her), oder um bei Schwenks (Panning) einen scharfen Vordergrund vor einem gezogenen Hintergrund zu erhalten.
Beispiel: Das Auto bei Nacht
Stellen Sie sich vor, Sie fotografieren ein fahrendes Auto bei Nacht mit einer längeren Belichtungszeit. Bei Synchronisation auf den ersten Vorhang würde der Blitz das Auto am Anfang der Belichtung scharf abbilden, und die Lichter des Autos würden dann einen Schweif *vor* dem Auto herziehen – das sieht aus, als würde es rückwärts fahren. Bei Synchronisation auf den zweiten Vorhang hingegen wird das Umgebungslicht (die Schweife der Lichter) während der gesamten Belichtung aufgezeichnet, und erst am Ende wird das Auto durch den Blitz scharf abgebildet. Der Schweif folgt dem Auto und lässt die Bewegung natürlich aussehen.
Die Wahl zwischen erstem und zweitem Vorhang hängt also stark davon ab, welchen Effekt Sie erzielen möchten. Für statische Motive spielt es keine Rolle. Für bewegte Motive, bei denen Sie die Bewegung durch Unschärfe im Umgebungslicht betonen möchten, ist der zweite Vorhang oft die natürlichere und dynamischere Wahl.
Die X-Synchronzeit: Die Grenze für den Blitz
Ein weiterer wichtiger Begriff im Zusammenhang mit Blitz und Schlitzverschluss ist die X-Synchronzeit. Dies ist die kürzeste Belichtungszeit, bei der der Sensor oder Film für einen Moment vollständig freigegeben ist, bevor der zweite Vorhang zu folgen beginnt. Nur bei Belichtungszeiten, die gleich oder länger als die X-Synchronzeit sind, ist der gesamte Sensor gleichzeitig geöffnet und kann vom Blitzlicht komplett ausgeleuchtet werden.

Die X-Synchronzeit liegt je nach Kameramodell typischerweise zwischen 1/60 und 1/250 Sekunde. Wenn Sie eine kürzere Belichtungszeit als die X-Synchronzeit einstellen und blitzen, wird der Blitz ausgelöst, während sich der Schlitz über den Sensor bewegt. Da der Blitzimpuls sehr kurz ist, beleuchtet er nur den Bereich des Sensors, der in diesem winzigen Moment gerade vom Schlitz freigegeben ist. Das Ergebnis ist ein Bild mit dunklen Streifen, die durch den sich bewegenden Vorhang verursacht werden.
Einige moderne Blitzsysteme und Kameras bieten eine Funktion namens HSS (High-Speed Sync), bei der der Blitz nicht einen einzigen, sondern eine sehr schnelle Abfolge von Blitzen abgibt, während der Schlitz über den Sensor läuft. Dadurch wird das gesamte Bild beleuchtet, auch bei Belichtungszeiten, die kürzer als die X-Synchronzeit sind. Dies ermöglicht beispielsweise das Aufhellen von Schatten bei hellem Tageslicht mit offener Blende.
Originalblitze vs. Kompatible Modelle
Die Frage nach den Unterschieden zwischen Originalblitzen der Kamerahersteller und kompatiblen Geräten von Firmen wie Metz, Nissin, Godox oder Yongnuo ist berechtigt. Es gibt durchaus qualitative Unterschiede, meist zugunsten der Originalhersteller, aber die Nachbauten haben stark aufgeholt.
Die Vorteile der Originalblitze liegen oft in der Verarbeitungsqualität, der Robustheit für den harten Einsatz, der nahtlosen Integration ins Kamerasystem (Menüs, spezielle Funktionen) und manchmal auch in der Leistung oder der Konsistenz der Lichtabgabe. Allerdings sind sie auch deutlich teurer.
Kompatible Blitze bieten oft ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis. Viele moderne Modelle unterstützen ebenfalls alle wichtigen Funktionen wie TTL (automatische Blitzmessung), HSS und Master/Slave-Betrieb. Für den Einstieg oder für Fotografen mit begrenztem Budget sind sie eine ausgezeichnete Wahl. Manchmal muss man bei der Haptik, der Menüführung oder der Langzeitstabilität Abstriche machen, aber Modelle wie der Metz 52 AF-1 oder diverse Yongnuo-Modelle haben sich als zuverlässig erwiesen. Gerade am Anfang, wenn man noch viel Ausrüstung „haben muss“, kann man hier gut sparen.
Wie lernt man Blitzen? Übung macht den Meister!
Die Beherrschung des Blitzens kommt nicht über Nacht. Es ist ein Thema, das viel Übung erfordert, genau wie das Fotografieren selbst. Hier sind einige Tipps:
- Nehmen Sie den Blitz von der Kamera: Experimentieren Sie mit verschiedenen Positionen und Lichtwinkeln. Ein einfacher Lichtstativ oder die Platzierung auf einem Stuhl kann schon Wunder wirken.
- Nutzen Sie Diffusoren oder Schirme: Weiches Licht sieht fast immer besser aus als hartes, direktes Blitzlicht.
- Verstehen Sie die Zusammenhänge: Lesen Sie Handbücher, schauen Sie Tutorials. Verstehen Sie, wie Belichtungszeit, Blende, ISO und Blitzleistung zusammenspielen.
- Üben, üben, üben: Probieren Sie verschiedene Einstellungen aus. Fotografieren Sie das gleiche Motiv mit unterschiedlicher Synchronisation, Belichtungszeit, Blitzleistung. Analysieren Sie die Ergebnisse.
- Seien Sie geduldig: Erwarten Sie nicht sofort perfekte Ergebnisse. Blitzen ist komplex, aber mit der Zeit werden Sie ein Gefühl dafür entwickeln.
Wie man so schön sagt: „Es ist noch nie ein Meister vom Himmel gefallen“. Das gilt ganz besonders für das Arbeiten mit künstlichem Licht.
Erster vs. Zweiter Vorhang: Ein Vergleich
Um die Unterschiede noch einmal zu verdeutlichen, hier eine kleine Vergleichstabelle:
| Merkmal | Synchronisation auf den ersten Vorhang | Synchronisation auf den zweiten Vorhang |
|---|---|---|
| Zeitpunkt der Blitzzündung | Sofort nach dem Öffnen des ersten Vorhangs (zu Beginn der Belichtung) | Kurz vor dem Schließen des zweiten Vorhangs (am Ende der Belichtung) |
| Effekt auf Bewegung (bei längeren Belichtungen) | Motiv wird am Anfang eingefroren, Bewegungsschleier/Unschärfe erscheint *vor* dem Motiv (sieht oft unnatürlich aus) | Motiv wird am Ende eingefroren, Bewegungsschleier/Unschärfe erscheint *hinter* dem Motiv (sieht natürlicher aus und folgt der Bewegungsrichtung) |
| Typische Anwendung | Statische Motive, Standardeinstellung, wenn Bewegung keine Rolle spielt oder nicht betont werden soll | Bewegte Motive, bei denen die Bewegungsdynamik durch einen nachlaufenden Lichtschweif betont werden soll (z.B. Autos bei Nacht, Tänzer, Mitzieher) |
| Einfluss auf Umgebungslicht | Umgebungslicht wird nach dem Blitz für die restliche Belichtungszeit aufgezeichnet | Umgebungslicht wird fast während der gesamten Belichtungszeit aufgezeichnet, der Blitz friert das Motiv am Ende ein |
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet erster und zweiter Verschlussvorhang beim Blitzen?
Der erste Vorhang öffnet den Verschluss, der zweite schließt ihn. Synchronisation auf den ersten Vorhang bedeutet, der Blitz löst aus, wenn der erste Vorhang öffnet (Anfang der Belichtung). Synchronisation auf den zweiten Vorhang bedeutet, der Blitz löst aus, kurz bevor der zweite Vorhang schließt (Ende der Belichtung).
Wann sollte ich den zweiten Vorhang verwenden?
Verwenden Sie den zweiten Vorhang, wenn Sie bewegte Motive bei längeren Belichtungszeiten fotografieren und die Bewegungsunschärfe (Lichtschweife) auf natürliche Weise *hinter* dem scharfen Motiv erscheinen lassen möchten. Das betont die Richtung und Dynamik der Bewegung.
Spielt die Belichtungszeit eine Rolle bei der Wahl des Vorhangs?
Ja, die Wahl des Vorhangs ist hauptsächlich relevant, wenn Sie mit Belichtungszeiten arbeiten, die lang genug sind, um auch Umgebungslicht einzufangen und/oder Bewegung aufzuzeichnen (länger als die X-Synchronzeit). Bei sehr kurzen Belichtungszeiten (kürzer als oder gleich der X-Synchronzeit) gibt es praktisch keinen sichtbaren Unterschied im Bildeffekt, da die Belichtungszeit durch den Blitz dominiert wird und das Umgebungslicht kaum aufgezeichnet wird.
Was ist die X-Synchronzeit und warum ist sie wichtig?
Die X-Synchronzeit ist die kürzeste Belichtungszeit, bei der der gesamte Sensor für einen Moment gleichzeitig freigegeben ist. Sie ist wichtig, weil bei kürzeren Zeiten nur ein Teil des Sensors beleuchtet wird, wenn der Blitz zündet, was zu dunklen Streifen im Bild führt. Sie ist die maximale Belichtungszeit, bei der ein einzelner Blitz das gesamte Bild gleichmäßig ausleuchten kann.
Gibt es große Unterschiede zwischen Original- und Fremdblitzen?
Es kann Unterschiede in Verarbeitungsqualität, Robustheit, Integration ins Kamerasystem und manchmal auch Leistung geben. Originalblitze sind oft hochwertiger und nahtloser integriert, aber auch teurer. Kompatible Blitze bieten oft ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und sind für die meisten Anwendungen von Hobbyfotografen absolut ausreichend. Für den Anfang kann man gut mit einem günstigeren, kompatiblen Modell beginnen.
Fazit
Das Blitzen mit der Synchronisation auf den zweiten Verschlussvorhang ist eine kreative Technik, die es Ihnen ermöglicht, Bewegung in Ihren Bildern dynamisch und natürlich aussehen zu lassen. Es ist eine der vielen Stellschrauben in der Blitzfotografie, die Ihnen helfen, mehr Kontrolle über das Licht und die Wirkung Ihrer Aufnahmen zu gewinnen. Haben Sie keine Angst davor, zu experimentieren. Nehmen Sie Ihre Kamera und Ihren Blitz (idealerweise von der Kamera) und spielen Sie mit den Einstellungen. Probieren Sie den ersten und den zweiten Vorhang aus, variieren Sie die Belichtungszeit und beobachten Sie, wie sich die Bilder verändern. Mit jedem Versuch werden Sie sich sicherer fühlen und die Blitzfotografie wird von einer Quelle der Verwirrung zu einem mächtigen Werkzeug in Ihrem kreativen Prozess!
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