Warum wird in Filmen behauptet, dass keinem Tier Leid zugefügt wurde?

Tiere in Hollywood: Das Siegel unter Feuer

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Fast jeder Kinofan kennt es: Am Ende eines Films erscheint oft der Hinweis "No Animals Were Harmed" (Es kamen keine Tiere zu Schaden). Dieses Siegel, verliehen von der American Humane Association (AHA), soll dem Publikum versichern, dass die tierischen Darsteller gut behandelt wurden. Es ist ein wertvolles Aushängeschild für Filmemacher und beruhigt das Gewissen der Zuschauer. Doch hinter dieser glänzenden Fassade brodelt es. Eine investigative Recherche hat schwere Vorwürfe gegen die Organisation erhoben, die seit Jahrzehnten den Tierschutz am Set überwacht.

Die American Humane Association (AHA) blickt auf eine lange Geschichte zurück. Seit 70 Jahren ist sie im Filmgeschäft tätig und hat zweifellos dazu beigetragen, die Bedingungen für Tiere am Set zu verbessern. Man denke nur an die düsteren Zeiten, lange bevor das Siegel etabliert war. Im Jahr 1937 wurde bei den Dreharbeiten zu "Jesse James" vorsätzlich ein Pferd in eine Schlucht gestürzt und getötet. Noch drastischer waren die Dreharbeiten zum Monumentalfilm "Ben Hur" im Jahr 1959. Bei den aufwendigen Schlachtszenen und insbesondere dem berühmten Wagenrennen, einem der ikonischsten Momente der Filmgeschichte, starben mehr als hundert Pferde. Diese Vorfälle zeigen, wie dringend eine Überwachung notwendig war.

In welchem Film verwandeln sich Menschen in Tiere?
Woodwalkers - Trailer (Deutsch) HD. In der deutschen Fantasy-Verfilmung Woodwalkers nach den Büchern von Katja Brandis kommt der Puma-Gestaltwandler Carag an eine Schule voller Kinder, die sich ebenfalls in Tiere verwandeln können.

Auch später gab es immer wieder Probleme. Bei den Dreharbeiten zu "Heaven's Gate" im Jahr 1980 wurden AHA-Beobachter im Glacier National Park in Montana Berichten zufolge mit vorgehaltener Waffe vom Set ferngehalten. Echte Hahnenkämpfe und ausgeweidete Kühe im Film lösten weltweite Empörung aus. Unter dem Druck der Öffentlichkeit konnte die AHA schliesslich durchsetzen, Drehbücher vorab zu prüfen und unangekündigte Besuche am Set durchzuführen. Ein wichtiger Schritt nach vorn.

Das umstrittene Siegel: Mehr Schein als Sein?

Trotz dieser Fortschritte steht das begehrte "No Animals Were Harmed"-Siegel nun im Zentrum einer heftigen Kontroverse. Auslöser ist ein 14-seitiger Artikel im Branchenblatt "The Hollywood Reporter" mit dem vielsagenden Titel "Animals were harmed!". Der Artikel stützt sich auf Aussagen von sechs anonymen ehemaligen AHA-Angestellten und zeichnet ein düsteres Bild der Organisation. Ihm zufolge sind die Vorwürfe gravierend: Buckelei gegenüber der Industrie, Korruption, Interessenkonflikte und die Vertuschung von Tierquälerei und Todesfällen.

Der Kern der Kritik ist, dass die AHA der Filmindustrie zu nahestehe, um eine wirklich unabhängige Überwachung zu gewährleisten. Es wird behauptet, dass Tiertrainer, die ihre Tiere für Filme zur Verfügung stellen, und die AHA-Prüfer, die sie überwachen sollen, oft Geschäftspartner oder sogar privat befreundet seien. Man kenne sich gut, gehe zusammen trinken – keine ideale Basis für eine objektive Kontrolle. Hinzu kommt der Vorwurf, dass die AHA, die sich aus einem Stiftungsvermögen finanziert, personell zu schwach aufgestellt sei. Die Organisation behauptet, auf rund 2000 Filmsets pro Jahr das Wohlergehen von über 100.000 Tieren sicherzustellen. Die anonymen Zeugen widersprechen dem energisch. Zeit sei am Filmset Geld, und niemand wolle Ärger, niemand mache Ärger, lautet die bittere Bilanz.

Schwere Anschuldigungen und besorgniserregende Beispiele

Der "Hollywood Reporter" untermauert seine Vorwürfe mit zahlreichen Beispielen, die Fragen aufwerfen. Was geschah mit dem Hengst namens Glass, der sich im Juni 2010 am Set des Films "Courage" einen Hinterlauf brach und eingeschläfert werden musste? Warum waren bei den "Chroniken von Narnia" an einem einzigen Tag 14 Pferde nicht arbeitsfähig? Der Artikel fragt, warum die AHA Todesfälle von Tieren bei grossen Produktionen wie "Life of Pi", "War Horse" oder "Der Hobbit" nicht öffentlich gemacht habe. Ein weiterer Vorfall betrifft "Fluch der Karibik". Nach Unterwasserexplosionen am Set wurden grosse Mengen toter Fische an den Strand gespült. Die Kausalität sei schwer zu beweisen gewesen, heisst es, aber der Verdacht liegt nahe. Ebenso beunruhigend ist der Fall, als im Juni 2006 etliche Pferde nach ihrer Arbeit für "There Will Be Blood" starben. Ein anonymer Tippgeber hatte den AHA-Prüfer Tage zuvor gewarnt, dass die Pferde in der trockenen Hitze zu selten und zu kurz getränkt würden.

Wie viele Pferde sind bei den Dreharbeiten zu Ben Hur gestorben?
Böse Erinnerung sind die Zeiten, als ein Pferd durch den Sturz in eine tiefe Schlucht vorsätzlich getötet wurde („Jesse James“, 1937). Als mehr als hundert Pferde bei Schlachtszenen und dem berühmtesten Wagenrennen der Filmgeschichte starben („Ben Hur“, 1959“).28. Nov. 2013

Kürzlich gab es auch einen Vorfall am Set der Serie "Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht", bei dem ein Pferd an Herzversagen starb. Obwohl sowohl ein Tierarzt als auch ein AHA-Vertreter vor Ort waren, bleibt die genaue Ursache unklar. Die AHA verteidigt sich gegen die Kritik und verweist darauf, dass sie laut ihrer Aufgabenstellung nur das Wohlergehen von Tieren überwachen dürfe, während die Kamera läuft. Für die Behandlung der Tiere während des Transports oder in ihren Quartieren sei sie nicht zuständig. Zudem müsse man zwischen Verletzungen durch Unfälle und vorsätzlicher Quälerei oder Fahrlässigkeit unterscheiden. Dies sind zwar formal richtige Einwände, aber sie zeigen auch die Grenzen der AHA-Aufsicht auf.

Die Bedeutung des Siegels – Eine Frage der Interpretation

Eines steht fest: Das Siegel "No Animals Were Harmed" ist bei Weitem nicht so strikt zu verstehen, wie es sich viele Tierschützer wünschen würden. Obwohl der Staat Kalifornien die AHA sogar mit der Befugnis ausgestattet hat, Geldstrafen zu verhängen und Uneinsichtige am Set festzunehmen, hat die Organisation von diesen Befugnissen laut "Hollywood Reporter" nie Gebrauch gemacht. Sicher nicht, weil es keinen Missbrauch gäbe, spottet das Blatt.

Die AHA behauptet bescheiden eine "Sicherheitsbewertung von 99,98 Prozent" für das Siegel. Insider halten diesen Wert für grotesk aufgebläht und nennen ihn "totalen Propaganda-Bullshit". Sie erklären, dass solche Zahlen zustande kämen, indem riesige Mengen an Tieren geschätzt würden, die unversehrt blieben – etwa 10.000 Ameisen oder 25.000 Käfer. Wer wolle schon das Gegenteil beweisen? Diese Darstellung wirft ein Schlaglicht auf die Transparenz der Organisation.

Um ihren Ruf zu schützen, stuft die AHA ihre Siegel ab: "Outstanding", "Acceptable" und "Unacceptable". Zusätzliche Kategorien wie "Special circumstances" deuten darauf hin, dass Tiere angeblich unverschuldet zu Schaden kamen. "Believed acceptable" gesteht ein, dass die Prüfer zu wenig Zeit am Set verbrachten, um eine uneingeschränkte Freigabe zu erteilen. Die Situation könnte sich weiter verschärfen, da die AHA ihre Finanzierung umstellt. Anstatt aus einem Stiftungsvermögen sollen die Prüfer nun direkt aus den Filmbudgets bezahlt werden, was die Abhängigkeit von der Industrie weiter erhöhen könnte.

Reaktionen und Reformen

Die American Humane Association hat die Kritik des "Hollywood Reporter" vehement zurückgewiesen. Sie bezeichnete die Darstellung als "verzerrend" und meinte, sich in dem gezeichneten Bild "überhaupt nicht wiederzuerkennen". Doch gleichzeitig kündigte die Organisation "weitreichende, tiefgreifende Reformen" ihrer Aufsicht an, die sie in vier Punkten ausführlich schilderte. Reformen ohne Bedarf sind äusserst selten. Dies deutet darauf hin, dass die Kritik, auch wenn sie öffentlich zurückgewiesen wurde, intern doch zu einem Umdenken geführt hat. Die AHA betont trotzig, sie sei "extrem stolz" auf 70 Jahre Arbeit für das Wohl von Millionen Tieren.

Wie viele Pferde sind bei den Dreharbeiten zu Ben Hur gestorben?
Böse Erinnerung sind die Zeiten, als ein Pferd durch den Sturz in eine tiefe Schlucht vorsätzlich getötet wurde („Jesse James“, 1937). Als mehr als hundert Pferde bei Schlachtszenen und dem berühmtesten Wagenrennen der Filmgeschichte starben („Ben Hur“, 1959“).28. Nov. 2013

Einige der angekündigten Reformen umfassen strengere Richtlinien. So müssen Produktionen nun beispielsweise die vorherige Genehmigung des Chef-Tierarztes der AHA einholen, bevor sie Welpen und Kätzchen im Alter von 8 bis 16 Wochen am Set einsetzen dürfen. Es wurden auch risikoreiche Pferdestunts verboten und strengere Richtlinien für den Einsatz von Pferden basierend auf deren Alter und Training festgelegt. Eine erfahrene Tiertrainerin bestätigt, dass sich die Sicherheit am Set insgesamt verbessert habe, auch durch Massnahmen wie regelmässige Sicherheitstreffen. Doch die Vorfälle zeigen, dass das System noch nicht perfekt ist.

Alternativen und die Zukunft tierischer Darsteller

Die AHA ist nicht die einzige Organisation, die sich um das Wohl von Tieren am Filmset kümmert. Eine Alternative ist Movie Animals Protected (MAP), gegründet im Jahr 2014. MAP verfolgt das Ziel, die Überwachung transparenter und erschwinglicher zu gestalten. Im Gegensatz zur AHA, die eine tägliche Pauschale verlangt, berechnet MAP einen Stundensatz und überwacht Tiere sowohl vor als auch hinter der Kamera, einschliesslich Transport und Unterbringung. Anstelle eines Siegels verwendet MAP einen Falken als Zeichen für humane Drehpraktiken.

Die Debatte über Tierschutz am Set führt unweigerlich zur Frage, ob nicht computergenerierte Bilder (CGI) die sicherste Option sind. Einige argumentieren, dass nur CGI eine 100%ige Garantie dafür bieten kann, dass kein Tier zu Schaden kommt. Dies mag stimmen, aber CGI ist teuer und für kleinere Produktionen mit vielen Tierszenen oft unerschwinglich. Zudem, so argumentieren Tiertrainer, fehle bei CGI die echte Verbindung und die Emotionen der Tiere. Die einzigartige Interaktion zwischen Mensch und Tier sei nur schwer künstlich zu ersetzen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wie viele Pferde starben bei den Dreharbeiten zu "Ben Hur" (1959)?
Bei den Schlachtszenen und dem berühmten Wagenrennen des Films starben mehr als hundert Pferde.
Was bedeutet das Siegel "No Animals Were Harmed"?
Das Siegel wird von der American Humane Association (AHA) vergeben und soll bestätigen, dass Tiere während der Dreharbeiten gut und human behandelt wurden. Es bedeutet, dass die AHA die Tieraktionen am Set überwacht hat.
Ist das Siegel eine Garantie dafür, dass kein Tier zu Schaden kam?
Nicht unbedingt eine absolute Garantie. Die AHA überwacht primär die Tieraktionen vor laufender Kamera und ist nicht für Transport oder Unterbringung zuständig. Es gab in der Vergangenheit Vorwürfe der Vertuschung und Beispiele für Tierverletzungen oder Todesfälle trotz Anwesenheit von AHA-Prüfern.
Wer überwacht das Wohl der Tiere am Filmset?
Hauptsächlich die American Humane Association (AHA). Es gibt aber auch alternative Organisationen wie Movie Animals Protected (MAP).
Können Tiere am Set verletzt werden, auch wenn sie überwacht werden?
Ja, Unfälle können passieren. Es gab Berichte über Verletzungen und Todesfälle von Tieren am Set, auch wenn ein AHA-Vertreter anwesend war. Die Überwachung soll Risiken minimieren, kann aber nicht alle Zwischenfälle ausschliessen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Thema Tierschutz in Hollywood komplex ist. Während die American Humane Association viel erreicht hat und die Bedingungen im Vergleich zur Vergangenheit deutlich besser sind, zeigen die jüngsten Kontroversen und Beispiele, dass das System Schwachstellen aufweist. Die Vorwürfe der zu grossen Nähe zur Industrie und mangelnden Transparenz wiegen schwer. Obwohl die AHA Reformen angekündigt hat, bleibt abzufeuern, wie effektiv diese sein werden und ob das Vertrauen in das "No Animals Were Harmed"-Siegel wiederhergestellt werden kann. Die Debatte über die Rolle von Tieren im Film und die Frage, ob CGI eine ethischere Alternative darstellt, wird Hollywood und Tierschützer wohl weiterhin beschäftigen.

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Andenmatten Soltermann

Hallo! Ich bin Andenmatten Soltermann, ein Schweizer Fotograf, der leidenschaftlich die Essenz der Welt durch seine Linse einfängt. Geboren und aufgewachsen in den majestätischen Schweizer Alpen, haben die deutsche Sprache und atemberaubende Landschaften meine kreative Vision geprägt. Meine Liebe zur Fotografie begann mit einer alten analogen Kamera, und seitdem widme ich mein Leben der Kunst, visuelle Geschichten zu erzählen, die berühren und verbinden.In meinem Blog teile ich praktische Tipps, Techniken und Erfahrungen, um dir zu helfen, deine fotografischen Fähigkeiten zu verbessern – egal, ob du ein neugieriger Anfänger oder ein erfahrener Profi bist. Von der Beherrschung des natürlichen Lichts bis hin zu Ratschlägen für wirkungsvolle Bildkompositionen ist es mein Ziel, dich zu inspirieren, die Welt mit neuen Augen zu sehen. Mein Ansatz verbindet Technik mit Leidenschaft, immer auf der Suche nach dem Funken, der ein Foto unvergesslich macht.Wenn ich nicht hinter der Kamera stehe, findest du mich auf Bergpfaden, auf Reisen nach neuen Perspektiven oder beim Genießen der Schweizer Traditionen, die mir so am Herzen liegen. Begleite mich auf dieser visuellen Reise und entdecke, wie Fotografie die Art und Weise, wie du die Welt siehst, verändern kann.

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