Es ist ein häufiges Problem, das viele Fotografen, insbesondere im Bereich der Produktfotografie, frustriert: Man fotografiert ein Objekt, oft auf einem hellen oder weißen Hintergrund, und das fertige Bild ist viel zu dunkel. Man hat das Gefühl, genügend Licht verwendet zu haben, vielleicht sogar extra Beleuchtung hinzugefügt, aber das Ergebnis bleibt enttäuschend unterbelichtet. Dieses Phänomen tritt besonders oft auf, wenn man versucht, kleine Gegenstände wie Schmuck oder Perlen ansprechend zu präsentieren. Gerade für Online-Verkäufer auf Plattformen wie Etsy oder für das Teilen in sozialen Medien sind ansprechende, gut belichtete Fotos jedoch absolut entscheidend. Sie sind die einzige Möglichkeit, dein Produkt oder deine Arbeit potenziellen Kunden oder Betrachtern zu zeigen. Ein dunkles, unattraktives Foto geht in der Masse unter, selbst wenn das Produkt selbst fantastisch ist. Dein Produkt ist nur so gut wie sein Bild. Glücklicherweise ist das Problem meist nicht deine Kamera, sondern ein Missverständnis zwischen dir und ihrer eingebauten Intelligenz. In diesem Artikel gehen wir dem häufigsten Grund für dieses Problem auf den Grund und zeigen einfache Lösungen auf, die oft kein teures Equipment erfordern.

Wenn du deine Handwerkskunst online verkaufst, sind deine Fotos das Schaufenster zu deiner Arbeit. Sie müssen sofort ins Auge fallen und das Produkt bestmöglich darstellen. Wenn ein Foto dunkel, unscharf oder unprofessionell aussieht, blättern potenzielle Käufer schnell weiter. Stell dir vor, du suchst nach einem schönen Schmuckstück auf einem Online-Marktplatz. Würdest du auf ein Angebot klicken, dessen Foto kaum Details erkennen lässt, weil es zu dunkel ist? Wahrscheinlich nicht. Selbst wenn das Produkt selbst wunderschön gearbeitet ist, wird es durch ein schlechtes Foto abgewertet. Viele Kuratoren oder Blogger, die schöne Produkte zum Vorstellen suchen, überspringen ebenfalls Fotos, die nicht den Qualitätsstandards entsprechen. Es ist schade, wenn handwerkliche Qualität durch mangelnde fotografische Präsentation unsichtbar bleibt. Ein heller, sauberer Hintergrund, oft weiß, ist derzeit sehr beliebt. Er lenkt nicht vom Produkt ab, sorgt für einen einheitlichen Look im gesamten Shop und kann sogar die Chancen erhöhen, dass dein Produkt auf prominenten Seiten der Plattform vorgestellt wird. Aber genau dieser weiße Hintergrund führt oft zum beschriebenen Problem.

Das Problem: Dunkle Bilder auf weißem Hintergrund
Du hast also einen weißen oder sehr hellen Hintergrund gewählt, viel Licht eingesetzt, und trotzdem sind deine Bilder viel zu dunkel. Du hast schon alles Mögliche versucht, ohne Erfolg. Brauchst du eine neue Kamera? Wahrscheinlich nicht. Tatsächlich haben viele Kameras, manche mehr als andere, Schwierigkeiten, die Belichtung korrekt einzuschätzen, wenn ein großer Teil des Bildes sehr hell ist. Das Problem liegt in der Art und Weise, wie die Kamera das Licht misst und die Belichtung einstellt. Es hat mit internen Algorithmen und Software zu tun, die für die meisten von uns wie Magie wirken, aber nach einem festen Schema funktionieren. Wenn du dieses Schema verstehst, kannst du das Problem leicht beheben.
Das Geheimnis: 18% Grau
Jede digitale Kamera verfügt über einen eingebauten Belichtungsmesser. Dieser misst die Lichtmenge in der Szene, die du fotografieren möchtest. Basierend auf dieser Messung passt die Software der Kamera dann die Belichtung an – also wie lange der Verschluss geöffnet bleibt und wie viel Licht auf den Sensor fällt –, um ein korrekt belichtetes Bild zu erzeugen. In den meisten Situationen funktioniert das einwandfrei. Aber bei hellen Hintergründen eben nicht. Und hier kommt das Konzept von 18% Grau ins Spiel.
Stell dir vor, du hältst ein Stück Transparentpapier oder Pergament vor eine typische Szene, wie dein Wohnzimmer oder deinen Garten. Das Papier würde wahrscheinlich wie ein mittleres Grau aussehen, richtig? Das liegt daran, dass die durchschnittliche Lichtmenge (abzüglich der Farben) in einer typischen Szene, wenn man Schwarz und Weiß mischt, im Durchschnitt etwa 18% Grau entspricht. Aufgrund dieser Tatsache gehen digitale Kameras standardmäßig davon aus, dass jede Szene, die du fotografierst, im Durchschnitt 18% Grau ist. Die Algorithmen und die Software deiner Kamera weisen die Kamera an, die Verschlusszeit und Blende so anzupassen, dass die Szene auf dem Foto als 18% Grau dargestellt wird. In den meisten Fällen, wie bei Landschafts- oder Porträtaufnahmen, funktioniert das perfekt. Aber es funktioniert eben nicht gut, wenn du ein kleines Objekt auf einem strahlend weißen Hintergrund fotografierst. Denn diese Szene ist keineswegs durchschnittlich 18% Grau. Sie ist vielleicht eher 10% oder sogar nur 7% Grau im Durchschnitt, weil der weiße Hintergrund den Durchschnitt stark nach oben zieht. Die Kamera versucht jedoch, diese Szene *zu* 18% Grau zu machen. Was tut die Software also? Sie versucht, dies zu kompensieren, indem sie die Belichtung reduziert, um das Bild dunkler zu machen. Das Ergebnis ist ein stark unterbelichtetes Foto, das viel zu dunkel ist.
Wie man das Problem löst: Belichtung korrigieren
Jetzt, da wir wissen, warum unsere Fotos auf weißem Hintergrund zu dunkel werden, was können wir dagegen tun? Zuerst einmal musst du sicherstellen, dass du überhaupt genug Licht verwendest. Manchmal ist das Problem einfach mangelnde Beleuchtung. Aber oft ist genug Licht vorhanden, und das Problem ist, wie die Kamera damit umgeht. Es gibt einfache, kostengünstige Methoden, um viel Licht zu erzeugen, zum Beispiel durch die Nutzung von hellem Fensterlicht und einfachen Reflektoren aus weißem Karton oder Styropor.
Der Manuelle Modus (M)
Wenn deine Kamera einen vollständig manuellen Modus (oft mit 'M' auf dem Wahlrad gekennzeichnet) bietet, ist dies eine hervorragende Gelegenheit, ihn zu nutzen. Im manuellen Modus entscheidest du selbst über Blende (f-Zahl) und Verschlusszeit. Du kannst die Informationen des Belichtungsmessers ignorieren und die Belichtung nach eigenem Ermessen einstellen. Bei einer zu dunklen Aufnahme kannst du die Verschlusszeit verlängern (z. B. von 1/100 Sekunde auf 1/50 Sekunde) oder die Blende weiter öffnen (z. B. von f/8 auf f/5.6). Durch Ausprobieren findest du die richtigen Einstellungen für ein perfekt belichtetes Bild. Diese Option ist jedoch meist Spiegelreflexkameras (DSLRs) oder spiegellosen Systemkameras vorbehalten und seltener bei einfachen Kompaktkameras zu finden.
Die Belichtungskorrektur (+/- EV) - Deine Geheimwaffe
Aber auch wenn du eine Kamera ohne manuellen Modus hast, ist nicht alles verloren. Glücklicherweise haben die Kamerahersteller ein Werkzeug für genau solche Situationen bereitgestellt. Es ist deine Geheimwaffe: die Belichtungskorrektur, oft mit +/- EV gekennzeichnet. EV steht für Exposure Value (Belichtungswert). Dieses Werkzeug erlaubt es dir, der Kamera zu sagen, dass sie die vom Belichtungsmesser ermittelte Belichtung nehmen und dann eine bestimmte Menge an Belichtung hinzufügen oder abziehen soll. Es ist, als würdest du der Kamera eine umgekehrte Sonnenbrille aufsetzen, um mehr Licht hereinzulassen, oder eine normale Sonnenbrille, um Licht zu reduzieren.
Um die Belichtungskorrektur zu verwenden, musst du möglicherweise einen Blick in das Handbuch deiner Kamera werfen, um die genaue Vorgehensweise zu erfahren. Aber bei den meisten Kameras ist es recht einfach. Suche auf deiner Kamera nach einem Knopf oder einer Taste mit dem Symbol +/-. Schalte die Kamera ein und drücke diesen Knopf. Du wirst wahrscheinlich sehen, dass auf dem Bildschirm eine Zahl erscheint, die sich jedes Mal ändert, wenn du den Knopf drückst oder ein Einstellrad drehst. Diese Zahl ändert sich normalerweise in Schritten von 0.3 oder 0.5 und geht typischerweise von -2.0 bis +2.0 (oder manchmal sogar weiter). Um dein zu dunkles Bild aufzuhellen, erhöhst du den EV-Wert auf einen positiven Wert, z. B. +0.7, +1.0, +1.3, +1.7 oder sogar +2.0. Du musst ausprobieren, welcher Wert das beste Ergebnis liefert. Beginne mit einem kleinen positiven Wert (z. B. +0.7) und mache ein Testfoto. Wenn es immer noch zu dunkel ist, erhöhe den Wert weiter. Dies ist ein Prozess des Ausprobierens, aber er ist relativ einfach zu meistern und liefert oft dramatisch bessere Ergebnisse.
Die EV-Werte gehen auch ins Negative (-0.3 bis -2.0). Diese negativen Werte werden verwendet, um die Belichtung zu reduzieren, also das Bild dunkler zu machen. Das ist nützlich in der entgegengesetzten Situation: wenn du ein helles Objekt auf einem sehr dunklen oder schwarzen Hintergrund fotografierst und das Bild zu hell wird, weil die Kamera versucht, den dunklen Hintergrund auf 18% Grau aufzuhellen. Dann reduzierst du die Belichtung mit negativen EV-Werten.
Hier ist eine kleine Übersicht, wie sich die Belichtungskorrektur auf die Lichtmenge auswirkt:
EV Wert | Effekt auf die Belichtung |
---|---|
+0.3 bis +0.7 | Leichte Aufhellung |
+1.0 | Verdopplung der Lichtmenge (entspricht einer Blendenstufe oder einer Verdopplung der Verschlusszeit) |
+1.3 bis +1.7 | Stärkere Aufhellung |
+2.0 | Vervierfachung der Lichtmenge (entspricht zwei Blendenstufen oder einer Vervierfachung der Verschlusszeit) |
0 | Standard-Belichtung (vom Belichtungsmesser vorgeschlagen) |
-0.3 bis -2.0 | Abdunklung (für helle Motive auf dunklem Hintergrund) |
Falls du das Handbuch deiner Kamera nicht mehr hast, kannst du es in der Regel mit einer einfachen Google-Suche online finden.
Wenn +/- EV nicht ausreicht: Nachbearbeitung
Einige Kameras sind besser als andere darin, die Lichtverhältnisse korrekt einzuschätzen und die Belichtung anzupassen. Und manchmal liegt die Kamera einfach falsch oder die Lichtsituation ist extrem schwierig. Tue dein Bestes, um das Bild bereits in der Kamera so gut wie möglich zu belichten. Aber manchmal musst du den Rest mit Software erledigen. Die Bearbeitung deiner Fotos nach der Aufnahme wird als «Nachbearbeitung» oder «Post-Processing» bezeichnet. Es ist immer ideal, das bestmögliche Foto direkt mit der Kamera aufzunehmen, aber manchmal musst du Dinge in der Nachbearbeitung korrigieren oder verbessern.
Während professionelle Fotografen oft teure und leistungsstarke Software wie Adobe Lightroom und Photoshop verwenden, kannst du die gängigsten Korrekturen auch mit der Software durchführen, die möglicherweise mit deiner Kamera geliefert wurde. Oder du nutzt eine der vielen kostenlosen oder günstigen Online-Bildbearbeitungsplattformen wie PicMonkey, BeFunky, iPiccy, Pixlr Express oder Canva. Es gibt auch ein kostenloses Open-Source-Programm namens GIMP, das sehr mächtig ist, aber als schwer zu erlernen gilt. Die Online-Alternativen sind heutzutage oft so funktionsreich und benutzerfreundlich, dass sie für viele Zwecke völlig ausreichen.
In der Nachbearbeitung kannst du die Belichtung nachträglich anpassen, Schatten aufhellen, Kontraste verstärken, Farben korrigieren, störende Elemente auf dem Hintergrund retuschieren oder das Bild schärfen. Eine gute Nachbearbeitung kann ein bereits gutes Foto noch besser machen und kleinere Belichtungsprobleme, die trotz aller Bemühungen in der Kamera bestehen bleiben, beheben.
Brauche ich eine neue Kamera?
Oft hört man frustrierte Fotografen, die nach Problemen mit ihren Bildern zu dem Schluss kommen, dass sie eine neue, bessere Kamera kaufen müssen. Das ist nicht unbedingt der Fall. Lerne zuerst, wie du die Kamera, die du bereits besitzt, optimal nutzt. Das Wissen, das du dabei erwirbst, wird dir auch helfen, falls du dich später doch für eine andere Kamera entscheidest. Die Belichtungskorrektur (+/- EV), die Weißabgleich-Einstellung und die Makro-Einstellung sind besonders relevante Werkzeuge, die du als Hobby-Fotograf oder Produktverkäufer beherrschen solltest. Viele denken auch, eine Spiegelreflexkamera (DSLR) würde alle Probleme lösen. Aber eine DSLR zu besitzen, löst nicht automatisch Belichtungsprobleme und bringt oft eigene Komplexität mit sich. Auch fortgeschrittene Kameras erfordern Verständnis für Belichtung. Selbst mit einer hochwertigen Kamera kann es sein, dass du die Belichtungseinstellungen anpassen und die Fotos nachbearbeiten musst.
Jetzt kennst du das Geheimnis und die wichtigsten Werkzeuge. Du kannst helle, saubere und klare Fotos mit deiner aktuellen Kamera erzielen, indem du lernst, die Belichtungskorrektur (+/- EV) richtig einzusetzen und gegebenenfalls eine einfache Nachbearbeitungssoftware nutzt. Sei geduldig, experimentiere, und du wirst bald den Dreh raushaben, um deine Produkte und Arbeiten im besten Licht zu präsentieren.
Häufig gestellte Fragen (FAQs)
Was bedeutet 18% Grau?
18% Grau ist ein Standardwert, der in der Fotografie verwendet wird, weil die durchschnittliche Helligkeit der meisten natürlichen Szenen etwa diesem Wert entspricht. Die Belichtungsmesser in Kameras sind darauf kalibriert, eine Szene so zu belichten, dass sie im Durchschnitt als 18% Grau wiedergegeben wird. Dieses System funktioniert gut bei typischen Motiven, führt aber zu Problemen bei sehr hellen oder sehr dunklen Szenen, da die Kamera versucht, sie künstlich auf diesen Durchschnittswert zu bringen.
Was ist die Belichtungskorrektur (+/- EV)?
Die Belichtungskorrektur ist eine Funktion an vielen Kameras, die es dir erlaubt, die von der Kamera gemessene und vorgeschlagene Belichtung manuell zu übersteuern. Mit positiven Werten (+EV) machst du das Bild heller, indem du die Kamera anweist, mehr Licht einzufangen, als ihr Belichtungsmesser vorschlägt. Mit negativen Werten (-EV) machst du es dunkler. Sie ist besonders nützlich in Situationen, in denen der Belichtungsmesser durch sehr helle oder dunkle Bereiche im Bild getäuscht wird, wie z. B. bei Objekten auf weißem oder schwarzem Hintergrund.
Kann ich jedes zu dunkle Foto retten?
Die Nachbearbeitung kann viel bewirken, um ein unterbelichtetes Foto aufzuhellen. Wenn das Foto jedoch extrem dunkel ist und kaum Details in den Schatten vorhanden sind (weil der Sensor nicht genug Licht empfangen hat), ist es schwierig, alle Informationen wiederherzustellen, ohne starkes Bildrauschen oder Qualitätsverlust zu erzeugen. Es ist immer besser, das Bild in der Kamera so gut wie möglich zu belichten, aber leichte bis moderate Unterbelichtung kann oft erfolgreich in der Nachbearbeitung korrigiert werden.
Funktioniert die Belichtungskorrektur auch bei dunklen Hintergründen?
Ja, absolut. Bei einem dunklen Hintergrund (z. B. Schwarz) versucht die Kamera, diesen dunklen Bereich auf 18% Grau aufzuhellen, was dazu führt, dass das eigentliche Objekt überbelichtet und zu hell erscheint. In diesem Fall verwendest du die Belichtungskorrektur mit negativen Werten (-EV), um die Gesamtbelichtung zu reduzieren und das Bild dunkler zu machen, damit das Objekt korrekt belichtet wird und der Hintergrund dunkel bleibt.
Hat dich der Artikel Warum sind meine Fotos zu dunkel? interessiert? Schau auch in die Kategorie Fotografie rein – dort findest du mehr ähnliche Inhalte!