Die Belichtung ist das A und O in der Fotografie. Sie entscheidet darüber, wie hell oder dunkel Ihr Bild wird und ist fundamental für die Stimmung und die Details, die Sie einfangen möchten. Kurz gesagt, die Belichtung ist die Menge an Licht, die während der Aufnahme auf den Sensor oder Film Ihrer Kamera trifft. Dieses Licht wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst und muss präzise gemessen und gesteuert werden, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen.

Was genau ist Belichtung (Exposure) in der Fotografie?
Der Begriff „Exposure“ kommt aus dem Englischen und bedeutet wörtlich „Belichtung“. In der Fotografie bezieht er sich auf den Prozess, bei dem lichtempfindliches Material (früher Film, heute der digitale Sensor) dem Licht ausgesetzt wird. Die korrekte Belichtung ist entscheidend, um Details in den hellsten (Highlights) und dunkelsten (Schatten) Bereichen eines Bildes zu erhalten, ohne dass diese über- oder unterbelichtet und somit detailverloren werden.
Die Belichtung wird in der Regel durch das Zusammenspiel von drei Hauptelementen gesteuert, die oft als das „Belichtungsdreieck“ bezeichnet werden:
- Blende: Die Öffnung im Objektiv, die die Lichtmenge reguliert, die in die Kamera gelangt. Sie beeinflusst auch die Schärfentiefe.
- Belichtungszeit: Die Dauer, während der der Sensor dem Licht ausgesetzt ist. Sie beeinflusst die Darstellung von Bewegung.
- ISO-Wert: Die Empfindlichkeit des Sensors gegenüber Licht. Ein höherer ISO-Wert bedeutet mehr Empfindlichkeit, kann aber zu Bildrauschen führen.
Diese drei Faktoren stehen in einem direkten Zusammenhang. Eine Veränderung bei einem Element erfordert oft eine Anpassung bei einem oder beiden anderen, um eine konstante Belichtung beizubehalten oder eine gezielte Veränderung zu erreichen.
Licht – Der Rohstoff der Fotografie
Ohne Licht gäbe es keine Fotografie. Für uns Fotografen ist das sichtbare Licht von besonderem Interesse. Es ist Teil des elektromagnetischen Spektrums und wird in Nanometern (nm) gemessen. Verschiedene Wellenlängen des sichtbaren Lichts nehmen wir als unterschiedliche Farben wahr – vom kurzwelligen Violett bis zum langwelligen Rot. Die Zusammensetzung der Wellenlängen im Licht bestimmt die Lichtfarbe, was in der Fotografie durch den Weißabgleich ausgeglichen wird.
Neben der Wellenlänge ist die Wellenhöhe des Lichts entscheidend. Die Wellenhöhe korreliert mit der Helligkeit des Lichts. Diese Helligkeit ist nicht konstant, sondern hängt von unzähligen Faktoren ab: dem Stand der Sonne, der Bewölkung, Nebel, der Art der Beleuchtung in Innenräumen und vielem mehr. Die präzise Messung dieser Helligkeit ist absolut notwendig für die korrekte Belichtungsmessung und damit für das perfekte Foto.
Belichtungsmessung: Das Licht einfangen
Um die richtige Belichtung zu ermitteln, muss das verfügbare Licht gemessen werden. Dies geschieht entweder mithilfe des internen Belichtungsmessers Ihrer Kamera oder durch einen externen, separaten Belichtungsmesser. Das Ergebnis dieser Messung wird oft im sogenannten Exposure Value (EV) ausgedrückt. Auf Deutsch spricht man auch vom Belichtungswert oder Lichtwert (LW).
Interessanterweise zeigen die meisten modernen Kameras den EV-Wert nicht als einzelne Zahl an. Stattdessen übersetzen sie den gemessenen Lichtwert direkt in empfohlene Kombinationen aus Blendenwert und Belichtungszeit, oft unter Berücksichtigung des eingestellten ISO-Werts. Dennoch ist das Konzept des EV-Werts zentral, da er eine standardisierte Skala für die Helligkeit einer Szene darstellt.
Methoden der Lichtmessung
Bei der Verwendung eines separaten Belichtungsmessers gibt es zwei Hauptmethoden der Lichtmessung:
- Lichtmessung (Incident Metering): Hierbei misst der Belichtungsmesser das auf das Motiv fallende Licht. Dazu wird der Messer mit der charakteristischen halbkugelförmigen, durchsichtigen Plastikabdeckung, der sogenannten Kalotte, direkt am Motiv platziert und in Richtung der Lichtquelle ausgerichtet. Diese Methode misst die tatsächliche Lichtintensität, unabhängig von den Farben oder Reflexionseigenschaften des Motivs. Sie gilt als sehr präzise, da sie nicht von der Helligkeit des Motivs selbst getäuscht werden kann (z.B. ein sehr helles oder sehr dunkles Motiv).
- Objektmessung (Reflected Metering): Diese Methode misst das vom Motiv reflektierte Licht. Hierbei wird der Belichtungsmesser (oder der interne Kamera-Belichtungsmesser) vom Standpunkt des Fotografen aus auf das Motiv gerichtet. Da verschiedene Oberflächen Licht unterschiedlich stark reflektieren (Schnee reflektiert viel, schwarze Kohle wenig), kann diese Methode vom Motiv „getäuscht“ werden. Belichtungsmesser und Kameras sind darauf kalibriert, eine Szene als durchschnittlich 18% grau zu interpretieren. Ein sehr helles Motiv wird daher oft unterbelichtet (weil die Kamera denkt, es sei heller als 18% Grau und es dunkler macht), während ein sehr dunkles Motiv überbelichtet wird (weil die Kamera denkt, es sei dunkler als 18% Grau und es heller macht).
Die Lichtmessung mit Kalotte (Incident Metering) ist in vielen Situationen das präzisere Verfahren, insbesondere bei schwierigen Lichtverhältnissen oder Motiven mit extremen Helligkeitsunterschieden.

Den Belichtungsmesser ablesen
Ein externer Belichtungsmesser bietet oft mehr Kontrolle und Informationen als der interne Kameramesser. Nach der Auswahl der Messmethode (Licht- oder Objektmessung) und der Einstellung des gewünschten ISO-Wertes liefert der Belichtungsmesser typischerweise den gemessenen EV-Wert sowie korrespondierende Blenden- und Belichtungszeit-Kombinationen. Sie können oft auch einen Wert vorgeben (z.B. eine bestimmte Blende oder Belichtungszeit) und der Messer zeigt Ihnen den passenden Gegenwert für die korrekte Belichtung an.
Der Exposure Value (EV) im Detail
Wie bereits erwähnt, ist der EV-Wert eine standardisierte Einheit, die die Helligkeit einer Szene beschreibt. Ein höherer EV-Wert steht für eine hellere Szene, ein niedrigerer EV-Wert für eine dunklere Szene. Ein EV von 0 entspricht beispielsweise der Belichtung einer Szene bei ISO 100 mit einer Blende von f/1.0 und einer Belichtungszeit von 1 Sekunde.
Das Besondere am EV ist, dass er eine Vielzahl von Blenden-/Belichtungszeit-Kombinationen repräsentieren kann. Das liegt daran, dass es für einen bestimmten EV-Wert immer mehrere Paare von Blende und Belichtungszeit gibt, die dieselbe Lichtmenge auf den Sensor lassen. Man spricht hier von äquivalenten Belichtungen.
Tabelle: Äquivalente Belichtungen für einen beispielhaften EV-Wert
Auch wenn wir hier keine vollständige EV-Tabelle abbilden können, lässt sich das Prinzip der äquivalenten Belichtungen gut veranschaulichen. Nehmen wir an, die Messung ergibt für eine Szene bei ISO 100 einen EV-Wert, der durch die Kombination Blende f/8 und Belichtungszeit 1/125 Sekunde korrekt belichtet wird. Es gibt jedoch noch viele andere Kombinationen, die ebenfalls zu diesem EV-Wert (und damit zur gleichen Belichtung) führen würden:
Blende (f-Wert) | Belichtungszeit (Sekunden) | Anmerkung |
---|---|---|
f/5.6 | 1/250 | Größere Blendenöffnung, kürzere Zeit |
f/8 | 1/125 | Ausgangspunkt |
f/11 | 1/60 | Kleinere Blendenöffnung, längere Zeit |
f/16 | 1/30 | Noch kleinere Blende, noch längere Zeit |
Wie Sie sehen, wenn Sie die Blendenöffnung um eine Stufe verkleinern (z.B. von f/8 auf f/11, was die Lichtmenge halbiert), müssen Sie die Belichtungszeit verdoppeln (von 1/125 auf 1/60 Sekunde), um die gleiche Lichtmenge auf den Sensor zu bekommen. Dieses Verständnis der Äquivalenz ist der Schlüssel zur kreativen Kontrolle, denn jede Kombination hat unterschiedliche Auswirkungen auf die Schärfentiefe (Blende) und die Darstellung von Bewegung (Belichtungszeit).
Warum ist dieses Wissen wichtig in Zeiten der Automatik?
Moderne Digitalkameras sind unglaublich intelligent. Sie verfügen über hochentwickelte interne Belichtungsmesser, die oft sehr zuverlässig arbeiten und in der Lage sind, in den meisten Standardsituationen eine korrekte Belichtung zu erzielen. Sie können automatisch die Belichtung messen, den Weißabgleich anpassen und sogar bewegte Motive erkennen, um die Belichtungszeit entsprechend zu wählen.
Doch die Automatik hat ihre Grenzen. In schwierigen Lichtsituationen, bei extremen Kontrasten (z.B. Gegenlicht), bei sehr hellen oder sehr dunklen Motiven oder wenn Sie einen bestimmten kreativen Effekt erzielen möchten (z.B. Bewegungsunschärfe bei fließendem Wasser oder ein stark unscharfer Hintergrund bei Porträts), stößt die Automatik oft an ihre Grenzen. Sie liefert dann zwar eine technisch „richtige“ Belichtung im Sinne eines durchschnittlichen Grauwerts, aber nicht unbedingt das Bild, das Sie sich vorgestellt haben.
Das tiefe Verständnis der technischen Grundlagen der Belichtung – wie Licht funktioniert, wie es gemessen wird und wie Blende, Belichtungszeit und ISO zusammenhängen – ermöglicht es Ihnen, die Kontrolle zu übernehmen. Sie können die Kamera bewusst übersteuern, um kreative Entscheidungen zu treffen und handwerklich perfekte Fotos zu erstellen, die genau Ihrer Vision entsprechen. Dieses Wissen unterscheidet den Fotografen, der einfach nur „ein Foto macht“, von demjenigen, der ein Bild bewusst gestaltet und die Möglichkeiten seiner Kamera voll ausschöpft.

Kreative Effekte durch bewusste Belichtungssteuerung
Die Belichtung ist nicht nur ein technischer Parameter zur korrekten Helligkeit, sondern ein mächtiges Werkzeug zur kreativen Gestaltung:
- Schärfentiefe steuern mit der Blende: Eine offene Blende (kleine f-Zahl wie f/1.8 oder f/2.8) erzeugt eine geringe Schärfentiefe, ideal für Porträts, bei denen der Hintergrund unscharf sein soll. Eine geschlossene Blende (große f-Zahl wie f/11 oder f/16) erhöht die Schärfentiefe, perfekt für Landschaftsaufnahmen, bei denen alles von vorn bis hinten scharf sein soll.
- Bewegung einfrieren oder darstellen mit der Belichtungszeit: Eine kurze Belichtungszeit (z.B. 1/1000 Sekunde) friert schnelle Bewegungen ein. Eine lange Belichtungszeit (z.B. 1 Sekunde oder länger) lässt Bewegungen verschwimmen und erzeugt Effekte wie seidig weiches Wasser oder Lichtspuren.
- ISO und seine Auswirkungen: Während Blende und Zeit primär gestalterische Effekte haben, beeinflusst der ISO-Wert hauptsächlich die Bildqualität in Bezug auf das Rauschen. Ein niedriger ISO-Wert (z.B. 100 oder 200) liefert die saubersten Ergebnisse. Ein hoher ISO-Wert (z.B. 3200 oder 6400) ermöglicht Aufnahmen bei wenig Licht oder sehr kurzen Belichtungszeiten, führt aber zu sichtbarem Bildrauschen.
Durch das bewusste Zusammenspiel dieser drei Elemente können Sie die Belichtung nicht nur technisch korrekt einstellen, sondern gezielt nutzen, um Ihren Bildern eine bestimmte Ästhetik und Wirkung zu verleihen.
Häufig gestellte Fragen zur Belichtung
Was ist Exposure Compensation (Belichtungskorrektur)?
Die Belichtungskorrektur ermöglicht es Ihnen, die von der Kamera gemessene oder automatisch gewählte Belichtung gezielt anzupassen. Sie wird in EV-Stufen angegeben (z.B. +1 EV, -0.5 EV). Mit +1 EV machen Sie das Bild eine Stufe heller, mit -1 EV eine Stufe dunkler. Dies ist besonders nützlich bei Motiven, die heller oder dunkler sind als der durchschnittliche 18%-Grauwert, auf den die Kamera kalibriert ist (z.B. Schnee, dunkle Kleidung).
Was bedeutet über- und unterbelichtet?
Ein überbelichtetes Bild hat zu viel Licht erhalten und ist dadurch zu hell. Details in den hellen Bereichen (Lichtern) gehen verloren (ausgebrannte Lichter). Ein unterbelichtetes Bild hat zu wenig Licht erhalten und ist zu dunkel. Details in den dunklen Bereichen (Schatten) gehen verloren und das Bild wirkt flau.
Wie finde ich die "richtige" Belichtung?
Die "richtige" Belichtung ist oft eine kreative Entscheidung und nicht nur ein technischer Wert. Technisch korrekt ist eine Belichtung, bei der weder Lichter noch Schatten ausfressen und alle Details erhalten bleiben. Kreativ "richtig" ist die Belichtung, die die gewünschte Stimmung und Ästhetik des Bildes am besten wiedergibt. Das Histogramm auf Ihrer Kamera ist ein nützliches Werkzeug, um die Verteilung der Helligkeitswerte zu überprüfen und eine technisch korrekte Belichtung zu beurteilen.
Spielt der Weißabgleich eine Rolle bei der Belichtung?
Direkt beeinflusst der Weißabgleich die Menge des Lichts (Belichtung) nicht. Er korrigiert die Farbtemperatur des Lichts, damit weiße Objekte als weiß erscheinen. Indirekt kann eine falsche Farbwahrnehmung jedoch dazu führen, dass eine Belichtung als "falsch" empfunden wird, auch wenn die Helligkeit technisch korrekt ist.
Kann man die Belichtung in der Nachbearbeitung korrigieren?
Ja, in gewissen Grenzen lässt sich die Belichtung in der digitalen Nachbearbeitung anpassen. Insbesondere bei Aufnahmen im RAW-Format gibt es erheblichen Spielraum, um helle und dunkle Bereiche wiederherzustellen. Stark über- oder unterbelichtete Bilder, bei denen bereits Details verloren gegangen sind, lassen sich jedoch auch in der Nachbearbeitung nicht vollständig retten.
Fazit
Die Belichtung ist das Herzstück der Fotografie. Sie ist weit mehr als nur die Einstellung der Helligkeit; sie ist ein kreatives Werkzeug, das die Wirkung und Aussagekraft Ihrer Bilder maßgeblich bestimmt. Das Verständnis des Zusammenspiels von Licht, Belichtungsmessung, Exposure Value, Blende, Belichtungszeit und ISO-Wert versetzt Sie in die Lage, die Automatik Ihrer Kamera zu verlassen und bewusst die Kontrolle über Ihre Bilder zu übernehmen. Meistern Sie die Belichtung, und Sie meistern die Kunst der Fotografie selbst.
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