In der Welt der Bildbearbeitung gibt es Techniken, die ihren Ursprung in der traditionellen Dunkelkammerfotografie haben und auch im digitalen Zeitalter von unschätzbarem Wert sind. Eine dieser Techniken ist das „Nachbrennen“, im Englischen oft als „Burning“ bezeichnet. Es handelt sich dabei um einen Prozess, bei dem bestimmte Bereiche eines Bildes gezielt abgedunkelt werden, um den Kontrast zu erhöhen, Details in helleren Bereichen hervorzuheben oder einfach, um die Aufmerksamkeit des Betrachters auf andere Bildteile zu lenken.

In Adobe Photoshop wird diese Technik mithilfe des Nachbelichter-Werkzeugs umgesetzt. Dieses Werkzeug ist ein mächtiges Instrument zur lokalen Tonwertkorrektur und ermöglicht es Fotografen und Bildbearbeitern, ihren Bildern mehr Tiefe, Dramatik und Struktur zu verleihen. Das Prinzip ist einfach, aber die Anwendung erfordert Übung und Fingerspitzengefühl, um natürliche und überzeugende Ergebnisse zu erzielen.

Was genau ist das Nachbelichter-Werkzeug?
Das Nachbelichter-Werkzeug (Burn Tool) in Photoshop ist das digitale Äquivalent zum Nachbrennen in der analogen Dunkelkammer. In der Dunkelkammer wurde ein Bereich des Fotopapiers länger belichtet, um ihn dunkler zu machen. Im digitalen Raum simuliert das Werkzeug diesen Effekt, indem es die Pixel in den Bereichen, über die Sie „malen“, abdunkelt.
Sie finden das Nachbelichter-Werkzeug in der Werkzeugleiste von Photoshop. Es ist oft mit dem Abwedler-Werkzeug (Dodge Tool) und dem Schwamm-Werkzeug (Sponge Tool) gruppiert. Um es auszuwählen, klicken Sie auf das Symbol (das einer geschlossenen Hand ähnelt) und halten Sie gegebenenfalls die Maustaste gedrückt, um zwischen den gruppierten Werkzeugen zu wechseln, falls ein anderes Werkzeug aktiv ist.
Sobald Sie das Nachbelichter-Werkzeug ausgewählt haben, können Sie dessen Einstellungen in der Optionsleiste oben auf dem Bildschirm anpassen. Die wichtigsten Einstellungen sind:
- Pinselspitze: Hier können Sie die Größe und Härte des Werkzeugs einstellen, genau wie bei einem normalen Pinsel. Für die meisten Nachbrenn-Aufgaben sind weiche Kanten empfehlenswert, um sanfte Übergänge zu erzielen.
- Bereich (Range): Dies ist eine sehr wichtige Einstellung. Sie bestimmt, welcher Tonwertbereich von der Abdunkelung betroffen ist. Die Optionen sind typischerweise:
- Schatten (Shadows): Betrifft hauptsächlich die dunklen Bildbereiche.
- Mitteltöne (Midtones): Betrifft hauptsächlich die mittleren Tonwerte.
- Lichter (Highlights): Betrifft hauptsächlich die hellen Bildbereiche.
Durch die Auswahl des richtigen Bereichs können Sie die Abdunkelung präzise steuern und unerwünschte Effekte in anderen Tonwertbereichen vermeiden. Möchten Sie beispielsweise nur die tiefen Schatten noch dunkler machen, wählen Sie „Schatten“. Möchten Sie den Kontrast in den mittleren Bildteilen erhöhen, wählen Sie „Mitteltöne“.
- Belichtung (Exposure): Diese Einstellung kontrolliert die Intensität der Abdunkelung bei jedem Pinselstrich. Ein niedriger Wert (z. B. 5-10%) führt zu einer sehr subtilen Abdunkelung pro Strich, während ein hoher Wert (z. B. 50-100%) sehr aggressive Ergebnisse liefert. Es wird generell empfohlen, mit niedrigen Belichtungswerten zu arbeiten und den Effekt durch mehrmaliges Übermalen desselben Bereichs schrittweise aufzubauen. Dies ermöglicht eine feinere Kontrolle und hilft, unnatürliche oder fleckige Ergebnisse zu vermeiden.
Das Grundprinzip der Anwendung ist einfach: Wählen Sie das Werkzeug, stellen Sie Pinselgröße, Bereich und Belichtung ein und „malen“ Sie dann über die Bereiche des Bildes, die Sie abdunkeln möchten. Je länger Sie mit dem Nachbelichter-Werkzeug über einen Bereich malen, desto dunkler wird er. Dies erfordert Geduld und präzises Arbeiten.
Anwendungsbereiche und Ziele der Nachbrenntechnik
Die Nachbrenntechnik wird aus verschiedenen Gründen eingesetzt, um die Wirkung eines Fotos zu verbessern:
- Kontrast erhöhen: Das Abdunkeln bestimmter Bereiche, insbesondere in den Mitteltönen oder Lichtern, kann den lokalen Kontrast erhöhen und Details hervorheben, die sonst flach wirken würden.
- Dramatik erzeugen: Durch das Abdunkeln von Himmelsbereichen, Hintergründen oder Rändern des Bildes kann eine dunklere, stimmungsvollere Atmosphäre geschaffen und das Motiv stärker hervorgehoben werden.
- Blickführung steuern: Das menschliche Auge wird natürlich von helleren Bereichen angezogen. Durch das gezielte Abdunkeln von weniger wichtigen oder ablenkenden Bildteilen können Sie den Blick des Betrachters auf die wichtigeren, helleren Bereiche oder das Hauptmotiv lenken.
- Details in Lichtern retten (eingeschränkt): Manchmal können sehr helle Bereiche (Lichter) an Detail verlieren. Während der Abwedler (Dodge) oft besser geeignet ist, um Details in Schatten aufzuhellen, kann der Nachbelichter in den Lichtern (mit der Range-Einstellung auf „Lichter“) verwendet werden, um übermäßig helle Bereiche leicht abzudunkeln und so etwas mehr Zeichnung sichtbar zu machen. Dies ist jedoch oft schwieriger und riskanter als das Abdunkeln von Mitteltönen oder Schatten.
- Vignetten erstellen: Eine klassische Anwendung ist das Abdunkeln der Bildecken, um eine natürliche oder künstliche Vignette zu erzeugen, die das Hauptmotiv in der Mitte des Bildes hervorhebt.
Nachbelichter vs. Abwedler: Der Unterschied
Das Nachbelichter-Werkzeug (Burn Tool) und das Abwedler-Werkzeug (Dodge Tool) sind komplementäre Werkzeuge und oft zusammen gruppiert, weil sie entgegengesetzte Effekte erzielen. Während der Nachbelichter Bereiche abdunkelt, hellt der Abwedler Bereiche auf. Beide Werkzeuge dienen der lokalen Tonwertkorrektur, aber mit unterschiedlicher Zielrichtung.
Hier eine kleine Gegenüberstellung:
Merkmal | Nachbelichter-Werkzeug (Burn) | Abwedler-Werkzeug (Dodge) |
---|---|---|
Effekt | Abdunkeln von Pixeln | Aufhellen von Pixeln |
Symbol | Geschlossene Hand | Stiel mit rundem Kopf (Abwedler) |
Ziel | Kontrast erhöhen (dunklere Bereiche), Blick lenken, Dramatik | Details in Schatten hervorheben, Bereiche aufhellen, Licht betonen |
Typische Anwendung | Schatten vertiefen, Mitteltöne abdunkeln, Kanten/Hintergründe abdunkeln | Schatten aufhellen, Augen aufhellen, Lichter betonen |
Vorsicht bei | Übermäßig dunklen, detailarmen Bereichen | Übermäßig hellen, detailarmen Bereichen (Ausfressen) |
Beide Werkzeuge arbeiten mit ähnlichen Einstellungen (Pinselspitze, Bereich, Belichtung) und erfordern eine sorgfältige, schrittweise Anwendung mit niedriger Belichtung, um die besten Ergebnisse zu erzielen.
Tipps für die effektive Nutzung des Nachbelichter-Werkzeugs
Die Nachbrenntechnik kann bei unsachgemäßer Anwendung schnell unnatürlich aussehen. Hier sind einige Tipps, um bessere Ergebnisse zu erzielen:
- Arbeiten Sie nicht-destruktiv: Das Nachbelichter-Werkzeug arbeitet direkt auf den Pixeln der Ebene, was bedeutet, dass die Änderungen permanent sind. Es ist daher dringend empfohlen, auf einer Duplikat-Ebene oder einer separaten leeren Ebene im Modus „Weiches Licht“ (Soft Light) oder „Ineinanderkopieren“ (Overlay) zu arbeiten, um das Originalbild nicht zu verändern und jederzeit Anpassungen vornehmen oder den Effekt rückgängig machen zu können. Das Arbeiten auf einer separaten Ebene im Mischmodus ermöglicht zudem eine einfachere Steuerung der Gesamtwirkung durch Reduzierung der Deckkraft der Ebene.
- Niedrige Belichtung verwenden: Wie bereits erwähnt, ist dies der wichtigste Tipp. Beginnen Sie immer mit einer niedrigen Belichtung (5-10%) und bauen Sie den Effekt langsam auf. Mehrere Striche mit geringer Intensität sehen natürlicher aus als ein einziger Strich mit hoher Intensität.
- Geeigneten Bereich wählen: Überlegen Sie genau, welchen Tonwertbereich Sie beeinflussen möchten. Das Arbeiten in den „Mitteltönen“ ist oft ein guter Anfang, da es den globalen Kontrast am stärksten beeinflusst. Das Arbeiten in den „Schatten“ kann tiefe Schatten noch dunkler machen, während das Arbeiten in den „Lichtern“ (mit Vorsicht!) helle Bereiche leicht abtunkeln kann.
- Weiche Pinselkanten: Verwenden Sie fast immer eine Pinselspitze mit sehr weichen Kanten (Härte 0-10%), um harte Übergänge zu vermeiden.
- Pinselgröße variieren: Passen Sie die Pinselgröße an den Bereich an, den Sie bearbeiten möchten. Für kleine Details einen kleinen Pinsel, für größere Bereiche einen größeren Pinsel.
- Kontrollieren Sie das Ergebnis: Zoomen Sie regelmäßig heraus, um das Gesamtbild zu betrachten und zu sehen, wie sich die Abdunkelung auf die Komposition auswirkt. Machen Sie den Effekt der Ebene (falls Sie nicht-destruktiv arbeiten) vorübergehend unsichtbar, um den Vorher-Nachher-Vergleich zu sehen.
Alternativen zur Nachbrenntechnik mit dem Werkzeug
Obwohl das Nachbelichter-Werkzeug praktisch für schnelle lokale Korrekturen ist, ist es eine „destruktive“ Methode, wenn es direkt auf der Bildebene angewendet wird. Viele professionelle Bildbearbeiter bevorzugen nicht-destruktive Methoden, die mehr Flexibilität bieten. Die gängigste Alternative ist die Verwendung von Einstellungsebenen in Kombination mit Ebenenmasken.
So funktioniert es:
- Erstellen Sie eine Einstellungsebene, die den gewünschten Abdunkelungseffekt erzeugt, z. B. eine „Gradationskurven“ (Curves) oder „Tonwertkorrektur“ (Levels) Ebene, die global das Bild abdunkelt.
- Diese Einstellungsebene kommt standardmäßig mit einer weißen Ebenenmaske, die den Effekt auf das gesamte Bild anwendet.
- Kehren Sie die Ebenenmaske um (machen Sie sie schwarz). Nun ist der Abdunkelungseffekt auf dem gesamten Bild unsichtbar.
- Wählen Sie einen Pinsel mit weißer Vordergrundfarbe und malen Sie auf der schwarzen Ebenenmaske in den Bereichen, die Sie abdunkeln möchten. Weiß deckt die Maske auf und lässt den Effekt der Einstellungsebene in diesen Bereichen durchscheinen.
- Durch Malen mit Grautönen auf der Maske können Sie die Intensität des Effekts in den einzelnen Bereichen steuern.
Diese Methode ist nicht-destruktiv, da Sie die Einstellungsebene und die Maske jederzeit bearbeiten oder löschen können, ohne das Originalbild zu beeinträchtigen. Sie bietet oft auch präzisere Kontrolle über den Abdunkelungseffekt selbst (z. B. durch Feinabstimmung der Kurven oder Tonwerte).
Häufig gestellte Fragen zur Nachbrenntechnik
- Ist die Nachbrenntechnik dasselbe wie eine Vignette?
- Eine Vignette ist eine spezifische Anwendung der Nachbrenntechnik, bei der die Ränder oder Ecken eines Bildes abgedunkelt werden. Die Nachbrenntechnik als solche ist jedoch allgemeiner und kann verwendet werden, um jeden beliebigen Bereich eines Bildes abzudunkeln, nicht nur die Ränder.
- Kann ich das Nachbelichter-Werkzeug verwenden, um Bereiche komplett schwarz zu machen?
- Ja, durch wiederholtes Übermalen mit hoher Belichtung können Sie Bereiche sehr dunkel machen, potenziell bis zu reinem Schwarz, abhängig vom ursprünglichen Tonwert und den Einstellungen. Dies sollte jedoch mit großer Vorsicht geschehen, da dabei Details verloren gehen können.
- Ist die Nachbrenntechnik für alle Arten von Fotos geeignet?
- Die Technik kann bei vielen Bildtypen nützlich sein, insbesondere bei Porträts, Landschaftsaufnahmen und Architekturfotos, um bestimmte Elemente hervorzuheben oder Stimmungen zu verstärken. Bei bestimmten Stilen wie z. B. minimalistischer Fotografie oder sehr hellen, luftigen Bildern ist sie möglicherweise weniger passend oder sollte nur sehr subtil eingesetzt werden.
- Wie kann ich sehen, welche Bereiche ich bereits abgedunkelt habe?
- Wenn Sie auf einer separaten Ebene im Modus „Weiches Licht“ oder „Ineinanderkopieren“ arbeiten, können Sie die Ebene auswählen und die Tastenkombination Strg/Cmd + Alt + E drücken, um eine neue Ebene zu erstellen, die eine gestempelte Version aller sichtbaren Ebenen unterhalb enthält. Auf dieser neuen Ebene sehen Sie den Effekt der Nachbrenn-Ebene. Alternativ können Sie die Ebene ein- und ausblenden, um den Vorher-Nachher-Vergleich zu sehen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Nachbrenntechnik mit dem Nachbelichter-Werkzeug ein grundlegendes, aber wirkungsvolles Werkzeug in Photoshop ist, um lokale Bildkorrekturen vorzunehmen. Sie ermöglicht es Ihnen, den Kontrast zu steuern, die Komposition zu beeinflussen und Ihren Bildern eine persönliche Note zu verleihen. Ob Sie das dedizierte Werkzeug oder nicht-destruktive Alternativen wie Einstellungsebenen verwenden, die Fähigkeit, Bereiche gezielt abzudunkeln, ist eine Schlüsselkompetenz in der digitalen Bildbearbeitung.
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