Michel Polnareff ist eine der schillerndsten und rätselhaftesten Figuren der französischen Musikszene. Bekannt für seine unverwechselbare Stimme, seine eingängigen Melodien und vor allem für sein ikonisches Erscheinungsbild mit der markanten Lockenpracht und der stets präsenten weißen Sonnenbrille, hat Polnareff über Jahrzehnte hinweg Musikgeschichte geschrieben. Doch sein Leben war ebenso turbulent wie seine Karriere, geprägt von frühen Erfolgen, persönlichen Tragödien, langem Exil und einem späten, triumphalen Comeback. Viele fragen sich: Was macht Michel Polnareff heute?

Frühe Jahre: Ein Leben für die Musik gegen Widerstände
Geboren in eine musikalische Familie – sein Vater Léo Poll war ein russischer Exilkomponist und Jazzpianist, seine Mutter Simone Lane eine bretonische Tänzerin – wurde Michel Polnareffs Talent früh erkannt. Schon mit vier Jahren begann eine strenge klassische Ausbildung am Klavier. Doch diese Kindheit war überschattet vom Despotismus seines Vaters, der hohe Erwartungen hatte und wenig Rücksicht auf die kindlichen Bedürfnisse nahm, wie Polnareff später in seiner Autobiographie schilderte. Trotz des Drucks zeigte er am Conservatoire National de Région de Paris sein Talent und gewann mit elf Jahren den ersten Preis im Fach Musiklehre.
Nach dem Abitur versuchte Polnareff zunächst, den Erwartungen seines Vaters gerecht zu werden. Er leistete seinen Militärdienst ab, wo er immerhin Pauke im Orchester spielte, und arbeitete danach kurzzeitig bei einer Versicherung und einer Bank. Doch die Spannungen im Elternhaus nahmen zu, bis er 1964 schließlich einen radikalen Schnitt machte und von zu Hause auszog. In Montmartre fand er Anschluss an die Beatniks, wechselte vom Klavier zur Gitarre und schlug sich als Straßenmusiker durch. Ein entscheidender Moment war 1965 der Gewinn eines Wettbewerbs im Lokomotivclub, der ihm einen Plattenvertrag mit Barclay in Aussicht stellte. Polnareff sah sich jedoch zunächst als Komponist, nicht als Interpret seiner eigenen Lieder. Erst der Rat von Noel „Paul“ Stookey vom Trio Peter, Paul and Mary überzeugte ihn, seine Werke selbst zum Leben zu erwecken.

Der Durchbruch und die Erfolgsjahre: Hits, Skandale und die Bühne
Durch die Vermittlung seines Schulfreundes Gérard Woog kam Michel Polnareff in Kontakt mit Lucien Morisse, dem einflussreichen Programmchef von Europe 1. Morisse erkannte Polnareffs Potenzial und brachte ihn dazu, einen Vertrag mit dem Label Disc’AZ zu unterschreiben. Er wurde Polnareffs Manager und ebnete den Weg für seine erste Plattenaufnahme. Mit der Veröffentlichung von „La poupée qui fait non“ im Jahr 1966 gelang ihm auf Anhieb ein riesiger Erfolg, der auch international Beachtung fand. Polnareff lehnte es ab, seinen Namen für den englischsprachigen Markt zu ändern, und bestand darauf, seine Aufnahmen – wegen der besseren technischen Möglichkeiten – in London zu machen. Dort traf er auf Studiomusiker von Weltrang wie Jimmy Page, John Paul Jones und Big Jim Sullivan.
Nur wenig später folgte die zweite Single, „Love Me, Please Love Me“, die mit einem langen, klassisch inspirierten Klavier-Intro begann. Doch es war die B-Seite, „L’amour avec toi“, die für Aufsehen sorgte. Das Lied thematisierte Sexualität so offen, dass es von den Radiostationen erst nach 22 Uhr gespielt werden durfte – ein Tabubruch für die damalige Zeit, der Polnareff schnell den Ruf des Provozierenden einbrachte.
1967 stand Polnareff zum ersten Mal auf der Bühne des legendären Pariser Olympia, als Vorgruppe der Beach Boys, begleitet von Big Jim Sullivan. In Deutschland eröffnete er Konzerte für Marianne Faithfull und lernte dabei Mick Jagger kennen. In Belgien trat er mit Jeff Beck auf. In dieser Zeit entstanden weitere bekannte Titel wie „Âme Câline“, dessen Melodie er angeblich einem Vogel ablauschte, die neoromantische Ballade „Le Bal des Laze“ und das energiegeladene Country-Stück „Y’a qu’un cheveu“. Gleichzeitig komponierte er Musik für das Rabelais-Stück des französischen Regisseurs Jean-Louis Barrault. Ein weiterer wichtiger Kontakt war die Produzentin Annie Fargue, die das Musical Hair nach Paris brachte. Sie wurde zu seiner Mentorin und blieb bis zu ihrem Tod 2011 seine Geschäftspartnerin.
Im Jahr 1970 stand Michel Polnareff mit einer eigenen Show im Olympia und ging anschließend auf Tournee durch Frankreich. Ein traumatisches Ereignis ereignete sich am 4. Juni in Rueil-Malmaison, als er auf der Bühne körperlich angegriffen wurde. Dieses Erlebnis stürzte ihn in eine schwere Depression. Wenige Monate später, am 11. September 1970, beging sein Manager Lucien Morisse Selbstmord. Polnareff widmete ihm das bewegende Chanson „Qui a tué Grand’ Maman?“. Mit seinem Lied „Je suis un homme“ trat Polnareff Gerüchten über seine sexuelle Orientierung selbstbewusst und humorvoll entgegen und festigte sein Image als schillernder Freigeist.
Exil in den USA und die Rückkehr: Steuerstreit und Neuanfänge
Bis in die 1970er Jahre hinein verkaufte Michel Polnareff Millionen von Tonträgern und war ein Superstar. Doch 1973 sah er sich gezwungen, Frankreich wegen erheblicher Steuerschulden zu verlassen und sich in die USA abzusetzen. Polnareff hatte die finanzielle Verwaltung seiner Karriere einem Manager überlassen und wurde offenbar betrogen. Nach jahrelangen Prozessen vor französischen Gerichten wurde er schließlich von den Vorwürfen freigesprochen.
Während seines Exils in den USA lebte Polnareff zurückgezogen, blieb aber musikalisch aktiv. Erst 1985 kehrte er für einige Jahre nach Frankreich zurück. Er zog zunächst in das kleine Dorf Fontenay-Trésigny und später in das Pariser Hotel Le Royal Monceau, wo er sein Album „Kama-Sutra“ produzierte. Ein Comeback-Versuch mit dem Album „Incognito“ blieb jedoch relativ erfolglos und er zog sich erneut weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück.
Im Jahr 2004 spürten ihn Reporter der Zeitschrift Paris Match in der Nähe von Los Angeles auf. Er lebte dort anonym, hatte aber 1995 ein Konzert im legendären The Roxy in Los Angeles gegeben, von dem ein Mitschnitt existiert. Dies zeigte, dass die Musik immer ein Teil seines Lebens blieb, auch fernab des großen Rampenlichts.
Die Gegenwart und das späte Comeback: Musik, Freundschaften und persönliche Wendungen
Auch heute ist Michel Polnareff weiterhin musikalisch aktiv, sowohl als Produzent als auch in privatem Kontakt mit bekannten Musikern. Anekdotisch erwähnte er, dass er in seinen früheren Jahren in Los Angeles sogar als Mittelstürmer in einer Hobby-Fußballmannschaft spielte, in der auch Größen wie Rod Stewart und Elton John aktiv waren – ein weiteres Beispiel für sein ungewöhnliches Leben und seine interessanten Bekanntschaften.
Die jüngere Generation von Musikern ehrt Polnareff ebenfalls. Im Jahr 2003 veröffentlichte der französische Künstler Pascal Obispo eine Doppel-CD mit dem Titel „Fan“, die Polnareff gewidmet war und Coverversionen seiner bekanntesten Songs enthielt. 2006 folgte eine CD der französischen Castingshow Star Academy mit 14 Polnareff-Titeln, was seine anhaltende Relevanz unter Beweis stellte.
Das wohl bemerkenswerteste Ereignis der jüngeren Zeit war sein triumphales Comeback im Jahr 2007. Nach 34 Jahren Abwesenheit von den großen Bühnen Europas ging Polnareff auf eine ausverkaufte Tournee durch Frankreich und Belgien. Die Fans feierten ihn euphorisch. Am 7. Dezember 2007 erschien der Mitschnitt eines Konzertes aus Bercy, der in den französischen Charts bis auf Platz 13 kletterte – ein eindrucksvoller Beweis, dass Polnareffs Musik nichts von ihrer Anziehungskraft verloren hat.
Im Jahr 2010 gab es Nachrichten über ein neues Album und im Dezember desselben Jahres wurde Polnareff erstmals Vater eines Sohnes, zusammen mit seiner langjährigen Freundin Danyellah. Persönliche Turbulenzen folgten jedoch im Februar 2011, als Polnareff öffentlich bekannt gab, dass das Kind nicht von ihm sei. Solche privaten Einblicke zeigen, dass das Leben des Künstlers auch im fortgeschrittenen Alter von unvorhergesehenen Wendungen geprägt ist.
Das Markenzeichen: Locken, Brille und die ikonische Erscheinung
Neben seiner markanten Lockenfrisur ist Michel Polnareffs wohl bekanntestes Attribut das Tragen einer weißen Sonnenbrille. Dieses Accessoire wurde zu seinem unverkennbaren Markenzeichen, das ihn von anderen Künstlern abhob und zu einer Ikone machte. Interessanterweise war die Brille anfangs nicht nur ein modisches Statement, sondern aus medizinischen Gründen notwendig geworden. Polnareff litt unter einem schweren Augenleiden, das die Brille zum Schutz und zur Linderung erforderlich machte.
Trotz der Notwendigkeit entwickelte sich die Brille schnell zu einem integralen Bestandteil seiner Bühnenpersönlichkeit und seines öffentlichen Images. Sie verlieh ihm eine Aura des Mysteriösen und Exzentrischen, die perfekt zu seiner Musik passte. Erst 1994 unterzog sich Polnareff einer erfolgreichen Operation, die ihm das Augenlicht rettete. Obwohl die medizinische Notwendigkeit entfiel, behielt er die wei Brille als Teil seiner Identität bei – ein Symbol für seine Karriere, seine Widerstandsfähigkeit und seinen einzigartigen Stil, der Generationen von Fans begeistert hat und weiterhin begeistert.
Hat dich der Artikel Michel Polnareff: Die Ikone lebt interessiert? Schau auch in die Kategorie Ogólny rein – dort findest du mehr ähnliche Inhalte!