Als das LG G6 im April 2017 auf den Markt kam, positionierte es sich als eine etwas erschwinglichere High-End-Alternative zu den damals dominierenden Smartphones von Samsung. Nach dem eher verhalten aufgenommenen modularen Ansatz des Vorgängers G5, entschied sich LG beim G6 für einen traditionelleren, aber polierteren Weg. Die Frage, die sich damals und heute noch stellt, lautet: Konnte das G6 wirklich als Flaggschiff mithalten, insbesondere im Vergleich zu Konkurrenten wie dem Samsung Galaxy S8, oder war es eher ein starker Herausforderer im Premium-Segment?
Mit der Zeit und der Einführung neuerer Modelle wie dem LG V30, V30S ThinQ und dem G7 ThinQ wurde das G6 in der Wahrnehmung etwas in den Hintergrund gedrängt, auch wenn es später noch als G6 ThinQ neu aufgelegt wurde. Doch blicken wir zurück auf das, was das LG G6 auszeichnete und ob es seinerzeit den Titel eines Flaggschiffs verdiente.
Design und Haptik: Ein echter Hingucker
Das Design war zweifellos eine der großen Stärken des LG G6. Nach dem experimentellen Look des G5 präsentierte sich das G6 mit einem eleganten und stromlinienförmigen Unibody-Design, das von vielen als das bisher schönste LG-Flaggschiff gelobt wurde. Es fühlte sich solide und hochwertig an, wenn auch etwas schwer in der Hand. LG setzte auf ein glattes Finish, das weniger störende Nähte aufwies als frühere Modelle wie das V20.
Ein entscheidender Schritt war die Integration von Staub- und Wasserdichtigkeit. Das G6 erfüllte die IP68-Zertifizierung, was bedeutete, dass es bis zu 30 Minuten lang in einer Tiefe von bis zu 1,5 Metern Süßwasser überstehen konnte. Für den Alltagsgebrauch bedeutete dies eine signifikante Verbesserung der Widerstandsfähigkeit gegenüber versehentlichem Verschütten oder sogar einem Sturz ins Wasser. Dies war ein Feature, das es mit anderen Premium-Smartphones wie dem Galaxy S8 und dem iPhone 7 auf eine Stufe stellte.
Die Platzierung des Fingerabdrucksensors blieb LG-typisch auf der Rückseite, integriert in den Power-Button unterhalb der Kamera – eine Position, die viele Nutzer als ergonomisch empfunden haben, im Gegensatz zur teils kritisierten Platzierung neben der Kamera beim Galaxy S8. Erfreulicherweise behielt LG beim G6 auch den klassischen Kopfhöreranschluss bei, was zu dieser Zeit bereits nicht mehr selbstverständlich war.
Das Besondere Display: Mehr Inhalt auf gleicher Fläche
Das 5,7 Zoll große Display war ein weiteres Highlight des LG G6. Es nahm beeindruckende 80 Prozent der Vorderseite ein, was zu sehr schmalen Rändern führte. Die Besonderheit lag jedoch im Seitenverhältnis. Während die meisten Smartphones zu dieser Zeit ein 16:9-Verhältnis nutzten, setzte LG auf das ungewöhnliche 18:9 Display (oder 2:1). Dieser "FullVision" Bildschirm war "größer" im Sinne, dass er mehr vertikalen Inhalt anzeigen konnte, was beim Scrollen durch Webseiten oder soziale Feeds besonders angenehm war.
Das längere Format sorgte dafür, dass das Telefon trotz des großen Bildschirms relativ schmal und gut in einer Hand zu halten war. Allerdings nutzten nicht alle Apps und Spiele das 18:9-Verhältnis sofort optimal aus, was zu schwarzen Balken an den Seiten (Pillarboxing) führen konnte. LG bot hierfür eine App-Skalierungsfunktion in den Einstellungen an, um dies zu umgehen. Trotz dieser anfänglichen Kompatibilitätsprobleme war das längere Display ein mutiger und gelungener Schritt, der mehr Bildschirmfläche bei kompakteren Abmessungen ermöglichte.
Die Kamera(s) im Detail: Weitwinkel als Trumpf
Wie schon bei früheren Modellen (V20, G5) setzte LG beim G6 auf ein Dual-Kamera-Setup auf der Rückseite. Dieses war jedoch nicht für den populären Bokeh-Effekt gedacht, wie beispielsweise beim iPhone 7 Plus. Stattdessen bot das G6 eine Standard-13-Megapixel-Linse und eine 120-Grad-Weitwinkelkamera. Der schnelle Wechsel zwischen diesen beiden Linsen ermöglichte es, deutlich mehr Inhalt in einem Bild festzuhalten – ideal für Landschaftsaufnahmen, Gruppenfotos oder Architektur. Auch die 5-Megapixel-Frontkamera bot eine Weitwinkeloption.
Die Kamera-App wurde ebenfalls überarbeitet und zeigte beispielsweise eine Vorschau der fünf zuletzt aufgenommenen Fotos direkt im Sucher, was den Übergang zur Galerie erleichterte. Zusätzlich führte LG die separate "Square Camera" App ein, die speziell auf Nutzer zugeschnitten war, die gerne quadratische Fotos für Plattformen wie Instagram aufnehmen. Diese App bot verschiedene Modi, wie den "Guide", der eine Vorlage für konsistente Kompositionen über mehrere Aufnahmen hinlegte. Features wie "Match Shot" waren anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, boten aber kreative Möglichkeiten.
Es ist erwähnenswert, dass bei Weitwinkelaufnahmen, insbesondere bei Selfies mit der Frontkamera, leichte Verzerrungen an den Rändern auftreten konnten. Die Leistung bei schlechten Lichtverhältnissen wurde als solide, aber nicht herausragend bewertet. Im Vergleich zum Pixel XL, OnePlus 3T und Galaxy S8 lieferte das G6 insgesamt scharfe und lebendige Bilder, auch wenn das Pixel XL oft die Nase vorn hatte bei wenig Licht und das Galaxy S8 mit seinem Kontrast punkten konnte. Dennoch war das Kamera-Setup des G6 vielseitig und bot mit der Weitwinkelfunktion ein echtes Alleinstellungsmerkmal.
Akku: Laufzeit und Laden
Ein Punkt, der bei langjährigen LG-Fans für Enttäuschung sorgte, war der nicht mehr austauschbare Akku. LG war lange Zeit einer der wenigen Hersteller, der bei seinen Flaggschiffen noch wechselbare Batterien anbot, was das schnelle Tauschen eines leeren Akkus gegen einen vollen oder den einfachen Austausch eines alternden Akkus ermöglichte. Die Integration der Wasserdichtigkeit machte diesen Schritt jedoch notwendig.
Um dies auszugleichen, erhöhte LG die Akkukapazität von 2.800 mAh beim G5 auf 3.300 mAh beim G6. Zusätzlich unterstützte die US-Version des G6 kabelloses Laden. In Labortests zur kontinuierlichen Videowiedergabe im Flugmodus erreichte das G6 eine durchschnittliche Laufzeit von 13 Stunden und 21 Minuten, eine Verbesserung gegenüber den 12,5 Stunden des G5. Zum Vergleich: Das Samsung Galaxy S8 mit einem 3.000 mAh Akku erreichte in ähnlichen Tests durchschnittlich 16 Stunden. Obwohl der Akku nicht mehr wechselbar war, bot das G6 eine solide Laufzeit für den Alltag.
Leistung: Snapdragon 821 unter der Lupe
Das LG G6 wurde mit dem Qualcomm Snapdragon 821 Prozessor ausgestattet. Dieser Chipsatz war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung (Anfang 2017) nicht mehr der allerneueste, da Qualcomm bereits den leistungsstärkeren Snapdragon 835 vorgestellt hatte, der unter anderem im Samsung Galaxy S8 (für bestimmte Märkte) verbaut wurde. Für Spezifikationen-Enthusiasten war dies ein klarer Nachteil.
Benchmarks zeigten, dass Telefone mit dem Snapdragon 835, wie das Galaxy S8, das G6 in der Rohleistung übertrafen. Die Ergebnisse verschiedener Benchmarks sahen wie folgt aus:
| Benchmark | LG G6 (Snapdragon 821) | Samsung Galaxy S8 (Snapdragon 835) | Google Pixel XL (Snapdragon 821) | OnePlus 3T (Snapdragon 821) |
|---|---|---|---|---|
| Antutu v6.2.7 | 140.243 | 164.134 | 142.486 | 155.573 |
| Geekbench v.4.0 Single-Core | 1.712 | 1.837 | 1.556 | 1.923 |
| Geekbench v.4.0 Multi-Core | 4.064 | 6.347 | 4.201 | 4.321 |
| 3DMark Ice Storm Unlimited | 28.457 | 37.177 | 28.256 | 32.143 |
Trotz der geringeren Benchmark-Ergebnisse im Vergleich zum Snapdragon 835 war die Leistung des LG G6 im Alltag reibungslos und schnell. Apps starteten zügig, die Kamera reagierte schnell und die Bedienung war flüssig. Die Unterschiede zwischen High-End-Prozessoren der gleichen Generation sind in der Praxis oft kaum spürbar, es sei denn, man führt sehr anspruchsvolle Aufgaben oder Spiele aus. Der Snapdragon 821 war ein bewährter und leistungsfähiger Chipsatz, der für die meisten Nutzererfahrungen im Jahr 2017 mehr als ausreichend war.
LG G6 im Vergleich: Positionierung am Markt
Nach dem Misserfolg des G5 entschied sich LG beim G6 für einen sichereren Ansatz. Statt mit radikaler Innovation zu experimentieren, konzentrierte man sich darauf, die Grundlagen richtig zu machen: ein schönes Design, ein tolles Display, eine vielseitige Kamera und wichtige Features wie Wasserdichtigkeit. Dieser Ansatz mag für einige Technik-Enthusiasten weniger aufregend gewesen sein, machte das G6 aber zu einem marktfähigeren und breiter ansprechenden Telefon als sein Vorgänger. Es war LGs Versuch, im heiß umkämpften Premium-Segment Fuß zu fassen, indem es eine solide Alternative mit einigen herausragenden Merkmalen und oft einem etwas niedrigeren Preis bot als die absoluten Top-Modelle.
LG G6 heute: Lohnt sich der Kauf noch? (Update 2018)
Aus der Perspektive von 2018, wie im Update des Originalartikels erwähnt, hat sich die Situation für das LG G6 verändert. Neuere LG-Modelle wie das V30, das V30S ThinQ oder das G7 ThinQ boten verbesserte Kameras, größere Displays mit noch schmaleren Rändern und vor allem schnellere, aktuellere Prozessoren. Diese Modelle machten das G6 im Vergleich weniger attraktiv, insbesondere zum Originalpreis.
Das LG G6 wurde 2018 immer noch als "anständiges Telefon" bezeichnet, aber nur dann, wenn man es deutlich reduziert finden konnte. Die Empfehlung lautete klar, dass es sich mehr lohnte, in eines der neueren Modelle zu investieren, wenn man die bestmögliche Leistung und Ausstattung suchte.
Direkte Vergleiche mit Konkurrenten
Betrachten wir, wie sich das LG G6 im direkten Vergleich mit seinen Hauptkonkurrenten positionierte:
LG G6 vs. Samsung Galaxy S8
Das Galaxy S8 hatte die Nase vorn beim Prozessor (Snapdragon 835 vs. 821) und bei der Akkulaufzeit. Auch das Design des S8 mit seinen eleganten Curved-Edge-Display wurde oft als noch ansprechender empfunden, auch wenn die Platzierung des Fingerabdrucksensors beim S8 teils kritisiert wurde. Das G6 konterte mit seiner Wasserdichtigkeit und der vielseitigen Weitwinkelkamera. Zudem war das G6 oft rund 100 US-Dollar günstiger als das S8. Wer das absolute Top-Modell suchte und bereit war, mehr auszugeben, griff eher zum S8. Das G6 war eine solide und preislich attraktivere Alternative mit eigenen Stärken.
LG G6 vs. Google Pixel XL
Das Google Pixel XL, ebenfalls mit dem Snapdragon 821 ausgestattet, wurde für seine überragende Kamera gelobt, insbesondere bei schlechten Lichtverhältnissen. Allerdings war das Pixel XL teurer als das G6, nicht wasserdicht und bot keinen erweiterbaren Speicher per microSD-Karte – alles Punkte, bei denen das G6 punkten konnte. Auch das Design des Pixel XL wurde von manchen als weniger originell empfunden. Wer die beste Kamera suchte und auf Wasserdichtigkeit oder Speichererweiterung verzichten konnte, wählte das Pixel XL. Das G6 war die bessere Wahl für Nutzer, denen diese zusätzlichen Features wichtig waren und die dennoch eine gute Kamera wollten.
LG G6 vs. OnePlus 3T
Das OnePlus 3T war bekannt für sein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis und nutzte ebenfalls den Snapdragon 821. Es bot eine starke Leistung zu einem deutlich niedrigeren Preis als das G6. Allerdings fehlte dem 3T die Wasserdichtigkeit, und die Kamera bot nicht annähernd die Funktionsvielfalt des G6, insbesondere die Weitwinkelfunktion. Das 3T war eine ausgezeichnete Option für preisbewusste Käufer, die maximale Leistung für ihr Geld wollten. Das G6 rechtfertigte seinen höheren Preis durch Features wie Wasserdichtigkeit, das besondere 18:9 Display und die vielseitigere Kamera.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Ist das LG G6 wasserdicht?
Ja, das LG G6 ist gemäß IP68 zertifiziert und staub- und wasserdicht. Es kann bis zu 30 Minuten in bis zu 1,5 Metern Süßwasser untergetaucht werden.
Hat das LG G6 einen Kopfhöreranschluss?
Ja, das LG G6 verfügt über einen klassischen 3,5-mm-Kopfhöreranschluss.
Kann man den Akku wechseln?
Nein, im Gegensatz zu einigen früheren LG-Flaggschiffen hat das LG G6 einen fest verbauten, nicht austauschbaren Akku. Dies war ein Kompromiss für das wasserdichte Design.
Welchen Prozessor hat das LG G6?
Das LG G6 wird vom Qualcomm Snapdragon 821 Chipsatz angetrieben.
Wann wurde das LG G6 veröffentlicht?
Das LG G6 wurde im April 2017 auf den Markt gebracht.
Ist die Kamera gut?
Ja, das LG G6 verfügt über ein gutes Dual-Kamera-Setup mit einer Standardlinse und einer Weitwinkelkamera auf der Rückseite sowie einer Weitwinkeloption bei der Frontkamera. Die Bildqualität ist gut und die Weitwinkelfunktion bietet vielseitige Aufnahmemöglichkeiten, auch wenn die Leistung bei schlechtem Licht im Vergleich zu den Allerbesten etwas abfällt.
Lohnt sich das LG G6 heute noch?
Aus der Perspektive von 2018 und später ist das LG G6 nur noch dann eine Überlegung wert, wenn es zu einem sehr günstigen Preis erhältlich ist. Neuere Modelle bieten in der Regel eine bessere Leistung, aktuellere Software und verbesserte Kameras.
Fazit
Das LG G6 war zweifellos ein wichtiges Telefon für LG. Nach dem ungewöhnlichen G5 kehrte man zu einem traditionelleren, aber sehr ansprechenden Design zurück und konzentrierte sich auf die Integration von Features, die von den Nutzern gewünscht wurden: ein großes, innovatives Display, eine vielseitige Weitwinkelkamera und Wasserdichtigkeit. Auch wenn der verwendete Chipsatz zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht mehr der allerneueste war und der Akku nicht mehr wechselbar war, bot das G6 ein solides und attraktives Gesamtpaket. Es war vielleicht kein unangefochtenes "Super-Flaggschiff" wie das Galaxy S8 in jeder Hinsicht, aber es war definitiv ein starkes Premium-Smartphone, das eine überzeugende Alternative darstellte, insbesondere wenn der Preis stimmte. Es war ein Beweis dafür, dass LG die Grundlagen beherrschte und ein begehrenswertes Gerät bauen konnte, auch ohne radikale Experimente.
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