Wie groß ist der Blickwinkel einer Kamera?

Der Blickwinkel deiner Kamera erklärt

Rating: 4.11 (3174 votes)

In der Welt der Fotografie gibt es viele technische Begriffe, die auf den ersten Blick komplex erscheinen mögen, deren Verständnis aber entscheidend für die Bildgestaltung ist. Einer dieser zentralen Begriffe ist der Blickwinkel oder Bildwinkel. Er bestimmt maßgeblich, wie viel von einer Szene Ihre Kamera erfasst und wie Objekte innerhalb dieses Rahmens zueinander in Beziehung stehen.

Wie rechne ich die Brennweite aus?
1/f = 1/b + 1/g Da die Brennweite (f) in Millimetern angegeben wird, sollten die Gegenstandsweite (g) und die Bildweite (b) in gleicher Maßeinheit verwendet werden. In dieser Formel bezeichnet g den Abstand zwischen Motiv und Linse. b definiert den Abstand zwischen Linse und Kamerasensor.

Der Blickwinkel ist im Grunde der Kegel des Lichts, der von der Szene vor der Kamera kommt und durch das Objektiv auf den Sensor oder Film projiziert wird. Die Größe dieses Kegels – und damit der Blickwinkel – hängt von zwei Hauptfaktoren ab: der Brennweite des Objektivs und der Größe des Aufnahmemediums (Sensor oder Film).

Grundlagen: Was ist der Bildwinkel?

Der Bildwinkel beschreibt den Winkelbereich einer Szene, der von einem Objektiv auf dem Sensor oder Film erfasst wird. Er wird typischerweise in Grad gemessen. Ein großer Bildwinkel erfasst einen breiten Bereich der Szene (Weitwinkel), während ein kleiner Bildwinkel nur einen engen Ausschnitt zeigt (Tele). Dies ist der Grund, warum Weitwinkelobjektive für Landschafts- oder Architekturaufnahmen verwendet werden, bei denen viel von der Umgebung auf das Bild soll, während Teleobjektive sich für Porträts oder Tierfotografie eignen, um ein Motiv zu isolieren oder weit entfernte Objekte nah heranzuholen.

Es ist wichtig zu verstehen, dass der Bildwinkel nicht allein von der Brennweite des Objektivs abhängt. Eine 50mm-Linse hat nicht immer den gleichen Bildwinkel, da dieser auch von der Größe des Sensors beeinflusst wird, auf den das Bild projiziert wird. Eine Linse mit einer bestimmten Brennweite projiziert einen Lichtkreis (den Bildkreis). Nur der Teil dieses Bildkreises, der auf den Sensor fällt, wird tatsächlich aufgezeichnet. Ein größerer Sensor erfasst einen größeren Teil des Bildkreises und damit einen größeren Winkel der Szene als ein kleinerer Sensor bei gleicher Brennweite.

Die Formel hinter dem Blickwinkel

Für Objektive, die ein verzeichnungsfreies (rektilineares) Bild von weit entfernten Objekten projizieren, kann der Bildwinkel (α) mit einer einfachen trigonometrischen Formel berechnet werden:

α = 2 * arctan(d / 2f)

In dieser Formel steht d für die Abmessung des Sensors oder Films in der Richtung, für die der Winkel berechnet wird (z.B. Breite, Höhe oder Diagonale), und f steht für die effektive Brennweite des Objektivs. Für Objekte in großer Entfernung ist die effektive Brennweite f praktisch gleich der auf dem Objektiv angegebenen Nennbrennweite F. Die Formel zeigt deutlich, dass der Bildwinkel umso kleiner wird, je größer die Brennweite (f) ist, und umso größer, je größer die Sensorabmessung (d) ist.

Horizontal, Vertikal, Diagonal: Verschiedene Blickwinkel

Da die meisten Sensoren oder Filmformate rechteckig sind, unterscheidet sich der Bildwinkel je nachdem, ob er horizontal (von linker zu rechter Bildkante), vertikal (von oberer zu unterer Bildkante) oder diagonal (von einer Ecke zur gegenüberliegenden) gemessen wird.

Für das standardmäßige Kleinbildformat (35mm Film oder Vollformat-Sensor) mit den Abmessungen 36 mm × 24 mm und einer Diagonale von ca. 43,3 mm ergeben sich für ein 50mm Objektiv (f=50mm bei Fokus auf Unendlich) die folgenden Winkel:

  • Horizontal: αh = 2 * arctan(36 / (2 * 50)) ≈ 39,6°
  • Vertikal: αv = 2 * arctan(24 / (2 * 50)) ≈ 27,0°
  • Diagonal: αd = 2 * arctan(43,3 / (2 * 50)) ≈ 46,8°

Der diagonale Bildwinkel ist oft der größte Winkel, den ein Objektiv auf einem rechteckigen Format abdecken kann und wird daher gerne zum Vergleich von Objektiven oder Formaten herangezogen.

Der "normale" Blickwinkel

In der Fotografie spricht man oft von einem "Normalobjektiv" oder einer "Normalbrennweite". Dies ist eine Brennweite, deren Bildwinkel ungefähr dem Sehwinkel des menschlichen Auges entspricht, wenn wir uns auf ein Objekt konzentrieren und die Umgebung wahrnehmen, ohne die Augen zu bewegen. Dieser Winkel liegt oft im Bereich von 40° bis 55°. Für das Kleinbildformat (36x24mm) hat sich eine Brennweite von 50mm als Normalbrennweite etabliert, deren diagonaler Bildwinkel von ca. 46,8° gut in diesen Bereich passt. Fotos, die mit einem Normalobjektiv aufgenommen werden, wirken oft sehr natürlich in ihrer Perspektive.

Der Einfluss des Sensorformats (Crop-Faktor)

Digitale Sensoren gibt es in vielen verschiedenen Größen. Die häufigsten sind das Vollformat (entspricht in etwa dem Kleinbildformat), APS-C (verschiedene Größen je nach Hersteller, z.B. Canon ca. 22,3 x 14,9mm, Nikon/Sony ca. 23,6 x 15,6mm) und kleinere Sensoren in Kompaktkameras oder Smartphones.

Da der Bildwinkel von der Sensorgröße abhängt, hat ein Objektiv mit fester Brennweite auf einem kleineren Sensor einen engeren Bildwinkel als auf einem größeren Sensor. Dies wird oft durch den sogenannten Crop-Faktor beschrieben. Der Crop-Faktor gibt an, um welchen Faktor die Sensorgröße (typischerweise im Vergleich zum Vollformat) kleiner ist. Zum Beispiel hat ein APS-C Sensor von Canon einen Crop-Faktor von ca. 1,6. Das bedeutet, dass eine 50mm-Linse auf einer APS-C-Kamera einen ähnlichen Bildwinkel hat wie eine 50mm * 1,6 = 80mm-Linse auf einer Vollformatkamera.

Es ist wichtig zu verstehen, dass der Crop-Faktor nicht die tatsächliche Brennweite des Objektivs ändert. Eine 50mm-Linse ist und bleibt eine 50mm-Linse, unabhängig davon, an welcher Kamera sie montiert ist. Der Crop-Faktor beschreibt lediglich, wie sich der Blickwinkel im Vergleich zum Standard (Vollformat) verhält.

Welchen Winkel haben Überwachungskameras?
Das Sichtfeld einer Überwachungskamera bezieht sich auf den Winkel, den sie abdecken kann. Es wird in der Regel in Grad gemessen und beschreibt den Winkel, den die Kamera überwachen kann. Die meisten Überwachungskameras von Hikvision haben ein Sichtfeld von etwa 90-110°.

Hier ist eine Tabelle, die den diagonalen Bildwinkel für verschiedene Brennweiten auf Vollformat und einem typischen APS-C Sensor (Crop-Faktor ca. 1.6, wie bei Canon) vergleicht:

Brennweite (mm)Bildwinkel Diagonal Vollformat (°)Bildwinkel Diagonal APS-C (°)
10130.4106.5
14114.287.2
2094.567.4
2484.158.1
3563.441.7
5046.829.9
8528.617.8
10523.314.5
20012.37.6
4006.23.8

Diese Tabelle verdeutlicht, wie dramatisch sich der Bildwinkel bei gleicher Brennweite zwischen verschiedenen Sensorformaten unterscheiden kann.

Blickwinkel in der Makrofotografie

Die obige Formel für den Bildwinkel geht davon aus, dass auf unendlich fokussiert wird, d.h. die effektive Brennweite f ist gleich der Nennbrennweite F. In der Makrofotografie, wo Objekte sehr nah an der Linse sind, muss der Fokuspunkt weiter vom Objektiv entfernt liegen (die Bildweite b ist größer als die Brennweite f). Die effektive Brennweite f, die in der Formel verwendet werden muss, entspricht in diesem Fall der Bildweite b. Die Formel wird zu:

α_eff = 2 * arctan(d / 2b)

Da die Bildweite b in der Makrofotografie größer ist als die Nennbrennweite F (gemäß der Linsengleichung und dem Abbildungsmaßstab), wird der effektive Blickwinkel in der Makrofotografie bei gleicher Brennweite *kleiner* als bei Fokus auf Unendlich. Dies ist ein wichtiger Punkt, der oft übersehen wird.

Sichtfeld (Field of View) vs. Bildwinkel

Manchmal werden die Begriffe Bildwinkel und Sichtfeld (Field of View, FOV) synonym verwendet. Genau genommen beschreibt der Bildwinkel den Winkel, während das Sichtfeld den tatsächlichen Bereich (die Fläche) in der Szene bezeichnet, der durch diesen Winkel abgedeckt wird. Bei einem gegebenen Bildwinkel ist das Sichtfeld in größerer Entfernung entsprechend größer als in geringerer Entfernung. Die Messung des Sichtfelds kann komplex sein, insbesondere bei speziellen Objektiven oder Systemen, wo die Brennweite nicht bekannt ist.

Wie beeinflusst man den Bildwinkel?

Als Fotograf haben Sie mehrere Möglichkeiten, den Bildwinkel zu beeinflussen und damit die Bildkomposition zu steuern:

  • Wahl der Brennweite: Dies ist die gebräuchlichste Methode. Weitwinkelobjektive (kurze Brennweite) für große Winkel, Teleobjektive (lange Brennweite) für kleine Winkel. Zoomobjektive bieten hier Flexibilität.
  • Wahl des Sensorformats: Eine Kamera mit einem kleineren Sensor führt bei gleicher Brennweite zu einem engeren Bildwinkel (höherer effektiver Brennweitenfaktor).
  • Bildbeschnitt (Cropping): Nach der Aufnahme kann ein Bild zugeschnitten werden, was effektiv den Blickwinkel reduziert und nur einen kleineren Teil der ursprünglich erfassten Szene zeigt.
  • Stitching: Mehrere Aufnahmen mit kleinerem Bildwinkel können zu einem Panorama zusammengefügt werden, um künstlich einen sehr großen Bildwinkel zu erzeugen.

Neben diesen Hauptfaktoren können auch Objektivkonstruktion (z.B. Fischaugenobjektive mit extremer Verzeichnung, die Winkel über 180° abbilden) und die optische Qualität des Objektivs (Abbildungsfehler können den *nutzbaren* Bildwinkel einschränken) eine Rolle spielen.

Häufig gestellte Fragen zum Blickwinkel

Was ist der Unterschied zwischen Brennweite und Bildwinkel?
Die Brennweite ist eine Eigenschaft des Objektivs, ein fester Wert (z.B. 50mm). Der Bildwinkel ist der Winkelbereich der Szene, der auf dem Sensor erfasst wird. Dieser hängt von der Brennweite *und* der Sensorgröße ab. Eine 50mm-Linse hat also je nach Kamera (Sensorgröße) einen unterschiedlichen Bildwinkel.

Ändert der Crop-Faktor die Brennweite meines Objektivs?
Nein. Der Crop-Faktor ändert nicht die physikalische Brennweite des Objektivs. Er beschreibt lediglich, wie sich der Bildwinkel im Vergleich zu einer Vollformatkamera verhält, da der kleinere Sensor nur einen Ausschnitt des Bildkreises erfasst. Eine 50mm-Linse bleibt eine 50mm-Linse, egal ob sie an einer Vollformat- oder einer APS-C-Kamera montiert ist.

Warum haben Weitwinkelobjektive eine kurze Brennweite und Teleobjektive eine lange?
Gemäß der Formel α = 2 * arctan(d / 2f) ist der Bildwinkel umgekehrt proportional zur Brennweite (f). Eine kürzere Brennweite führt zu einem größeren Nenner im Argument der Arkustangensfunktion, was einen größeren Winkel ergibt. Eine längere Brennweite führt zu einem kleineren Winkel.

Beeinflusst der Abstand zum Motiv den Bildwinkel?
Der Abstand zum Motiv beeinflusst nicht den Bildwinkel der Kamera (der durch Brennweite und Sensorgröße bestimmt ist). Er beeinflusst aber den *Sehwinkel* des Motivs – also wie groß das Motiv aus dieser Entfernung erscheint. Um ein Motiv aus unterschiedlichen Entfernungen gleich groß im Bild abzubilden, müssen Sie den Bildwinkel anpassen, typischerweise durch Ändern der Brennweite.

Ist der Bildwinkel bei Makrofotografie anders?
Ja. Bei Makrofotografie wird auf sehr kurze Distanzen fokussiert, wodurch die Bildweite (Abstand Linse-Sensor) deutlich größer ist als die Nennbrennweite. Da der effektive Bildwinkel von der Bildweite abhängt, wird er in der Makrofotografie kleiner als bei Fokus auf Unendlich mit demselben Objektiv. Der Bildausschnitt wird also enger.

Fazit

Das Verständnis des Blickwinkels ist fundamental für die Fotografie. Er ist die Brücke zwischen Ihrem Objektiv, dem Sensor Ihrer Kamera und der Szene, die Sie einfangen möchten. Die Brennweite des Objektivs und die Größe des Sensors sind die entscheidenden Faktoren, die bestimmen, wie viel von der Welt vor Ihnen auf Ihrem Bild landet. Durch die bewusste Wahl von Objektiv und Kameraformat können Sie den Bildwinkel steuern und somit die Komposition, die Perspektive und die Wirkung Ihrer Bilder gezielt gestalten. Egal, ob Sie weite Landschaften oder isolierte Details fotografieren möchten, der richtige Bildwinkel ist Ihr wichtigstes Werkzeug.

Hat dich der Artikel Der Blickwinkel deiner Kamera erklärt interessiert? Schau auch in die Kategorie Fotografie rein – dort findest du mehr ähnliche Inhalte!

Avatar photo

Andenmatten Soltermann

Hallo! Ich bin Andenmatten Soltermann, ein Schweizer Fotograf, der leidenschaftlich die Essenz der Welt durch seine Linse einfängt. Geboren und aufgewachsen in den majestätischen Schweizer Alpen, haben die deutsche Sprache und atemberaubende Landschaften meine kreative Vision geprägt. Meine Liebe zur Fotografie begann mit einer alten analogen Kamera, und seitdem widme ich mein Leben der Kunst, visuelle Geschichten zu erzählen, die berühren und verbinden.In meinem Blog teile ich praktische Tipps, Techniken und Erfahrungen, um dir zu helfen, deine fotografischen Fähigkeiten zu verbessern – egal, ob du ein neugieriger Anfänger oder ein erfahrener Profi bist. Von der Beherrschung des natürlichen Lichts bis hin zu Ratschlägen für wirkungsvolle Bildkompositionen ist es mein Ziel, dich zu inspirieren, die Welt mit neuen Augen zu sehen. Mein Ansatz verbindet Technik mit Leidenschaft, immer auf der Suche nach dem Funken, der ein Foto unvergesslich macht.Wenn ich nicht hinter der Kamera stehe, findest du mich auf Bergpfaden, auf Reisen nach neuen Perspektiven oder beim Genießen der Schweizer Traditionen, die mir so am Herzen liegen. Begleite mich auf dieser visuellen Reise und entdecke, wie Fotografie die Art und Weise, wie du die Welt siehst, verändern kann.

Go up