Friedrich II., heute liebevoll als Alter Fritz bekannt, war weit mehr als nur der militärisch versierte Herrscher, als der er oft dargestellt wird. Geboren am 24. Januar 1712, trat er in die Fußstapfen seines Vaters, des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I., doch sein Geist reichte weit über die Kasernenhöfe hinaus. Friedrich interessierte sich brennend für Kultur, Philosophie, Architektur und nicht zuletzt für die Landwirtschaft. Diese vielseitigen Interessen machten ihn in den Augen seiner Untertanen zu einer besonderen Figur, die nicht nur gefürchtet, sondern auch respektiert und sogar geliebt wurde – daher der anerkennende Spitzname.

Nach einer Jugend, die von Härte und Konflikten mit seinem Vater geprägt war, bestieg Friedrich 1740 den preußischen Thron. Sofort begann er mit einer umfassenden Modernisierung seines Reiches. Er schaffte die barbarische Folter ab, lockerte die strenge Zensur und griff aktiv in die Wirtschaft ein, beispielsweise durch die Senkung der Getreidepreise, um der Bevölkerung zu helfen. Neben diesen politischen und sozialen Reformen pflegte er seine Leidenschaften: Er schrieb Bücher, komponierte und gab Konzerte auf seiner Querflöte, besonders gerne in seinem geliebten Schloss Sanssouci in Potsdam, das er nach seinen eigenen Vorstellungen errichten ließ. Hier empfing er auch Geistesgrößen seiner Zeit, darunter den berühmten französischen Philosophen Voltaire, mit dem er intensive philosophische Debatten führte.
Preußens ständiges Problem: Hunger und Missernten
Trotz seiner Neigung zu den schönen Künsten und dem Leben am Hof vergaß Friedrich II. nie das Wohlergehen seiner Untertanen. Besonders die ländliche Bevölkerung, die den Großteil des Reiches ausmachte, litt immer wieder unter den Folgen von Missernten. Preußens Landwirtschaft war stark auf Getreide angewiesen, und wenn das Wetter nicht mitspielte oder Seuchen die Felder befielen, waren Hungersnöte und Not weit verbreitet. Der König suchte nach Wegen, die Ernährungsgrundlage seines Volkes zu sichern und zu diversifizieren. Er war offen für Neues und aufmerksam für Entwicklungen, die seinem Land zugutekommen konnten.
Die Ankunft einer seltsamen Frucht: Die Kartoffel in Europa
In dieser Zeit der Suche nach Alternativen erfuhr der König von einer Pflanze, die ihren Weg aus Südamerika nach Europa gefunden hatte: die Kartoffel. Ursprünglich von Seefahrern und Botanikern mitgebracht, wurde die „Tartoffel“, wie sie anfangs oft genannt wurde, zunächst mehr als Kuriosität denn als Nutzpflanze betrachtet. In botanischen Gärten bestaunte man ihre hübschen Blüten, doch die tatsächliche Verwendung als Nahrungsmittel stieß auf große Skepsis und Ablehnung. Das lag vor allem daran, dass die Menschen versuchten, die oberirdischen Teile der Pflanze – Blätter und Beeren – zu essen, die giftig sind und zu schweren Magenproblemen führen. Die eigentlichen essbaren Teile, die Knollen unter der Erde, waren unbekannt und wurden ignoriert. Entsprechend unbeliebt war die Pflanze bei der Bevölkerung, die ihr mit Misstrauen begegnete.
Vom Misstrauen zur Nahrungsgrundlage: Die Vision des Königs
Friedrich II. jedoch erkannte das enorme Potenzial der Kartoffel. Er hatte wohl erfahren oder beobachten lassen, dass die gekochten Knollen nicht nur essbar, sondern auch nahrhaft, sättigend und schmackhaft waren. Zudem besaß die Pflanze eine Eigenschaft, die für Preußen von unschätzbarem Wert war: Sie war robust, gedieh auch auf weniger fruchtbaren Böden und war weniger anfällig für Witterungsschwankungen als Getreide. Eine erfolgreiche Kartoffelernte konnte die Menschen auch dann ernähren, wenn die Getreideernte mager ausfiel. Der König sah in der Kartoffel die Lösung für das wiederkehrende Problem der Hungersnöte. Doch wie sollte er seine skeptischen Untertanen, die an ihre althergebrachten Anbaumethoden gewöhnt waren und der neuen Pflanze misstrauten, überzeugen?
Die „Kartoffelbefehle“: Königliche Anordnung für den Anbau
Friedrich II. zögerte nicht, seine königliche Autorität einzusetzen. Er erließ eine Reihe von Dekreten, die als Kartoffelbefehle in die Geschichte eingingen. Mit diesen königlichen Anweisungen befahl er den Anbau der Kartoffel im ganzen Land. Er tat dies nicht nur als trockene administrative Maßnahme, sondern betonte die Wichtigkeit und den Nutzen dieser neuen Frucht für das Wohl des ganzen Reiches und jedes Einzelnen. Ein Beispiel dafür ist ein Schreiben aus dem Jahr 1756, das an Beamte und Pastoren in Schlesien gerichtet war. Darin heißt es unmissverständlich, dass die Anpflanzung der sogenannten Tartoffeln „als ein sehr nützliches und sowohl für Menschen als Vieh auf sehr vielfache Weise dienliches Erd-Gewächse, ernstlich anbefohlen“ sei. Der König machte klar, dass dies eine Angelegenheit von „höchster Person“ sei, also von ihm selbst als oberster Instanz, was die Dringlichkeit und Bedeutung der Anordnung unterstrich.
Die „Knollenprediger“: Landwirtschaftliche Beratung von der Kanzel
Nur Befehle zu erteilen, reichte dem pragmatischen König nicht aus. Er wusste, dass die Bauern Anleitung und Überzeugung brauchten. Hierfür entwickelte er eine geniale Strategie: Er rekrutierte Pastoren, die in ihren Predigten und im persönlichen Gespräch die Vorteile der Kartoffel priesen und Anbauanleitungen gaben. Diese Geistlichen wurden bald im Volksmund als Knollenprediger bekannt. Sie hatten das Vertrauen der ländlichen Bevölkerung und konnten die neue Pflanze als Geschenk Gottes oder als notwendige Vorsorge gegen Hunger präsentieren. Dies war ein kluger Schachzug, da traditionelle Autoritätspersonen in den Dörfern oft mehr Einfluss hatten als weit entfernte Beamte. Die Knollenprediger spielten eine entscheidende Rolle dabei, Wissen zu verbreiten und das Misstrauen gegenüber der unbekannten Knolle abzubauen.
Praktische Anleitungen und erste Rezepte
Der König beschränkte sich nicht auf Befehle und allgemeine Ratschläge. Er sorgte auch für konkrete Hilfestellung. Ein weiteres Schreiben aus dem Jahr 1757 enthielt detaillierte Anbauanleitungen und sogar Rezeptvorschläge, um den Menschen zu zeigen, wie die Kartoffel schmackhaft zubereitet werden konnte. Diese frühen Rezepte zeigten die Vielseitigkeit der Knolle:
- Mischbrot aus Kartoffelmehl und Roggen
- Kartoffelpüree
- Kartoffeln als Beilage zu Fleischgerichten
- Gewinnung von Kartoffelstärke
- Pellkartoffeln mit Salz als einfache, nahrhafte Speise für „arme Leute“
In diesen Anleitungen wurde auch die Ergiebigkeit der Kartoffel hervorgehoben. Der König ließ verkünden: „Wo nur ein leerer Platz zu finden ist, soll die Kartoffel angebaut werden, da diese Frucht nicht allein sehr nützlich zu gebrauchen, sondern auch dergestalt ergiebig ist, dass die darauf verwendete Mühe sehr gut belohnt wird.“ Diese Botschaft der Rentabilität sollte die Bauern zusätzlich motivieren, sich auf das Experiment einzulassen.
Die berühmte Legende vom bewachten Kartoffelacker
Neben den offiziellen Maßnahmen existiert eine berühmte Legende, die bis heute erzählt wird und eng mit dem Alten Fritz und der Kartoffel verbunden ist. Sie besagt, dass der König, um den Widerstand der Bauern zu brechen und ihre Neugier zu wecken, einen Kartoffelacker anlegen und diesen demonstrativ von Soldaten bewachen ließ. Angeblich gab er vor, diese Kartoffeln seien besonders wertvoll und nur für die königliche Tafel bestimmt. Wie erwartet, weckte die Bewachung das Interesse der Bauern. Was musste diese Frucht Besonderes an sich haben, wenn sogar der König sie bewachen ließ? Die Legende erzählt weiter, dass die Soldaten angewiesen waren, bei Nacht ein Auge zuzudrücken. So konnten die Bauern heimlich die vermeintlich wertvollen Saatkartoffeln stehlen und auf ihren eigenen Feldern anpflanzen. Obwohl diese Geschichte historisch nicht bewiesen ist, hält sie sich hartnäckig im kollektiven Gedächtnis und symbolisiert den schlauen Trick des Königs, sein Volk zur Adoption der neuen Kulturpflanze zu bewegen. Sie ist ein wichtiger Teil der preußischen Erzählung über die Kartoffel.
Das Erbe der Kartoffel in Preußen und Deutschland
Die Bemühungen Friedrichs II. und seiner Knollenprediger trugen Früchte. Nach anfänglichem Zögern erkannten die Bauern und die Bevölkerung den Wert der Kartoffel. Sie war leicht anzubauen, lieferte hohe Erträge und bot eine zuverlässige Nahrungsquelle, die half, Hungersnöte zu überstehen. Die Kartoffel wurde schnell zu einem Grundnahrungsmittel in Preußen und später in ganz Deutschland. Sie veränderte die Ernährungsgewohnheiten der Menschen grundlegend, trug zur Bevölkerungszunahme bei und wurde zu einem Symbol für die preußische Küche und Widerstandsfähigkeit. Die Geschichte des Alten Fritz und der Kartoffel ist so tief im Bewusstsein verankert, dass bis heute an seinem Geburtstag, dem 24. Januar, Menschen Kartoffeln auf seinem Grab auf der Terrasse von Schloss Sanssouci ablegen – eine stille Hommage an den König, der ihnen diese lebensrettende Knolle brachte und so maßgeblich zur Ernährungssicherheit Preußens beitrug.
Häufig gestellte Fragen zur Kartoffel in Preußen
Hier finden Sie Antworten auf einige häufige Fragen:
- Wer hat die Kartoffel nach Preußen gebracht?
Obwohl die Kartoffel schon vor Friedrich II. in Europa bekannt war, war es König Friedrich II. von Preußen, der durch gezielte Befehle und Maßnahmen ihren großflächigen Anbau in Preußen durchsetzte und sie so zu einem wichtigen Grundnahrungsmittel machte. - Warum war die Kartoffel anfangs unbeliebt?
Die Menschen wussten nicht, dass nur die Knollen essbar sind. Sie versuchten, die giftigen Blätter und Früchte zu essen, was zu Vergiftungen führte. Zudem war die Pflanze unbekannt und passte nicht zu den traditionellen Anbaumethoden. - Was waren die „Kartoffelbefehle“?
Das waren königliche Erlasse von Friedrich II., die den preußischen Bauern den Anbau der Kartoffel befahlen, um die Ernährungssicherheit des Landes zu verbessern. - Wer waren die „Knollenprediger“?
Das waren Pastoren, die im Auftrag des Königs die Bevölkerung über den Kartoffelanbau informierten und berieten, um das Misstrauen abzubauen und die Akzeptanz der neuen Pflanze zu fördern. - Stimmt die Geschichte vom bewachten Kartoffelacker?
Die Geschichte, dass Friedrich II. Kartoffeläcker bewachen ließ, damit die Bauern die Knollen stehlen und selbst anpflanzen, ist eine bekannte Legende, die aber historisch nicht eindeutig belegt ist. Sie symbolisiert jedoch gut die Überzeugungsarbeit des Königs. - Warum legen Menschen heute Kartoffeln auf Friedrichs Grab?
Dies ist eine Tradition und eine Geste der Anerkennung für Friedrich II., der die Kartoffel als wichtiges Nahrungsmittel in Preußen etablierte und so maßgeblich zur Überwindung von Hungersnöten beitrug.
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