Viele Fotografie-Enthusiasten, besonders jene, die sich dem Festhalten kleinster Details widmen, stoßen früher oder später auf eine Frage, die auf den ersten Blick verwirrend erscheinen mag: Warum sprechen wir von „Makrofotografie“, wenn wir winzige Insekten, Tautropfen oder Strukturen abbilden, die doch eigentlich „mikro“ – also sehr klein – sind? Die intuitive Annahme wäre, dass es um die Größe des Motivs geht. Doch in der Fotografie bezieht sich die Terminologie auf etwas anderes, nämlich auf den Grad der Vergrößerung, genauer gesagt, auf den Abbildungsmaßstab.

Um diesen scheinbaren Widerspruch aufzulösen, müssen wir die Definitionen von Makro- und Mikrofotografie im fotografischen Kontext genau betrachten. Es geht nicht primär darum, wie klein das Objekt in der Realität ist, sondern wie groß es auf dem Sensor oder Film der Kamera abgebildet wird.
Was bedeutet Abbildungsmaßstab?
Der Abbildungsmaßstab beschreibt das Verhältnis zwischen der Größe des Objekts in der Realität und der Größe seines Bildes auf dem Sensor oder Film. Ein Maßstab von 1:1 bedeutet beispielsweise, dass ein Objekt von 1 cm Größe genau 1 cm groß auf dem Sensor abgebildet wird. Ein Maßstab von 1:2 würde bedeuten, dass ein 1 cm großes Objekt nur 0,5 cm groß auf dem Sensor erscheint, während ein Maßstab von 2:1 bedeutet, dass das 1 cm große Objekt 2 cm groß auf dem Sensor abgebildet wird.
Makrofotografie: Wenn das Kleine groß wird
Die Makrofotografie ist definiert durch einen Abbildungsmaßstab, der typischerweise bei 1:1 beginnt und darüber hinausgeht, also 2:1, 5:1 oder sogar mehr. Das bedeutet, dass das Bild des Objekts auf dem Sensor mindestens so groß ist wie das Objekt selbst in der Realität. In der Makrofotografie geht es darum, kleine Motive wie Insekten, Blüten, Texturen, Münzen, Briefmarken oder elektronische Bauteile detailreich und lebensgroß oder sogar größer als lebensgroß abzubilden.
Die Bezeichnung „Makro“ kommt vom griechischen Wort „makros“ (μακρός), was „groß“ bedeutet. Dies bezieht sich nicht auf die Größe des fotografierten Objekts, sondern auf die Größe des Bildes des Objekts auf dem Aufnahmemedium (Sensor/Film) im Verhältnis zur tatsächlichen Größe des Objekts. Ein winziger Käfer kann auf dem Sensor „groß“ – sprich, lebensgroß oder größer – abgebildet werden. Daher der Name Makro-Fotografie.
Typische Ausrüstung für Makrofotografie
Um solch hohe Abbildungsmaßstäbe zu erreichen, benötigt man spezielle Ausrüstung:
- Makro-Objektive: Diese sind speziell konstruiert, um bei sehr kurzen Aufnahmeabständen eine hohe Bildqualität und einen Abbildungsmaßstab von mindestens 1:1 zu ermöglichen. Viele moderne Makro-Objektive bieten sogar höhere Maßstäbe wie 2:1 oder 5:1.
- Zwischenringe: Diese werden zwischen Kamera und Objektiv montiert und vergrößern den Abstand zwischen Objektiv und Sensor, was den minimalen Fokusabstand verringert und den Abbildungsmaßstab erhöht. Sie können auch mit normalen Objektiven verwendet werden.
- Nahlinsen: Ähnlich wie Filter werden sie vor das Objektiv geschraubt und wirken wie eine Lupe, die den Fokusabstand verkürzt und den Abbildungsmaßstab erhöht. Die Bildqualität kann jedoch im Vergleich zu echten Makro-Objektiven beeinträchtigt sein, insbesondere an den Rändern.
- Umkehrringe: Ermöglichen es, ein Standardobjektiv (insbesondere Weitwinkelobjektive) verkehrt herum an die Kamera zu montieren. Dies ermöglicht sehr hohe Abbildungsmaßstäbe, oft sogar über 1:1, kann aber die Steuerung von Blende und Fokus erschweren.
Eine reine Nahaufnahme, bei der ein Objekt einfach nur aus geringer Distanz fotografiert wird, ist nicht automatisch Makrofotografie. Nur wenn der Abbildungsmaßstab 1:1 oder größer erreicht wird, spricht man streng genommen von Makrofotografie.
Mikrofotografie: Die Welt unter dem Mikroskop
Im Gegensatz dazu bezieht sich die Mikrofotografie auf das Fotografieren von Objekten, die so klein sind, dass sie mit bloßem Auge nicht oder nur schwer erkennbar sind und deren Betrachtung eine Vergrößerung durch ein Mikroskop erfordert. Die Objekte werden hierbei typischerweise mit Vergrößerungen von 10:1, 100:1, 400:1 oder sogar 1000:1 und mehr abgebildet. Es geht um Zellen, Bakterien, Feinstrukturen von Materialien oder andere mikroskopische Objekte.
Die Bezeichnung „Mikro“ kommt vom griechischen Wort „mikros“ (μικρός), was „klein“ bedeutet. Hier bezieht sich die Terminologie auf die Größe des Objekts, das so klein ist, dass es ein Mikroskop benötigt, um überhaupt sichtbar und fotografierbar zu sein. Die Fotografie erfolgt also durch das Mikroskop.
Ausrüstung für Mikrofotografie
Die Hauptausrüstung für die Mikrofotografie ist das Mikroskop selbst. Eine Kamera wird über einen speziellen Adapter an das Okular oder einen separaten Tubus des Mikroskops angeschlossen. Die Optik des Mikroskops (Objektive und Okulare) liefert die extrem hohe Vergrößerung, die für die Darstellung der mikroskopischen Strukturen notwendig ist.
Der Knackpunkt: Abbildungsmaßstab und Werkzeug
Die Verwirrung entsteht oft, weil wir im Alltag „makro“ mit „groß“ und „mikro“ mit „klein“ verbinden und dies intuitiv auf die Größe des fotografierten Objekts anwenden. In der Fotografie ist die Logik jedoch anders:
- Makro: Macht ein kleines Objekt auf dem Sensor/Film groß (lebensgroß oder größer). Erfordert spezialisierte Kameraobjektive.
- Mikro: Fotografiert ein kleines Objekt (das nur unter dem Mikroskop sichtbar ist) mithilfe eines Mikroskops.
Der Unterschied liegt also im erreichten Abbildungsmaßstab und dem dafür verwendeten Werkzeug. Makrofotografie bewegt sich im Bereich von 1:1 bis etwa 10:1 (in extremen Fällen), während Mikrofotografie bei Vergrößerungen beginnt, wo Makrofotografie aufhört, und weit darüber hinausgeht, oft um ein Vielfaches.
Vergleichstabelle: Makrofotografie vs. Mikrofotografie
Merkmal | Makrofotografie | Mikrofotografie |
---|---|---|
Abbildungsmaßstab | Typischerweise 1:1 bis ca. 10:1 | Typischerweise ab 10:1 bis 1000:1 und höher |
Benötigte Ausrüstung | Kamera mit Makro-Objektiv, Zwischenringen, Nahlinsen etc. | Mikroskop mit Kamera-Adapter |
Typische Motive | Insekten, Blüten, Texturen, Münzen, Briefmarken, kleine Objekte | Zellen, Gewebe, Mikroorganismen, Kristalle, Materialstrukturen |
Terminologie-Herkunft | Bezieht sich auf die Größe des Bildes auf dem Sensor relativ zum Objekt (macht das Kleine auf dem Sensor groß) | Bezieht sich auf die Größe des Objekts, das ein Mikroskop benötigt (fotografiert durch ein Mikroskop) |
Erreichbare Details | Feine Details, Strukturen, Oberflächen | Zelluläre oder subzelluläre Details, interne Strukturen |
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Frage: Ist jede Nahaufnahme automatisch Makrofotografie?
Antwort: Nein. Eine Nahaufnahme ist lediglich ein Foto, das aus geringer Entfernung aufgenommen wurde. Nur wenn diese Nahaufnahme einen Abbildungsmaßstab von 1:1 oder größer erreicht, handelt es sich um Makrofotografie im strengen Sinne.
Frage: Kann ich mit meinem Kit-Objektiv Makrofotografie betreiben?
Antwort: Die meisten Kit-Objektive sind nicht für echte Makrofotografie ausgelegt und erreichen keinen 1:1 Maßstab. Sie können oft gute Nahaufnahmen machen, aber für echte Makro-Ergebnisse benötigen Sie spezialisierte Ausrüstung wie ein Makro-Objektiv oder Zwischenringe.
Frage: Was ist der Unterschied zwischen einem Makro-Objektiv und einer Nahlinse?
Antwort: Ein Makro-Objektiv ist eine eigenständige Optik, die speziell für den Makro-Bereich konstruiert ist und in der Regel eine höhere Bildqualität über den gesamten Bildbereich bietet. Eine Nahlinse ist ein Zubehör, das vor ein normales Objektiv geschraubt wird und dessen Nahgrenze verkürzt, um einen größeren Abbildungsmaßstab zu erreichen. Nahlinsen sind oft eine günstigere Alternative, können aber zu Qualitätseinbußen, insbesondere an den Rändern, führen.
Frage: Benötige ich ein spezielles Mikroskop für Mikrofotografie?
Antwort: Sie benötigen ein Mikroskop (Lichtmikroskop für sichtbares Licht, Elektronenmikroskop für noch höhere Vergrößerungen) und einen passenden Adapter, um Ihre Kamera daran anzuschließen. Normale Mikroskope für die Betrachtung sind geeignet, solange ein Kamera-Adapter verfügbar ist.
Fazit
Die Terminologie „Makrofotografie“ mag auf den ersten Blick irreführend erscheinen, wenn man sie wörtlich auf die Größe des Motivs bezieht. Doch sie macht Sinn, sobald man versteht, dass sie sich auf den Abbildungsmaßstab bezieht – darauf, wie „groß“ das Bild des kleinen Objekts auf dem Sensor wird (mindestens lebensgroß). Die Mikrofotografie hingegen befasst sich mit Objekten, die so klein sind, dass sie nur unter dem Mikroskop sichtbar sind, und die Fotografie erfolgt durch dieses wissenschaftliche Instrument. Es ist also die Kombination aus Vergrößerungsgrad und dem notwendigen Werkzeug, die den Unterschied zwischen Makro und Mikro in der Welt der Fotografie definiert.
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