Die Darstellung schöner Hauttöne ist eine der Königsdisziplinen in der Porträt- und Fashion-Fotografie. Egal ob helle oder dunkle Haut, das Ziel ist immer ein natürliches, lebendiges und ansprechendes Ergebnis. Doch wie erreichen professionelle Fotografen wie Brian Siambi, bekannt für seine Arbeit mit dunkler Haut, und Zoë Noble, eine Expertin für Fashion und Beauty, diese beeindruckenden Hauttöne? Sie teilen ihre Einblicke in die Bedeutung von Beleuchtung und den gezielten Einsatz von Bildbearbeitungssoftware.

Die Macht der Beleuchtung: Das Fundament für schöne Hauttöne
Bevor Sie überhaupt anfangen, einen Regler in Ihrer Bearbeitungssoftware zu bewegen, beginnt die Arbeit an den Hauttönen bereits bei der Aufnahme. Die Art und Weise, wie Licht auf die Haut fällt, ist entscheidend für das Endergebnis. Brian Siambi schwört auf natürliches Licht. Er liebt, wie es auf dunkle Haut fällt und je nach Tageszeit unterschiedliche Stimmungen erzeugt. Dramatische Effekte mit Glanzlichtern und Schatten erzielt er zur Mittagszeit, während bewölkter Himmel für ein weicheres, diffuses Licht sorgt.

Zoë Noble nutzt sowohl natürliches Licht als auch Studiobeleuchtung. Natürliches Licht schätzt sie für seine Einfachheit und die Möglichkeit, das Motiv zu entwaffnen und eine echte Verbindung herzustellen. Keine großen Aufbauten, keine lange Wartezeit – das Motiv kann entspannen. Studiobeleuchtung hingegen bietet unendliche Möglichkeiten, mit Licht und Farbe eine Geschichte zu erzählen. Die Wahl zwischen hartem und weichem Licht, das Hinzufügen von Farbfolien (Gels) oder das Setzen von Schatten mit Fahnen (Flags) – all diese Werkzeuge stehen zur Verfügung und erlauben kreative Gestaltung.
Letztlich diktiert das Konzept des Shootings die Beleuchtung. Es ist daher essenziell, beide Arten von Licht zu verstehen und zu wissen, wie man sie einsetzt, um die Geschichte oder das Motiv bestmöglich zu unterstützen. Gutes Licht bei der Aufnahme reduziert den Bearbeitungsaufwand erheblich.
Farbkorrektur und Color Grading: Der Feinschliff in der Postproduktion
Nach der Aufnahme kommt die Bearbeitung. Brian Siambi beginnt das Color Grading bereits bei der Planung des Shootings, mit einer klaren Vision des Endergebnisses. Er wechselte zu Capture One, da er das Gefühl hatte, in Lightroom nicht die benötigten Töne für dunklere Haut zu erzielen, um seine Arbeit auf das nächste Level zu heben.
Für die Bearbeitung von Hauttönen in Capture One nutzt er hauptsächlich die Werkzeuge Farbbalance und Farbeditor. Er isoliert spezifische Farben, die er bearbeiten möchte. Bei dunkler Haut spielt er oft mit Braun-, Rot- und Orangetönen und kombiniert sie mit dem Werkzeug Temperatur, um das Gleichgewicht zwischen Blau und Orange anzupassen und die korrekte Tönung für dunkle Haut zu erhalten.
Zoë Noble legt großen Wert auf eine großartige Basis. Sie nutzt immer das Hautton-Werkzeug in Capture One, um Farben zu vereinheitlichen und Verfärbungen auf der Haut zu korrigieren. Wenn sie ihre Beauty-Fotos für eine intensivere Retusche in Photoshop öffnet, arbeitet sie dort weiter an der Farbkorrektur, zum Beispiel mit Gradationskurven (Curves) oder einer leeren Ebene im Farbmodus.
Beim Color Grading verfolgt sie einen „Weniger ist mehr“-Ansatz. Sie nutzt Anpassungen wie Kurven und das Farbbalance-Werkzeug, um einen Farbschleier hinzuzufügen. Oft mag sie Komplementärfarben, also kühlt sie die Schatten ab und wärmt gleichzeitig die Lichter auf. Obwohl sie generell kühlere Bilder bevorzugt, passt sie das Color Grading immer dem Konzept des Shootings an. Bei Aufnahmen im hellen Sonnenlicht ergänzt sie dies mit wärmeren Tönen, damit das Color Grading stimmig zum Foto wirkt.
Capture One Workflow für Hauttöne
Brian Siambis Bearbeitungsprozess in Capture One beginnt nach der Auswahl der Bilder mit der Korrektur von Belichtung, Farbtemperatur, Dynamikumfang und Klarheit. Dann wechselt er zum Farbeditor, um Farben zu separieren und die satten dunklen Hauttöne zu erzielen, die er anstrebt. Das Hautton-Werkzeug ist dabei sehr nützlich, da er die Haut des Motivs sampeln und dann mit HSL (Farbton, Sättigung, Luminanz) spielen kann. Anschließend passt er den Kontrast an, um dem gesamten Bild mehr Wirkung zu verleihen.
Er hat seinen Capture One Arbeitsbereich angepasst und die von ihm verwendeten Werkzeuge in verschiedenen Reitern organisiert, was ihm ermöglicht, Bilder in verschiedenen Stadien zu bearbeiten – eine Funktion, die er als fantastisch beschreibt. Zusätzlich hat er eigene Stile (Styles) für dunkle Hauttöne erstellt, die seine Arbeit erleichtern. Mit einem Stil kann er die Grundtönung festlegen und das Bild von dort aus weiterentwickeln.
Zoë Nobles Workflow hängt von der Art des Shootings ab. Bei Kundenaufträgen, die eine intensive Retusche in Photoshop erfordern, stellt sie sicher, dass die RAW-Dateien einen guten Dynamikumfang haben und „sauber“ sind. Sie korrigiert die Farben mit dem Weißabgleich und dem Hautton-Werkzeug, passt die Belichtung an und hellt Schatten auf, um Details in dunkleren Bereichen hervorzuheben. Sie achtet darauf, dass Lichter nicht ausbrennen.
Danach erfolgt die intensive Retusche in Photoshop. Kontrast und Color Grading fügt sie oft am Ende hinzu, damit Änderungen für den Kunden leicht umsetzbar sind. Bei eigenen Projekten „backt“ sie das Color Grading oder den Kontrast oft direkt in die RAW-Datei in Capture One ein, um Zeit zu sparen. Werkzeuge wie das Farbbalance-Werkzeug sind dafür schnell und einfach zu bedienen.
Beliebte Capture One Werkzeuge für Porträts
Beide Fotografen haben ihre Favoriten in Capture One, besonders wenn es um Porträts geht:
- Farbeditor und Farbbalance: Brian Siambi liebt sie, weil sie das Separieren und Bearbeiten von Farben erleichtern und ihm helfen, die exakte Tönung zu erzielen. Zoë Noble findet das Farbbalance-Werkzeug sehr intuitiv und nützlich, um schnell ein Color Grading hinzuzufügen oder verschiedene Looks für Kunden zu erstellen.
- Hautton-Werkzeug: Zoë Noble liebt es, weil es viel Zeit bei der Farbkorrektur spart und super einfach zu bedienen ist. Brian Siambi nutzt es, um die Haut zu sampeln und HSL anzupassen.
- Luminanzbereich (Luma Range): Brian Siambi nutzt es, um seinen Bildern zusätzlichen „Punch“ zu verleihen, besonders bei dunkler Haut und hellen Umgebungen.
- Hoher Dynamikbereich (High Dynamic Range): Brian Siambi verwendet es, um seinen Bildern ein feineres Aussehen zu geben.
Integration von Photoshop in den Capture One Workflow
Zoë Noble erklärt, wie sie Photoshop in ihren Workflow integriert. Nach den grundlegenden Anpassungen in Capture One nutzt sie die Option „Bearbeiten mit“ (Edit with), um eine 16-Bit PSD-Datei mit dem Adobe RGB Farbprofil zu erstellen und diese dann in Photoshop zu öffnen. Dort nimmt sie intensivere Änderungen wie die Retusche von Haut und Haaren oder Composings vor.
Nach Abschluss der Bearbeitung in Photoshop speichert sie die Datei und kehrt dann nach Capture One zurück, um Korn (Grain) als letzten Schritt hinzuzufügen. Dies gibt ihr die volle Kontrolle über das endgültige Aussehen und die Möglichkeit, die Korngröße einfach zu ändern, anstatt sie in Photoshop „einzubacken“. Anschließend nutzt sie die Export-Rezepte von Capture One, um ihre Fotos in verschiedenen Formaten für Web und Druck zu exportieren. Sie exportiert auch eine hochauflösende Version direkt in ihren Dropbox-Ordner als zusätzliche Sicherung.
Tipps für angehende Fotografen
Was raten die Profis angehenden Fotografen in ihren Bereichen?
- Brian Siambi: „Du wirst deinen Weg finden, also nimm dir Zeit.“
- Zoë Noble: „Versuche, aus der Masse herauszustechen und einzigartig zu sein. Es gibt so viele Fotografen, und viele produzieren ähnliche Arbeiten. Kunden wollen etwas Neues sehen. Finde heraus, was dich ausmacht. Wofür brennst du? Was hast du als Fotograf zu sagen, das anders ist? Kunden wollen mit Menschen zusammenarbeiten, die ihre eigene einzigartige Vision haben. Das braucht Zeit und passiert nicht über Nacht. Fotografiere, fotografiere und fotografiere, bis du entdeckst, was dich besonders macht und wo du wirklich glänzt!“
Wichtige Erkenntnisse am Anfang der Karriere
Rückblickend teilen die Fotografen, was sie zu Beginn ihrer Karrieren gerne gewusst hätten:
- Brian Siambi: Erfolg kommt nicht über Nacht. Man sollte seinem Prozess vertrauen. Außerdem ist Ausrüstung nur ein Werkzeug und definiert nicht, wie gut ein Fotograf ist. Er war früher besessen und neidisch auf bessere Ausrüstung, weiß aber jetzt, dass dies nicht entscheidend ist.
- Zoë Noble: Es ist okay, die „Regeln“ der Fotografie zu brechen. Sie lernte durch Bücher und Online-Tutorials und hörte oft Regeln wie „Nie Weitwinkelobjektive für Porträts wegen Verzerrung verwenden“, „Nie mittags draußen fotografieren wegen harter Schatten“ oder „Makroaufnahmen müssen mit hoher Blende gemacht werden“. Sobald sie diese Regeln losließ und anfing zu experimentieren und ihrem Gefühl zu folgen, erkannte sie, dass einige der interessantesten Fotos durch das Brechen dieser Regeln entstehen können. Mittags zu fotografieren ist möglich, wenn man versteht, wie man mit dem Licht arbeitet. Harte Schatten können für das richtige Konzept sehr cool sein. Einige ihrer Lieblings-Beauty-Aufnahmen sind Makroaufnahmen mit sehr offener Blende. Anfangs nutzte sie oft eine Beauty Dish für Beauty-Fotografie, aber jetzt fotografiert sie mit allen Arten von Lichtformern, sogar mit der Sonne. Alles ist möglich!
Vergleich: Capture One vs. Photoshop für Hautbearbeitung
Obwohl beide Programme in einem professionellen Workflow oft Hand in Hand gehen, haben sie unterschiedliche Stärken bei der Bearbeitung von Hauttönen:
| Funktion | Capture One | Photoshop |
|---|---|---|
| Basis-Farbkorrektur (RAW) | Stark, besonders mit Weißabgleich, Temperatur, Farbeditor, Hautton-Werkzeug. Ideal für globale Anpassungen. | Möglich (z.B. Camera Raw), aber oft erst nach der Basisbearbeitung in einem RAW-Konverter genutzt. |
| Hautton-Vereinheitlichung | Spezialisiertes, leistungsstarkes Hautton-Werkzeug. | Manuelle Techniken oder Plugins nötig, weniger spezialisiertes Werkzeug. |
| Color Grading / Tönung | Leistungsstarke Werkzeuge wie Farbbalance und Farbeditor für kreative Tönungen. Stile für schnelle Looks. | Vielfältige Werkzeuge wie Kurven, Farbbalance, selektive Farbkorrektur für detailliertes Grading. |
| Retusche (Flecken, Hautunreinheiten) | Begrenzte Werkzeuge (z.B. Bereichsreparatur). | Umfangreiche Werkzeuge (Stempel, Reparaturpinsel, Frequenztrennung) für intensive Retusche. |
| Lokale Anpassungen | Ebenen und Masken für gezielte Anpassungen. | Umfangreiche Ebenen-, Masken- und Auswahlwerkzeuge für präzise lokale Bearbeitung. |
| Workflow-Integration | Ideal als erster Schritt (RAW-Konvertierung, Basis-Farbkorrektur) vor Übergabe an Photoshop. | Ideal für intensive Retusche, Compositing und finale kreative Effekte nach der RAW-Bearbeitung. |
Häufig gestellte Fragen zur Hautbearbeitung
Wie beeinflusst die Beleuchtung die Hauttöne?
Die Beleuchtung ist fundamental. Weiches Licht (z.B. bewölkter Himmel, Softboxen) erzeugt sanfte Übergänge und minimiert harte Schatten, was oft als schmeichelhaft empfunden wird. Hartes Licht (z.B. direkte Sonne, unmodifizierter Blitz) erzeugt starke Schatten und Glanzlichter, was dramatisch wirken kann, aber auch Hautunreinheiten stärker hervorhebt. Die Farbtemperatur des Lichts beeinflusst ebenfalls die Hauttöne (warmes Licht macht Haut gelblicher/rötlicher, kühles Licht bläulicher).
Welche Werkzeuge in Capture One sind am besten für Hauttöne geeignet?
Das spezialisierte Hautton-Werkzeug ist sehr effizient, um Farben zu vereinheitlichen und Verfärbungen zu korrigieren. Der Farbeditor und die Farbbalance sind unerlässlich für kreative Tönungen und das Anpassen spezifischer Farbbereiche in der Haut (Braun, Rot, Orange). Auch grundlegende Anpassungen wie Weißabgleich und Temperatur sind entscheidend.
Sollte ich Hauttöne zuerst in Capture One oder Photoshop bearbeiten?
Professionelle Workflows beginnen oft in einem RAW-Konverter wie Capture One. Hier erfolgen die Basis-Farbkorrektur, Weißabgleich, Belichtungsanpassungen und oft auch die Vereinheitlichung der Hauttöne mit dem Hautton-Werkzeug. Intensivere Retusche (Flecken entfernen, Frequenztrennung etc.) und komplexe Composings werden dann typischerweise in Photoshop durchgeführt. Das Color Grading kann je nach Präferenz und gewünschtem Ergebnis in beiden Programmen erfolgen.
Wie wichtig ist die Ausrüstung für gute Hauttöne?
Wie Brian Siambi betont, ist Ausrüstung nur ein Werkzeug. Eine gute Kamera mit einem Sensor, der einen großen Dynamikumfang und gute Farbtiefe liefert, sowie hochwertige Objektive helfen zwar, qualitativ bessere Ausgangsdateien zu erhalten. Aber das Verständnis für Licht und die Fähigkeit, die Hauttöne in der Nachbearbeitung gezielt zu bearbeiten, sind weitaus wichtiger als das teuerste Equipment.
Kann ich mit dem Color Grading „Regeln brechen“?
Absolut! Zoë Noble ermutigt dazu, zu experimentieren und dem eigenen Gefühl zu folgen. Während es grundlegende Prinzipien gibt, wie Farben interagieren, kann das bewusste Brechen dieser Regeln zu sehr kreativen und einzigartigen Ergebnissen führen. Das Wichtigste ist, dass das Color Grading zum Konzept und zur Stimmung des Bildes passt und nicht willkürlich wirkt.
Fazit
Die Beherrschung der Hautbearbeitung erfordert ein Zusammenspiel aus sorgfältiger Planung, bewusstem Einsatz von Beleuchtung und dem gekonnten Umgang mit leistungsstarker Software. Ob Sie natürliches oder Studiolicht bevorzugen, Capture One oder Photoshop nutzen – das Verständnis dafür, wie Licht auf die Haut fällt und wie Sie Farben gezielt steuern, ist der Schlüssel. Experimentieren Sie, finden Sie Ihren eigenen Stil und nutzen Sie die Werkzeuge, um die Hauttöne in Ihren Porträts zum Strahlen zu bringen. Es ist ein Prozess, der Zeit und Übung erfordert, aber das Ergebnis – lebendige, natürliche und ausdrucksstarke Haut – ist die Mühe wert.
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