Unsere Haustiere sind geliebte Familienmitglieder, und wilde Tiere faszinieren uns mit ihrer Anmut und Kraft. Sie in ihrer ganzen Pracht festzuhalten, ist der Wunsch vieler Fotografen. Doch wie gelingen diese beeindruckenden Aufnahmen, die Persönlichkeit einfangen und den Betrachter fesseln? Neben der Wahl des richtigen Objektivs, der Komposition und dem Licht spielt eine Einstellung eine absolut zentrale Rolle: die Blende. Sie ist entscheidend dafür, wie viel Licht auf den Sensor trifft und vor allem, wie viel von Ihrem Bild scharf ist – die sogenannte Tiefenschärfe.

Die Blende verstehen: Mehr als nur Helligkeit
Die Blende in Ihrer Kamera ist wie die Pupille Ihres Auges. Sie kann sich öffnen und schließen, um die Lichtmenge zu regulieren, die auf den Sensor fällt. Dies wird durch die Blendenzahl, die f-Zahl, ausgedrückt (z.B. f/1.8, f/5.6, f/11). Hier ist es wichtig zu wissen: Eine kleine f-Zahl (z.B. f/1.8) bedeutet eine große Blendenöffnung, die viel Licht hereinlässt und zu einer sehr geringen Tiefenschärfe führt. Eine große f-Zahl (z.B. f/11) bedeutet eine kleine Blendenöffnung, die weniger Licht hereinlässt und eine große Tiefenschärfe erzeugt.

In der Tier- und Petfotografie nutzen wir die Wirkung der Blende auf die Tiefenschärfe ganz gezielt, um unser Motiv hervorzuheben und den Hintergrund entweder unscharf verschwimmen zu lassen oder aber scharf abzubilden, wenn er Teil der Geschichte ist.
Welche Blende für Tierportraits und Pets?
Wenn es darum geht, ausdrucksstarke Portraits Ihres Haustieres oder eines ruhigen Wildtieres zu schaffen, ist eine geringe Tiefenschärfe oft sehr wünschenswert. Das Ziel ist hierbei meist, das Tier gestochen scharf abzubilden, während der Hintergrund in einem weichen, cremigen Bokeh (der ästhetischen Qualität der Unschärfe) verschwimmt. Dies lenkt die Aufmerksamkeit des Betrachters direkt auf das Motiv – insbesondere auf die Augen, die als 'Fenster zur Seele' gelten.
Für diesen Look empfiehlt sich die Verwendung einer weiten Blende (kleine f-Zahl). Objektive mit einer maximalen Blendenöffnung von f/1.8, f/1.4 oder sogar noch kleiner sind hierfür hervorragend geeignet. Selbst Blenden wie f/2.8 oder f/4 an längeren Brennweiten können bereits ein schönes Bokeh erzeugen. Je weiter die Blende geöffnet ist (je kleiner die f-Zahl), desto geringer ist die Tiefenschärfe und desto stärker verschwimmt der Hintergrund.
Ein klassisches Beispiel ist ein 50mm f/1.4 Objektiv, bei dem eine Einstellung auf f/1.4 oder f/1.8 zu einem extrem unscharfen Hintergrund führt und das Tier quasi aus dem Bild 'herauslöst'. Achten Sie bei solch geringer Tiefenschärfe unbedingt darauf, dass der Fokus exakt auf dem Auge liegt, das der Kamera am nächsten ist!
Blende für Wildlife-Fotografie: Action und Distanz
Die Wildlife-Fotografie stellt oft andere Anforderungen als das gemütliche Portrait-Shooting zu Hause. Hier arbeiten wir häufig mit größeren Distanzen und schnellen Bewegungen. Teleobjektive sind dabei unverzichtbar, um scheue Tiere formatfüllend abzubilden, ohne sie zu stören. Diese Objektive haben typischerweise längere Brennweiten (ab ca. 70mm, oft aber 300mm, 400mm oder mehr).
Für die Wildlife-Fotografie wird häufig die Verwendung von lichtstarken Teleobjektiven mit Blenden von f/2.8 bis f/5.6 empfohlen. Warum dieser Bereich?
- Lichtstärke (f/2.8): Eine große maximale Blendenöffnung (kleine f-Zahl) ist bei Teleobjektiven besonders wertvoll. Sie lässt viel Licht in die Kamera, was kürzere Belichtungszeiten ermöglicht. Das ist entscheidend, um schnelle Bewegungen einzufrieren. Außerdem erzeugt eine Blende von f/2.8 auch bei längeren Brennweiten ein fantastisches Bokeh und trennt das Tier wunderbar vom Hintergrund. Allerdings sind Teleobjektive mit f/2.8 sehr groß, schwer und teuer.
- Balance (f/4 - f/5.6): Objektive mit maximalen Blenden von f/4 oder f/5.6 sind oft kompakter, leichter und erschwinglicher als f/2.8-Varianten. Sie bieten immer noch eine gute Lichtstärke, die bei ausreichend Licht schnelle Belichtungszeiten erlaubt. Die Tiefenschärfe ist hier etwas größer als bei f/2.8, was hilfreich sein kann, wenn das Tier sich bewegt oder man etwas mehr vom Körper scharf haben möchte. Dennoch ist bei den langen Brennweiten von Teleobjektiven auch bei f/5.6 oft noch ein angenehm unscharfer Hintergrund möglich, besonders wenn der Abstand zwischen Tier und Hintergrund groß ist.
Die Wahl der genauen Blende im Bereich f/2.8 bis f/5.6 hängt also vom spezifischen Objektiv, den Lichtverhältnissen, der gewünschten Tiefenschärfe und der Bewegung des Tieres ab. Für Vögel im Flug oder rennende Säugetiere wird man tendenziell die weiteste mögliche Blende (kleinste f-Zahl) wählen, um die Belichtungszeit so kurz wie möglich zu halten. Für ein stehendes Tier kann man bewusst eine etwas kleinere Blende (größere f-Zahl, z.B. f/5.6 oder f/8) wählen, um mehr vom Motiv scharf zu bekommen, falls nötig, solange die Belichtungszeit kurz genug bleibt.
Das Belichtungsdreieck: Blende, Belichtungszeit, ISO
Die Blende ist nur eine Seite des sogenannten Belichtungsdreiecks. Die anderen beiden sind die Belichtungszeit (Shutter Speed) und der ISO-Wert. Diese drei Einstellungen beeinflussen sich gegenseitig und bestimmen, wie hell Ihr Bild wird und wie es aussieht (Bewegungsschärfe, Tiefenschärfe, Bildrauschen).
- Blende (f-Zahl): Steuert die Lichtmenge und die Tiefenschärfe.
- Belichtungszeit (Sekundenbruchteile): Steuert die Lichtmenge und die Bewegungsschärfe (friert Bewegung ein oder lässt sie verwischen).
- ISO-Wert: Steuert die Empfindlichkeit des Sensors gegenüber Licht. Ein höherer ISO-Wert ermöglicht Aufnahmen bei wenig Licht, führt aber zu mehr Bildrauschen.
Wenn Sie die Blende für eine geringe Tiefenschärfe weit öffnen (kleine f-Zahl), trifft mehr Licht auf den Sensor. Das erlaubt Ihnen, eine sehr kurze Belichtungszeit zu wählen (z.B. 1/1000 Sekunde oder kürzer), um Bewegungen einzufrieren, ohne den ISO-Wert stark erhöhen zu müssen. Dies ist ideal für actionreiche Szenen.

Wenn Sie die Blende schließen (große f-Zahl), trifft weniger Licht ein. Um eine korrekt belichtete Aufnahme zu erhalten, müssen Sie entweder die Belichtungszeit verlängern (was bei bewegten Tieren zu Unschärfe führt) oder den ISO-Wert erhöhen (was Bildrauschen verursacht). Dies zeigt, warum lichtstarke Objektive mit großer maximaler Blende in der Tierfotografie so geschätzt werden – sie bieten mehr Spielraum bei den anderen Einstellungen.
Weitere Einstellungen und Techniken
Neben der Blende gibt es weitere Einstellungen und Techniken, die für gelungene Tieraufnahmen entscheidend sind:
Belichtungszeit: Bewegung einfrieren
Wie erwähnt, ist eine kurze Belichtungszeit (z.B. 1/500s, 1/1000s oder kürzer) oft unerlässlich, um schnelle Bewegungen von Tieren einzufrieren. Für ruhige Portraits oder stehende Tiere können Sie eine längere Belichtungszeit wählen, solange die Kamera ruhig gehalten wird (ggf. mit Stativ oder Bildstabilisator).
ISO: Rauschen minimieren
Halten Sie den ISO-Wert so niedrig wie möglich (z.B. ISO 100-400), um Bildrauschen zu vermeiden, das besonders in dunklen Bereichen sichtbar wird. Nur wenn es die Lichtverhältnisse oder die benötigte kurze Belichtungszeit erfordern, erhöhen Sie den ISO-Wert schrittweise. Überprüfen Sie Ihre Aufnahmen, um den besten Kompromiss zu finden.
Autofokus: Das Auge treffen
Der Autofokus (AF) ist Ihr bester Freund. Nutzen Sie den Nachführ-AF (oft 'AI Servo' oder 'Continuous AF' genannt) für bewegte Motive, um den Fokus nachzuführen, solange Sie den Auslöser halb gedrückt halten. Für unbewegte Tiere ist der Einzel-AF (oft 'One Shot' genannt) meist ausreichend. Konzentrieren Sie den Fokuspunkt immer auf das Auge des Tieres, das Ihnen am nächsten ist.
Licht: Die Bühne bereiten
Gutes Licht ist transformative. Vermeiden Sie grelles, direktes Sonnenlicht, das harte Schatten wirft. Suchen Sie stattdessen weiches Licht: drinnen z.B. in der Nähe eines Fensters, draußen im Schatten oder während der 'goldenen Stunde' kurz nach Sonnenaufgang oder vor Sonnenuntergang. Ein Reflektor kann helfen, Schatten aufzuhellen.
Hintergrund und Komposition: Ablenkungen vermeiden
Ein ruhiger Hintergrund lenkt den Blick aufs Tier. Nutzen Sie einen einfachen Hintergrund wie eine Wand oder ein Tuch. Platzieren Sie das Tier mit Abstand zum Hintergrund, um das Bokeh zu verstärken. Achten Sie darauf, dass keine störenden Elemente im Bild sind. Eine durchdachte Komposition, z.B. durch die Einhaltung der Drittel-Regel, kann Ihr Bild zusätzlich aufwerten.
Perspektive: Auf Augenhöhe gehen
Gehen Sie auf Augenhöhe mit dem Tier. Das schafft eine intimere Verbindung und lässt den Betrachter die Welt aus seiner Perspektive sehen. Experimentieren Sie aber auch mit anderen Winkeln (von oben, von unten) für Abwechslung.

Blendenempfehlungen im Überblick (Tabelle)
Hier eine zusammenfassende Übersicht der Blendenwahl für verschiedene Szenarien:
Szenario | Typische Blende (f-Zahl) | Effekt & Hinweis |
---|---|---|
Petportrait (Studiostil/Bokeh) | f/1.4 - f/2.8 | Sehr geringe Tiefenschärfe, cremiges Bokeh, Fokus exakt auf dem Auge. Viel Licht benötigt oder hohe ISO/lange Belichtungszeit (bei wenig Licht). |
Ruhiges Wildlife-Portrait | f/2.8 - f/5.6 | Gute Hintergrundtrennung, ausreichend Licht für schnelle Zeiten (falls nötig), Fokus auf dem Auge. |
Actionreiche Wildlife-Szene | f/2.8 - f/8 | Balance aus Licht für kurze Belichtungszeit (Bewegung einfrieren) und Tiefenschärfe. Bei längeren Brennweiten und f/8 ist oft noch ein schönes Bokeh möglich, wenn der Hintergrund weit entfernt ist. |
Tier im Kontext seiner Umgebung | f/8 - f/11 oder kleiner | Größere Tiefenschärfe, um das Tier und Teile der Umgebung scharf abzubilden. Benötigt mehr Licht oder höhere ISO/längere Belichtungszeit. |
Beachten Sie, dass dies Richtwerte sind. Die ideale Blende hängt immer von Ihrem spezifischen Objektiv, dem Abstand zum Motiv, dem Abstand des Motivs zum Hintergrund und den Lichtverhältnissen ab.
Häufig gestellte Fragen zur Blende in der Tierfotografie
Q: Was bedeutet "lichtstarkes Objektiv"?
A: Ein lichtstarkes Objektiv hat eine sehr große maximale Blendenöffnung (eine kleine f-Zahl, z.B. f/1.4 oder f/2.8). Es lässt also viel Licht herein, was Aufnahmen bei wenig Licht oder sehr kurze Belichtungszeiten ermöglicht.
Q: Warum ist eine geringe Tiefenschärfe bei Tierportraits so beliebt?
A: Eine geringe Tiefenschärfe isoliert das Tier vom Hintergrund, macht störende Details unscharf und lenkt die gesamte Aufmerksamkeit des Betrachters auf das Hauptmotiv, insbesondere auf die scharfen Augen.
Q: Muss ich immer die weiteste Blende meines Objektivs verwenden?
A: Nein. Während eine weite Blende für maximale Hintergrundunschärfe und kurze Belichtungszeiten sorgt, kann eine etwas kleinere Blende (größere f-Zahl) mehr Tiefenschärfe bieten, was nützlich sein kann, wenn z.B. das ganze Gesicht oder mehrere Tiere scharf sein sollen. Die Wahl hängt vom gewünschten Effekt ab.
Q: Kann ich auch mit einem Kit-Objektiv (z.B. f/3.5-5.6) ein schönes Bokeh erzielen?
A: Ja, aber es ist schwieriger. Bei Kit-Objektiven ist die maximale Blende bei längeren Brennweiten oft f/5.6 oder kleiner. Um ein schönes Bokeh zu erzielen, nutzen Sie die längste Brennweite, die größte Blende (kleinste f-Zahl, die das Objektiv bei dieser Brennweite erlaubt) und stellen Sie sicher, dass das Tier relativ nah ist und der Hintergrund weit entfernt.
Q: Spielt die Brennweite eine Rolle für die Tiefenschärfe?
A: Ja, absolut. Bei gleicher Blende nimmt die Tiefenschärfe mit zunehmender Brennweite ab. Deshalb erzeugen Teleobjektive schon bei Blenden, die bei Weitwinkelobjektiven eine große Tiefenschärfe hätten (z.B. f/5.6), oft ein schönes Bokeh.
Fazit
Die Wahl der richtigen Blende ist ein mächtiges Werkzeug in der Tier- und Petfotografie. Ob Sie ein intimes Portrait mit traumhaftem Bokeh oder eine dynamische Action-Szene einfangen möchten, das Verständnis der Blende und ihrer Wirkung auf die Tiefenschärfe und Belichtung ist essenziell. Experimentieren Sie mit verschiedenen f-Zahlen, beobachten Sie die Auswirkungen auf Ihre Bilder und finden Sie die Einstellungen, die am besten zu Ihrer Vision und dem jeweiligen Motiv passen. Kombinieren Sie die richtige Blende mit einer passenden Belichtungszeit, einem niedrigen ISO-Wert, präzisem Autofokus und gutem Licht, um wirklich herausragende Aufnahmen Ihrer pelzigen, gefiederten oder schuppigen Freunde zu schaffen.
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